CIFO x Ars Electronica Awards 2024

Guely Morató Loredo (BO): Triangle of Sacrifice, Sonandes

Bereits zum dritten Mal wurde der Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO) – Ars Electronica Awards vergeben, um die künstlerische Arbeit lateinamerikanischer aufstrebender und etablierter Künstler*innen im Bereich neuer Medien und digitaler Kunst zu würdigen und fördern. Die Entwicklung eines neuen Kunstprojekts wird mit bis zu 30.000 USD pro Projekt unterstützt. Seit 2022 werden die Kunstwerke im Rahmen des jährlichen Ars Electronica Festivals erstmals präsentiert und darüber hinaus in die renommierte ständige Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst mit besonderem Schwerpunkt auf lateinamerikanischer Kunst der Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO) aufgenommen.  

„Die dritte Vergabe der CIFO x Ars Electronica Awards markiert einen Reifegrad des Preises, der sich in der Qualität der eingereichten Projekte, ihrer geografischen, kulturellen und geschlechtsspezifischen Verteilung sowie in der kritischen Nutzung verschiedener Technologien zeigt. Die Entscheidung war eine Herausforderung, und genau das streben wir an. Die beiden prämierten Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich mit aktuellen, universellen Themen befassen, auch wenn sie von lokalen Gegebenheiten ausgehen, wie der vorzeitigen und unbewussten Verschwendung von Technologie – für die Federico Gloriani eine Gemeinschaftsinitiative für die systematische Wiederverwendung vorschlägt – und den offensichtlichen ökologischen und menschlichen Schäden, die durch den Neo-Extraktivismus des Bergbaus im so genannten ‚Globalen Süden‘ verursacht werden – was Guely Morató Loredo mit ihrem alarmierenden und zugleich herausragenden Multimedia-Projekt anprangert.“

Ella Fontanals-Cisneros, Founder and Honorary President of CIFO

Preisträger*innen 2024


Mutualidad de Fantasmática Electrónica / Federico Gloriani (AR)

30.000 US-Dollar Preisgeld

Mutualidad de Fantasmática Electrónica ist ein performatives und relationales Projekt einer Künstler*innengruppe in Rosario City/Argentinien. Schauplatz sind die Mülldeponien der Industriestadt, wo nach ausrangierten elektronischen Geräten gesucht wird, deren Einzelkomponenten noch nutzbar sind. Die gesammelten Materialien werden wieder zum wertvollen Gut der Kunst- und Tech-Gemeinschaft. Aus diesem Akt des Sammelns und Wiederverwertens entsteht eine Installation: Ein optisches Gerät, das die Silhouetten einer Auswahl von gesammelten Gerätekomponenten anzeigt und ein Phantombild, eine Projektion, von ihnen erzeugt. Ziel ist die Auseinandersetzung mit Zeitebenen; mit Vergangenheiten und alternativen Zukünften. Federico Gloriani knüpft an das Erbe der Mutualidad Popular de Estudiantes y Artistas Plásticos an, einer Künstler*innengemeinschaft in Rosario City, die in den 1930er Jahren die Prinzipien der Arbeiterbewegung in die Kunst übersetzte.

Federico Gloriani (AR) lebt in Rosario, Argentinien. Er ist Künstler und Lehrer und hat sein Studium der Bildenden Künste an der Universidad Nacional de Rosario abgeschlossen. Seit einigen Jahren interessiert er sich für die veralteten Medien. Er hat Piratenradio- und -fernsehübertragungen über den Äther gemacht; er hat Festnetztelefone so modifiziert, dass er damit Bilder senden kann; er hat einen Telegrafen zwischen zwei Museen, die fünfhundert Kilometer voneinander entfernt sind, verbunden, um nur einige Projekte zu nennen. 2018 erhielt er den ersten Preis des vom argentinischen Fondo Nacional de las Artes organisierten Art and Technology Award. Er nahm an den Festivals Tsonami (2022) und Toda la Teoría del Universo (2021) teil. Im Jahr 2023 hielt er im Rahmen des Ausbildungsprogramms Presente Contínuo Workshops und Meisterklassen mit Maurice Benayub, Guto Nobrega und Rafael Lozano Hemmer ab. Derzeit ist er Professor an der Universidad de Entre Ríos (UADER) und Mitarbeiter im Espacio Lab, einem Programm für Kunst, Wissenschaft und Technologie in der Stadt Rosario.
www.fedegloriani.com.ar


Triangle of Sacrifice / Guely Morató Loredo (BO)

15.000 US-Dollar Preisgeld

Guely Morató Loredos Arbeit beleuchtet die Auswirkungen des groß angelegten Lithiumabbaus im “Lithiumdreieck” zwischen Argentinien, Bolivien und Chile. Die Künstlerin verhandelt den tiefgreifenden Wandel der Region, der durch die bevorstehende Energiewende und stärker werdende Elektromobilität forciert wird. Der Vorgang der Lithiumgewinnung – durch Austrocknung von Salzseen – spielt in Loredos zentraler Skulptur eine wichtige Rolle. Sie verändert sich durch die Folgen des Einflusses von salzhaltigen Substanzen – und auch das Klangstück wird beschädigt. Beides wird durch die in Echtzeit überwachten Daten der Lithiumextraktion verändert. Der Titel geht auf die Bezeichnung „Sacrifice Zone“ zurück, der der Region aufgrund der Überbeanspruchung von Ressourcen gegeben wurde.
Das Werk soll die Veränderungen des Gebietes und ihre Auswirkungen auf das Leben seiner Bewohner*innen ausdrücken, thematisiert „Neo-Extraktivismus“ in Lateinamerika und stellt Greenwashing in Frage.

Guely Morató Loredo (BO) ist Kuratorin, Künstlerin und Forscherin. Gewinnerin des Preises Cultural & Artistic Responses to Environmental Change-2023 des Prince Claus Fund und des Goethe-Instituts. Kuratorin der The Listening Biennale (2023). Forschungsleiterin der ALTER Residency, einem Gebirgslabor, das sich auf Lösungen für die Zeit der Kultur-, Klima- und Energiewende in den Schweizer Alpen spezialisiert (2022). Im Jahr 2021 leitete sie das bolivianische Team, das am Witness_Openlab teilnahm, einem jährlichen Forschungslabor, das sich mit dem Anthropozän und dem menschlichen Fußabdruck auf dem Planeten beschäftigt. Sie leitete das Gender, Science and Technology Observatory (2019-2022). Sie leitete das Medialab im Kulturzentrum von Spanien in La Paz (2019). Zurzeit ist sie Kuratorin von Wak’a, einem Projekt, an dem verschiedene Gemeinschaften und Kulturschaffende beteiligt sind, die über Extraktivismus, Heiligkeit und tiefes Zuhören im Lithium-Dreieck nachdenken. Seit 2014 ist sie Gründerin und Leiterin von Sonandes: Platform for Experimentation and Research, die die einzige Biennale für Klangkunst in Lateinamerika organisiert, sowie von Puertos: Residency Program, Laboratorien, Ausstellungen und Projekte für Klangkunst und Zuhören.
sonandes.org


Über die Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO)

Ella Fontanals-Cisneros gründete die gemeinnützige Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO) im Jahr 2002. Die Stiftung hat die Aufgabe, das kulturelle Verständnis und den Bildungsdialog zwischen lateinamerikanischen Künstler*innen und dem globalen Publikum zu unterstützen und zu fördern. CIFO dient als Plattform für aufstrebende, mittlere und etablierte lateinamerikanische Künstler*innen durch das Stipendien- und Auftragsprogramm, einschließlich des neuen CIFO-Ars Electronica Award, die CIFO-Sammlung und andere damit verbundene Kunst- und Kulturprojekte in den Vereinigten Staaten von Amerika und international.

https://www.cifo.org/