Prix Ars Electronica 2016

Prix Ars Electronica 2016:

Von Emails an die NSA über ein Entscheidungsspiel bis zur Pionierin der Medienkunst – das sind die Goldenen Nicas 2016

Pressetext Prix Ars Electronica 2016 / PDF

(Linz, 10.5.2016) 2016 gehen die Goldenen Nicas des Prix Ars Electronica an KünstlerInnen aus Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, Österreich und Großbritannien: Boris Labbé (FR) erhält die Goldene Nica in der Kategorie Computer Animation/Film/VFX, Christoph Wachter und Mathias Jud (beide CH) dürfen sich über die Goldene Nica in der Kategorie Interactive Art + freuen, die P2P Foundation bekommt die Goldene Nica in der Kategorie Digital Communities, der 17-jährige Jonas Bodingbauer (AT) aus Linz gewinnt in der Kategorie u19 – CREATE YOUR WORLD und die profilierte Kunstkritikerin und Ausstellungsmacherin Jasia Reichardt (UK) wird mit einer Goldene Nica als „Visionary Pioneer of Media Art“ ausgezeichnet. Insgesamt zählte der Prix Ars Electronica heuer 3.159 Einreichungen aus 84 Ländern. Die meisten Einreichungen verzeichnete die Wettbewerbskategorie Computer Animation/Film/VFX (1.327 Einreichungen), gefolgt von Interactive Art + (896 Einreichungen), u19 – CREATE YOUR WORLD (637 Einreichungen) und der Kategorie Digital Communities (299 Einreichungen). Offiziell überreicht werden die Goldenen Nicas im Rahmen der traditionellen Ars Electronica Gala am 9. September 2016.

Computer Animation, Film, VFX

Goldene Nica

RHIZOME / Boris Labbé (FR)

http://www.borislabbe.com/

„Rhizome is a very complex and complete piece of artwork, blending complementary techniques in a post-digital painting-like visual poem.“ (Statement der Jury)

Die Goldene Nica in der Kategorie Computer Animation, Film, VFX geht heuer nach Frankreich: In seiner in Schwarz-Weiß gehaltenen Animation kreiert Boris Labbé ein sich ständig veränderndes Universum von dynamischen Figuren. Letzte muten wie kleine grazile geometrische Skulpturen an, deren Gestalt und Struktur sich permanent verändern, die sich aneinanderreihen und dabei schier endlose Ketten bilden. Je mehr dieser Wesen auftauchen, desto größer wird auch der Abstand zum Betrachter, der schließlich in einen vermeintlich unendlichen Raum voller mikroskopisch kleiner Wesen blickt. Im Zentrum dieses Kosmos befindet sich ein Wirbelsturm, der alle Wesen ansaugt und in die Höhe zieht.

Auszeichnung

Peripheria / David Coquard Dassault (FR)

http://coquarddassault.tumblr.com

„This work has been awarded for its own subtle but strong way of storytelling, cinematography, artistic direction and technical achievement which are extremely successful in every level and angle.“ (Statement der Jury)

David Coquard Dassaults dystopische Animation zeigt eine riesige, verlassene Hochhaussiedlung. Aus dem Off sind Kinderstimmen und einzelne Wortfetzen zu hören, im Bild ist ein Rudel streunender Hunde zu sehen, die das ehemals von Menschen besiedelte Gebiet zu ihrem Revier gemacht haben. Doch auch sie erwartet in dieser Umgebung keine rosige Zukunft: Türen fallen zu und versperren den Hunden ihren Rückweg, wieder andere Hunde darben gefangen in leeren Swimmingpools ihrem sicheren Hungertod entgegen. Plötzlich nimmt die Geschichte aber eine unerwartete Wendung und lässt das Geschehen in völlig neuem Licht erscheinen.

Auszeichung

Nosaj Thing / Cold Stares ft. Chance The Rapper + The O’My’s / Daito Manabe (JP), MIKIKO (JP), TAKCOM (JP), ELEVENPLAY (JP), Rhizomatiks Research (JP)

http://www.rzm-research.com/works/nosajthing_coldstares

„An outstanding music video that introduces innovative technologies from 3D scanning, motion capture and drone controlling, adding a layer of sensitive notion with live recorded choreography and augmented reality. Japanese artist Daito Manabe and his creative collective has come up with a complex artistic concept that introduces the switch between the real and the virtual, blurring the line between human and machine interaction and data analyzation.“ (Statement der Jury)

Das Musik-Video Cold Stares ist ein beeidruckendes Wechselspiel von Realität und Illusion. Das Video thematisiert die Suche nach dem Sinn des Lebens und persönlichen Erinnerungen. Zu sehen sind zwei Tänzerinnen, einmal als Akteurinnen in der realen Welt und dann wieder als computergenerierte Figuren in einer abstrakten Umgebung.

Interactive Art +

Goldene Nica

„Can you hear me?“ / Christoph Wachter & Mathias Jud (beide CH)

„Can you hear me? is a powerful and playful act that engages in questions challenging who gets access to information and data, privacy and the state of surveillance. It is a testament to the importance of artists who use the medium of interaction in a way that allows them to leave the traditional space for artistic discourse and occupy the space for dialogue currently used by a system of governance known for overriding basic rights of the democratic society – personal privacy and freedom of speech.“ (Statement der Jury)

Edward Snowdens Enthüllungen ließen Berlins Regierungsviertel als einer jener Spots in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten, die von Geheimdiensten lückenlos überwacht und ausspioniert werden. Genau hier wollten Christoph Wachter und Mathias Jud deshalb auch mit einer temporären Installation nach Macht und Machtlosigkeit im digitalen Zeitalter fragen. Auf dem Dach der Akademie der Künste, also genau zwischen den Horchposten der Amerikanischen und Britischen Botschaft, brachten sie improvisierte Antennen an und installierten ein unabhängiges Wifi-Kommunikations-Netzwerk, das über den Reichstag und das Kanzleramt bis zur Schweizer Botschaft reichte. Jeder und Jede konnte mittels einem eigenen Wifi-fähigem Gerät Teil des Netzwerks werden, chatten, Text-Nachrichten senden und File-Sharing betreiben. Auch die Angestellten der Botschaften und des Regierungszentrums wurden eingeladen, mitzumachen. Wer wollte, konnte zudem auf genau den Frequenzen, die von der amerikanischen NSA und dem britischen GCHQ abgehört wurden, Nachrichten an die Geheimdienste schicken. Anstelle des geheimen Abhörens entstand so eine kollektive Konversations-Sphäre, in der alle dieselben Rechte hatten. 33 Tage lang wurde dieses anonyme und unabhängige Netzwerk von tausenden Menschen genutzt und wurden mehr als 15.000 Nachrichten an NSA und GCHQ übermittelt. Es wurden sogar geheime Informationen einer parlamentarischen Untersuchungskommission über das Netzwerk übermittelt, die schließlich auf Wikileaks landeten.

Auszeichnung

OpenSurgery – a do-it-yourself surgery robot for domestic laparoscopy / Frank Kolkman (NL)

„[…] Frank Kolkman’s surgical robot presents a potentially accessible and cost-effective alternative to the expensive professional healthcare services, particularly relevant to the public in the US where the gap between those who can afford health insurance and those who cannot is rapidly widening. But more significantly, this critical and conceptual work, which creates new conditions for interaction within the highly regulated and controlled sector of health care, raises important questions about inequality, ethics and the lack of access to essential health services for a growing number of people around the world.“ (Statement der Jury)

Mit seiner „OpenSurgery Initiative“ geht Frank Kolkman der Frage nach, ob sich chirurgische Do-It-Yourself-Werkzeuge als Alternative zu den oft zu teuren Gesundheitsdiensten eignen. Seine Idee fußt auf der großen Anzahl von Youtube-Videos, in denen sich US-AmerikanerInnen ohne Krankenversicherung selbst verarzten. Frank Kolkman hat ein chirurgisches System für den Hausgebrauch entworfen, dessen Komponenten allesamt im Internet bestellt und zuhause zusammengebaut werden können. Mit seiner „OpenSurgery Initiative“ will Frank Kolkman weniger einen voll funktionsfähigen Operationsroboter schaffen als vielmehr eine Diskussion über das Spannungsverhältnis zwischen sozioökonomischen Aspekten und ethischen Werten im Bereich der Medizinischen Versorgung anstoßen.

Auszeichnung

Parasitic Symbiotic / Ann-Katrin Krenz (DE)

„The milling machine, as a technological intervention, appears to invade the tree, much like the often aggressive intervention that humans perpetrate on nature. At the same time, this parasitic machine encodes marks derived from a poem about unity and oneness – a non disturbing act of love – that becomes integrated in nature.“ (Statement der Jury)

In einem immer größeren Ausmaß scheint sich die Technologisierung unserer Welt auf Kosten der Natur zu vollziehen. Mit „Parasitic / Symbiotic“ widmet sich Ann-Katrin Krenz genau diesem Spannungsverhältnis. Sie bringt Fräsen an den Stämmen von Bäumen an und lässt sie einen codierten Text – ein romantisches Gedicht rund um das Eins-Werden mit der Natur – in die Rinde ritzen. Wie Parasiten kleben die technischen Gerätschaften an den Bäumen und fügen ihnen auch Schaden zu – wenngleich in einer derart moderaten Form, dass es den Baum nicht ernstlich bedroht. Gleichzeitig lässt dieser – parasitische – Eingriff etwas Neues entstehen, das durch die – symbiotische – Verbindung von Technik und Natur eine ganz eigene Ästhetik entfaltet.

Digital Communities

Goldene Nica

P2P Foundation

http://wiki.p2pfoundation.net/Main_Page

„P2P Foundation“ is a new generation of communities that help to build communities. It is dedicated to advocacy and research of peer to peer dynamics in society. Established ten years ago, it evolved into one of the main drivers of the ‚commons transition‘.” (Statement der Jury)

Die 2005 von Michel Bauwens initiierte Digital Community widmet sich dem gesellschaftlichen Potential von Peer-to-Peer-Technologien. Als dezentrale und selbstorganisierte Non-Profit-Organisation analysiert, dokumentiert und promotet Peer-to-Peer-Strategien, die geeignet erscheinen, den Herausforderungen und Problemen unserer Zeit auf eine zukunftsfähige Weise zu begegnen. Im Mittelpunkt steht dabei das Verbinden von Nachhaltigkeit, Offenheit sowie Solidarität. Seit dem Launch 2006 hat die Community der „P2P Foundation“ mehr als 30.000 Einträge erstellt, die die Entwicklung und Geschichte der Peer-to-Peer-Bewegung dokumentieren. Einer der allerersten Artikel über die Kryptowährung Bitcoin wurde etwa auf der Website der „P2P Foundation“ veröffentlicht. Seit dem Launch im Jahr 2006 wurde die „P2P Foudation Wiki“ mehr als 27 Millionen Mal aufgerufen und ist damit jene Plattform, die weltweit das meiste Wissen über P2P bündelt.

Auszeichnung

Refugee Phrasebook

http://www.refugeephrasebook.de/

„Refugee Phrasebook is an open collaborative project to provide important vocabulary to refugees, helpers, and citizens. Together with a global network of volunteer translators, editors, designers, printers, publishers, lawyers, doctors, etc. and with partner institutions in Germany, Greece and the Netherlands, Refugee Phrasebook develops sustainable communication tools to share useful phrases, icons, links and important information.“ (Statement der Jury)

„Refugee Phrasebook“ ist ein offenes Gemeinschaftsprojekt für Flüchtlinge, HelferInnen und Interessierte weltweit. Das Buch ist eine Sammlung relevanter Informationen zu verschiedenen Aktivitäten, Behördengänge und Besorgungen im täglichen Leben. Auf lokale Bedürfnisse und Besonderheiten hin angepasst und mit freien Lizenzen vertrieben, will das „Refugee Phrasebook“ die Kommunikation zwischen Flüchtlingen und HelferInnen fördern. Am Projekt beteiligt sind freiwillige ÜbersetzerInnen, GrafikerInnen, ÄrztInnen, VerlegerInnen, RechtsanwältInnen und LektorInnen sowie verschiedene Institutionen in Deutschland, Griechenland und den Niederlanden.

Auszeichnung

SAZAE bot

https://twitter.com/sazae_f

„Is it a crowd that acts as their collective self that is intelligent, or is it the machine that acts like a human? The SAZAE bot asks us questions of the boundary of self and others, and the collective consciousness of a community. SAZAE bot even did a TED talk!“ (Statement der Jury)

Ein Bot – Kurzform für „Robot“ – ist ein Computerprogramm, das bestimmte, sich stets wiederholende Aufgaben automatisch abarbeitet, ohne dabei auf einen menschlichen User angewiesen zu sein. Der „SAZAE bot“ ist so ein Computerprogramm. Der Bot ging im Sommer 2010 online und ist seither auf Twitter aktiv. Er präsentiert sich als Parodie, der in Japan äußerst populären Mangafigur SAZAE-San (Hauptprotagonist der gleichnamigen Manga-Serie, die seit 5. Oktober 1969 ohne Unterbrechung im Japanischen TV gezeigt wird und den Guinness World Rekord für die am längsten laufende TV-Serie der Welt hält). Der „SAZAE-bot“ reagiert auf Tweets und Retweets und ist bei seinen Followern vor allem seiner Witze wegen beliebt. 2014 wurde schließlich Hitoyo Nakano „geboren“ und der anonyme menschliche User hinter dem „SAZAE-bot“ mit einer vermeintlichen Identität versehen. Der „SAZAE-bot“ wird seither via Google-Forum gesteuert, in dem jede und jeder völlig anonym als „SAZAE-bot“ Tweets posten kann. Ausgetauscht werden auf diese Weise nicht nur Meinungen und Witze, man verabredet sich durchaus auch zu Treffen und Aktionen in der realen Welt – sei es zur Verteilung von Süßigkeiten rund um Weihnacht, zu Luftballonstarts, für Guerilla-Aktionen, dem Ted-Talk oder einem Auftritt bei der Berliner UN|COMMONS-Konferenz.

u19 – CREATE YOUR WORLD

Goldene Nica

Die Entscheidung / Jonas Bodingbauer (AT)

http://jonasbodingbauer.jimdo.com

„Die Entscheidung ist eine Referenz auf das Milgram-Experiment und ein kritischer Kommentar zum blinden Befolgen von Regeln. Jonas Bodingbauer übt damit einerseits Kritik daran, wie viele Videospiele funktionieren und was sie mit den SpielerInnen machen, aber diese Kritik lässt sich auch auf alle anderen Lebensbereiche übertragen. Nicht nur die Beschäftigung mit dieser ernsthaften Thematik, sondern auch die originelle Umsetzung des Spielprinzips zeichnen Die Entscheidung aus: als spannendes Videospiel, das dem zeitgemäßen Stand des Mediums entspricht, aber vor allem als gekonnte Verknüpfung all dessen, wofür der Prix Ars Electronica steht.“ (Statement der Jury)

Die Goldene Nica in der Kategorie u19 – CREATE YOUR WORLD geht 2016 nach Linz. Jonas Bodingbauer, 17 Jahre alt, entwickelte das Spiel „Die Entscheidung“. Zwei SpielerInnen treten dabei gegeneinander an: Eine Person widmet sich dem Leben eines an Krebs erkrankten Menschen, die andere Person kümmert sich um einen Tumor und sorgt mittels gesammelter Credits für dessen Wachstum. Erst im Verlauf des Spiels erfährt der Tumor-Spieler, dass der an Krebs erkrankte Patient gute Heilungschancen hätte, wenn sich die Krankheit – sprich der Tumor – nicht weiterentwickeln würde. Abhängig davon, wie sich der Tumor-Spieler nun entscheidet, überlebt der Patient – oder stirbt. Inspiriert vom berühmten Milgram-Experiment versteht Jonas Bodingbauer sein Spiel nicht zuletzt als Kritik an vielen Computerspielen, deren Ziel im Töten von virtuellen Personen oder der Vernichtung ganzer Staaten ist.

Auszeichnung

Blackout / Jasmin Selen Heinz, Tanja Josic, Emily Poulter (alle AT)

https://vimeo.com/130924820

„Blackout bietet etwas, was bei jungen Menschen heute angeblich so gar nicht mehr Thema ist: nämlich eine große Portion „Gesellschaftskritik“, die dem Publikum hier allerdings mit spielerischer Leichtigkeit serviert wird. […] Im Zusammenspiel von atmosphärisch dichten Bildern, interessanten Spezialeffekten, Musik und selbst gesprochenen Statements entsteht ein assoziativer Sog, der diese Arbeit auszeichnet.“ (Statement der Jury)

Für ihren gesellschaftskritischen Experimentalfilm Blackout wurden heuer Jasmin Selen Heinz, Tanja Josic und Emily Poulter aus Wien, mit einer Auszeichnung bedacht. In beeindruckenden Bildern fragt der Film nach dem Sinn des Lebens und zeichnet das Bild einer Welt, in der kein Platz mehr für Individualität gegeben ist, sondern nur noch perfekte Körper gefragt sind und das „Funktionieren“ des Menschen an oberster Stelle steht.

Auszeichnung

Flucht / Dimitri Teufl (AT)

„Eines der wesentlichen Merkmale von Kunst ist die Veränderung von ‚etwas‘ in ‚etwas anderes‘, um uns die Welt ein bisschen begreiflicher zu machen. Dimitri Teufl gelingt dieses Kunststück auf eindrucksvolle Weise. Aus Legosteinen schafft er ein Modell unserer Gegenwart, indem er die Geschichte einer syrischen Familie erzählt, die vor dem Krieg nach Europa flieht und dort Hilfe und Asyl findet. Dimitri Teufl verwandelt Spielzeug in ‚Ernstzeug‘ und entwickelt damit gleichzeitig eine Utopie.“ (Statement der Jury)

„Flucht“ ist ein mit Lego-Figuren und Stop-Motion-Technik erstellter Film des 13-jährigen Dimitri Teufl aus Salzburg. Der rund sechs-minütige Film besteht aus insgesamt 2592 Einzelaufnahmen und zeigt das Leben einer Familie, die aus ihrer Heimat flüchten muss und nach einer ereignisreichen Reise per Schlepperboot schließlich in Österreich ankommt, wo sie freundlich aufgenommen wird. Mehr als 55 Stunden arbeitete Dimitri Teufl an seinem Film – der Lohn: eine Auszeichnung in der Prix-Kategorie u19 – CREATE YOUR WORLD.

Sonderpreis netidee

kameleon.ws / Ulrich Formann, Kilian Hanappi und Simon Wesp (alle AT)

http://www.kameleon.ws

„Kameleon, das GewinnerInnen-Projekt des diesjährigen netidee-Spezialpreises, überzeugt mit einer interessanten Designidee. Die Projektgruppe liefert, indem sie tagesaktuelle „News“ auf T-Shirts bringt, eine greifbare Antwort auf die Frage „Wie kommt das Neue in die Welt?“ (Statement der Jury)

Im Rahmen des diesjährigen Prix Ars Electronica wurde erstmals auch der Spezialpreis „netidee“ vergeben. Mit dem Preis werden Arbeiten gewürdigt, die sich auf innovative Weise mit dem Internet der Zukunft auseinandersetzen oder das Internet als Impulsgeber zur regionalen Entwicklungen nutzen. „netidee“ ist eine Förderplattform der Internet Foundation Austria. 2016 geht der Preis an „kameleon“, ein Projekt der drei Wiener Schüler Ulrich Formann, Kilian Hanappi und Simon Wesp. Sie haben einen völlig autonom funktionierenden Webshop entwickelt, über den T-Shirts mit individuellem Aufdruck erworben werden können. Die Motive werden von einem lernfähigen Computerprogramm generiert und basieren auf Daten des aktuellen Tagesgeschehens. Nach dem Kauf eines T-Shirts wird ein neues Design erstellt, das vorherige hingegen ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verfügbar. Dank des Generative Designs stellt jedes Kleidungsstück ein Unikat dar, das seine eigene Geschichte erzählt. Neben der Verwendung von nachhaltig produzierten Stoffen setzt die On-Demand-Produktion auch ein Zeichen gegen die im Überfluss produzierte Stangenware. Am 15. Juni 2016 wird der Webshop von Ulrich Formann, Kilian Hanappi und Simon Wesp gelauncht.

Visionary Pioneer of Media Art / Goldene Nica

Jasia Reichardt (PL/UK)

Als Visionary Pioneer of Media Art wird heuer die profilierte Kunstkritikerin und Ausstellungsmacherin Jasia Reichardt ausgezeichnet. Ihr wegweisendes Werk und ihre zahlreichen Verdienste um die Medienkunst werden damit in Form einer Goldenen Nica gewürdigt. Untrennbar verbunden ist der Name Jasia Reichardt vor allem mit einer bahnbrechenden Ausstellung, die 1968 am Londoner Institute of Contemporary Arts und danach in der Corcoran Gallery of Art in Washington, D.C. sowie im Exploratorium in San Francisco gezeigt wurde. „Cybernetic Serendipity“ lautete der Titel dieser aufsehenerregenden Schau, die an Stelle von Menschen plötzlich Computer, Maschinen und Algorithmen als „Künstler“ in Szene setze. Die verblüfften BesucherInnen konnten in ein Mikrophon singen und damit einen Computer zu einem Musikstück inspirieren, ein hydraulisches Ohr beobachten, das sich jeder neuen Geräuschquelle im Ausstellungsraum zuwandte, einer Drawing Machine beim Malen eindrucksvoller Bilder zusehen, kybernetische Skulpturen bewundern, die durch blaues Licht aktiviert und durch rotes Licht deaktiviert wurden oder miterleben, wie das Bild eines herkömmlichen TV-Geräts mithilfe von Magneten manipuliert und verzerrt wurde. Unter Jasia Reichardts Leitung arbeiteten damals KünstlerInnen mit MathematikerInnen, IngenieurInnen, TechnologInnen zusammen und schufen gemeinsam eine völlig neuartige Form der Präsentation – lange bevor die Kooperation zwischen Kunst und Wissenschaft wegen ihres großen Potentials an Innovation in aller Munde war. Zahlreiche interaktive Exponate ließen die BesucherInnen hautnah erleben, um was es Jasia Reichardt ging: das ungeheure Potential, das neue Technologien mit sich bringen und die Frage, wie Menschen und Maschinen künftig wohl zusammenwirken und -arbeiten werden. Jasia Reichardt setzte Maschinen und Programme nicht länger nur als ausführende Werkzeuge in Szene, sondern zeigte sie als Teil kreativer Prozesse. Jasia Reichardt wurde 1933 in Warschau geboren. Sie floh mit ihren Eltern vor den Nazis und lebt seit 1946 in England. Hier besuchte sie die Old Vic Theatre School in Bristol und war danach als Kunstkritikerin und Ausstellungsmacherin tätig. Zwischen 1963 und 1971 war sie als Assistant Director am Institute of Contemporary Arts in London tätig, von 1974 bis 1976 als Director der Whitechapel Art Gallery. Heute lebt sie in London.

Photo:

Can you hear me? / Fotocredit: Christoph Wachter, Mathias Jud / Printversion / Fotoalbum

Photo:

Rhizome / Fotocredit: Boris Labbé / Printversion / Album

Photo:

P2P Foundation / Fotocredit: P2P Foundation / Printversion / Album

Photo:

Die Entscheidung / Fotocredit: Jonas Bodingbauer / Printversion / Album

Computer Animation / Film / VFX

Interactive Art +

Digital Communities

u19 CREATE YOUR WORLD