Martina Sochor zum Thema One Day On Earth

Am 12.12.2012 ist Martina Sochor mit einem Team bestehend aus Studierenden der Kunstuni Linz in Linz unterwegs beteiligt sich am One Day On Earth. Wir haben sie auf ein kurzes Gespräch abgefangen.

One Day On Earth, was hältst du von dem Projekt?

Extrem cooles Projekt. Ich kannte davor kein Filmprojekt, das so global funktioniert, wie One Day On Earth. Was ich gut finde ist, dass offensichtlich Wert auf die Qualität der Bilder und des Inhalts gelegt wird, dass es ein Projekt mit Qualitätsanspruch ist, den es auch erfüllt.

Das Coole an One Day On Earth ist, dass nicht einfach jede Person irgendwas machen kann und im Film dabei ist, es ist eine sinnvolle Zuspitzung des Youtubeprinzips. Dort hat man ja die Möglichkeit, dass jeder und jede weltweit dokumentarisch in Form eines Videos sein Leben veröffentlicht, bei One Day On Earth wird aber ausgesucht. Es ergibt sich ein Gesamtbild aus tausenden von Subjektiven, das sich ein wenig in Richtung Objektivität, oder besser, Relativität bewegt. Man sieht ein Ereignis im Leben einer Person in Relation zu Ereignissen aus anderen Leben. Spannend ist es wohl auch für die Leute, deren Material letztlich für den Film ausgewählt wird, was parallel zu dem, was sie gemacht haben, am selben Tag passiert ist. Die eine putzt Zähne, die andere steht gleichzeitig auf der Straße und protestiert.

Die vielen Facetten unseres Lebens werden abgebildet, so, wie wir sie vielleicht selbst alle nie gleichzeitig erleben wird können. Sorgen, Ängste, Wünsche, Triumphe, Trauer, all diese Dinge passieren gleichzeitig, und diese Gleichzeitigkeit im Film erzählt ganz viel über die verschiedenen Umstände, die uns trennen, aber uns auch verbinden.

Wie ist es aus deiner Sicht als Filmemacherin, mit fremden Material zu arbeiten, diese Dinge zu einem Film zusammenzusetzen?

Soviel ich mitbekommen habe, sind an dem Projekt ja hauptsächlich Leute beteiligt, die schon seit Jahren beruflich in dem Bereich unterwegs sind, die sich angemeldet und ihre Vorhaben bekannt gegeben haben und man davon ausgehen kann, dass das Material eine grundsätzliche Qualität hat.

Sicher ist es schwierig, aus tausenden Filmen eine Geschichte zu schaffen, gestalterisch einen roten Faden in die Geschichte zu bekommen, aber da ja das Projekt darauf basiert, dass man verschiedene Stile in dem Film hat, ist es natürlich Teil der Übung. Allein durch die technischen Voraussetzungen erkennt man die verschiedenen Perspektiven, manche Leuten filmen mit Spiegelreflexkameras, andere mit Camcorder, andere mit iPhones. Das ist sicher auch Teil des Charmes, dass der Film nicht wie aus einem Guss wirkt, die Handlungen nicht gespielt sind, sondern echt, und es über die Geschichte und über die technische Seite herauskommt, dass es von vielen verschiedenen Personen stammt.

Was machst du, was macht ihr am 12.12.2012?

Wir haben uns sehr viele Gedanken darüber gemacht, was so speziell an Linz sein könnte, dass es im Film vorkommen könnte. Die Frage ist ja “What you have and what you want?“, deswegen werden wir schonungslos dokumentarisch darstellen, dass am Mittwoch zu Mittag in Linz einfach nichts los ist und wir im Anschluss ein paar bekannte Actionszenen nachstellen, damit ein wenig Bewegung in die Stadt kommt.

Es geht weniger um eine ganz persönliche Ebene, die ich vielleicht durch meine Erfahrung mit Film gar nicht mehr preisgeben möchte, sondern darum, was für den Film als Ganzes interessant sein könnte, was womöglich meinen Zugang von jemandem unterscheidet, der oder die einfach drauf los dreht und wahrscheinlich authentischeres Material liefern kann.

Wir haben lange überlegt, uns geht es gut in Österreich, es gibt keine Gefahren, ein gutes Bildungssystem, ein dichtes soziales Netz, wir haben im Alltag nichts, was irgendwie aufregt, es ist irgendwie fad.

Doch gleichzeitig kann es sein, dass das, was für mich fad wirkt, mein Alltag, in einem globalen Kontext auf einmal ganz spannend und besonders wird. Diese Filter zu umgehen, das ist die größte Herausforderung für mich als Filmerin. Und jetzt gehe ich filmen.

Martina Sochor hat CLOUD Pro gegründet, bildet Jugendliche im Umgang mit Medien und konkret Film aus und weiter und ist unter anderem für die Dokumentation der voestalpine Klangwolke – Die Wolke im Netz verantwortlich.