Memo Futurum Rendering: Peter Freudling

Memo Futurum

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Ars Electronica Futurelab im Jahr 2021 lud Memo Futurum dazu ein, sich mit unseren persönlichen und kollektiven Zukunftsvisionen auseinanderzusetzen. Wie sehen wir uns und unser Leben in 25 Jahren? Wie sprechen wir über unsere Zukunft, wie fühlen wir uns ihr gegenüber, welche Einstellung haben wir zu ihr? Die Öffentlichkeit konnte sich über die Website beteiligen und bis Ende 2021 eine Sprachnachricht einreichen. Die Beiträge wurden dann auf Schallplatten übertragen, die erst in 25 Jahren wieder geöffnet werden, wenn der Zyklus von Neuem beginnt.

Ähnlich wie beim Erinnern geht es beim Vorstellen der Zukunft nicht um Fakten oder Genauigkeit, sondern darum, wie wir die Welt um uns herum interpretieren. Das beeinflusst unser Verhalten, unsere Wahrnehmungen und unsere Werte und ist Teil unserer Identität. Wenn wir also in der Lage sind, Zugang zu den Zukunftsvisionen zu bekommen, die wir heute haben, können wir ein besseres Verständnis von uns als Gesellschaft bekommen. Memo Futurum hatte zum Ziel, persönliche Zukunftsvisionen zu erfassen, um sie zu thematisieren und zu diskutieren.

Jede*r war eingeladen, sich auf der Memo Futurum-Website anzumelden und ein “Memo” – eine kurze Sprachnachricht – beizusteuern. Die Nutzer*innen wurden angeleitet, sich ihre persönliche Zukunft in 25 Jahren in einem von fünf Lebensbereichen vorzustellen: Wohnen, Arbeit, Freizeit, Beziehungen oder Werte. Nach der geführten “Gedankenreise” wurden die User*innen gebeten, drei kurze Fragen zu beantworten, und konnten dann ihre Gedanken in Form eines Sprachmemos mitteilen.

Memo Futurum war bis Ende 2021 aktiv. Bis dahin konnte jede*r ein eigenes Memo einreichen oder sich die Sprachmemos anderer Leute anhören. Die Antworten auf die Fragen gaben einen Überblick und eine gemeinsame Basis für unsere kollektiven Visionen. Ende 2021 wurden die Stimmen still. Sie wurden auf Schallplatten übertragen, und alle digitalen Kopien wurden gelöscht. Dann begann die inaktive Phase des Projekts: Die Schallplatten werden nun zusammen mit wichtigen Informationen über das Projekt für 25 Jahre in einer Glasvitrine aufbewahrt.

Alle 25 Jahre beginnt der Zyklus von Neuem. Im Jahr 2046 wird die Vitrine geöffnet und das Projekt kann auf der Grundlage der darin enthaltenen Informationen wiederholt werden. Die Menschen werden erneut gefragt, wie sie ihr Leben in 25 Jahren sehen. Auch die Memos aus dem Jahr 2021 können abgerufen und erneut abgespielt werden. Die Erkundung vergangener und gegenwärtiger Zukunftsvisionen ermöglicht einen Vergleich: Wie haben die Menschen vor 25 Jahren über ihre Zukunftsvisionen gesprochen? Wie offen waren sie im Vergleich zu den Sprachnotizen 25 Jahre später – wie persönlich, wie optimistisch, wie neugierig? Wie hat sich die Art und Weise, wie wir über die Zukunft sprechen und denken, in 25 Jahren verändert?

Die neuen Memos aus dem Jahr 2046 werden dann ebenfalls auf Vinylplatten übertragen und zusammen mit den Vinylplatten aus dem Jahr 2021 aufbewahrt. Auch hier verstummen die Stimmen für weitere 25 Jahre, bevor im Jahr 2071 ein neuer Zyklus beginnt. Memo Futurum soll zu einem Ritual werden, bei dem wir unsere Visionen hinterfragen und uns damit auseinandersetzen, wie wir über die Zukunft denken und sprechen. Es ist ein Aufruf, unsere eigenen Zukunftsvisionen zu überprüfen und sich mit den Visionen anderer auseinanderzusetzen.

Mehr zu Memo Futurum und der Ars Electronica Futurelab Ideas Expedition gibt’s im Ars Electronica Blog.

Credits

Susanne Kiesenhofer
Memo Futurum ist ein Gewinnerprojekt der Ars Electronica Futurelab Ideas Expedition 2021.