Space Exploration Initiative

MIT Media Lab (US), Xin Liu (CN)

POSTCITY

Per aspera ad astra – 50 years after the Moon

50 Jahre nach der Mondlandung der Apollo 11 erleben wir einen weiteren großen Schub für die Weltraumforschung: von neuen und erneuerten Raumfahrtprogrammen in Industrie- und Entwicklungsländern bis hin zu innovativen Technologien und kommerziellen Dienstleistungen der Privatwirtschaft. Auf dem Weg dorthin wird die kulturelle Schöpfungskraft immer wichtiger für die Menschheit, da wir uns über die Erdgrenze hinaus ausdehnen. In der Vergangenheit hatte der Wunsch nach Erforschung und Expansion einen großen Einfluss darauf, wie wir uns die planetarische Zukunft vorstellten. Was sollen wir uns jetzt vorstellen? In dieser Ausstellung stellen sechs Projekte der Space Exploration Initiative des MIT Media Lab die gleiche Frage und bringen Möglichkeiten in den (un)möglichen Raum: Alle Projekte wurden im vergangenen Jahr erfolgreich eingesetzt und in einem Schwerelosigkeitsparabelflug erprobt. Es sind Hoffnungen jenseits von Lösungen und Vorstellungen, mehr als Fakten. Unser Bestreben ist es, den Weltraum als ein kritisches Gebiet zu betrachten, das bewohnt werden muss – fantasievoll, künstlerisch, wissenschaftlich und kollaborativ.

Space Exploration Initiative/Xin Liu (CN), Credits: Xin Liu

 

Projekt Credits:

  • Curator and author: Xin Liu (CN)

 

Xin Liu (CN)

Medusae – From Deep Sea to Deep Space

Undurchdringliche Dunkelheit, extremer Druck, kaltes Wasser und desorientiertes Gleichgewicht. Tiefseefische leben in einer Welt, die dem Weltraum näher ist als dem Land auf der Erde. Alles aus der Vergangenheit und was Vergangenheit sein wird, fällt auf den Meeresboden. Die Welt der Tiefen schluckt und verwandelt alles: Organismus, Lava, Plastik. Wenn wir den tiefen Ozean als „leer“ wahrnehmen, dann nur, weil seine ganze Fülle unter unserer Augenhöhe liegt: Unser Zuhause ist eine dünne Membran über dem Meeresspiegel und unter der Atmosphäre. Wenn wir in den Weltraum fliegen oder zum Meeresboden tauchen, faltet uns das Gewebe der Raumzeit in eine Dunkelheit. Wo Ozean und Weltraum sich verbinden, treffen wir Medusae. In Zusammenarbeit mit dem Modedesigner Yao Yu kreiert Xin ein Muschelkostüm aus Medusae, das Stoffstreifen aus Parleys ocean plastic® Garn „schluckt“. Das Kostüm wird während  eines Parabelfluges aktiviert und wächst in der Schwerelosigkeit. Gleichzeitig wird Xins Körperleistung auch in 3D erfasst und später in einer Tiefseevideoarbeit wiedergegeben.

Projekt Credits:

  • MIT Media Lab Space Exploration Initiative, Parley for the Ocean

 

Maggie Coblentz (CA)

Food for Earthlings

Nahrung ist ein wichtiger Aspekt in der Raumfahrt, und sie wird eine noch bedeutendere Rolle bei der Langzeit-Raumfahrt sowie für die zukünftigen Lebensräume im Weltraum spielen. Die Förderung der Erforschung des Weltraums und die Entwicklung einer interplanetaren Raumfahrttourismusindustrie werden neue kulturelle Ereignisse und Erfahrungen ermöglichen, die in der Menschheitsgeschichte noch nie zuvor erlebt wurden. Durchdacht gestaltete Lebensmittel und kulinarische Erfahrungen könnten es den Menschen ermöglichen, sich ihren Nächsten und den Geschichten auf der Erde näher zu fühlen und den Beginn einer Esskultur zu etablieren, die tiefere Beziehungen zu neuen Welten fördert. Food for Earthlings ist eine Sammlung von Artefakten, die Teil eines Restaurantkonzeptes für den Weltraum sind. Im Juli 2019 wurde ein Parabelflug geflogen, um Kochtechniken in der Schwerelosigkeit zu testen und die Entwicklung einer neuen Weltraumküche zu inspirieren.

Projekt Credits:

  • MIT Media Lab Space Exploration Initiative

 

Harpreet Sareen (IN)

Fluorovine

Die innere physiologische Architektur einer lebenden Pflanze erscheint still gegenüber der Umwelt und unseren täglichen Aktivitäten. Während wir in diesen Lebewesen langfristige Anpassungen sehen können, haben Pflanzen auch schnelle und vorübergehende Botenstoffe, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Flourovine ist eine modifizierte lebende Pflanze mit chemischen Markern, die in ihre Zellen injiziert werden. Das intrazelluläre Nachrichtensystem von Pflanzen wird dadurch abgefangen und in einem anderen Spektrum exponiert. Diese Pflanzen werden verschiedenen Gravitationsänderungen an Bord eines Schwerelosigkeitsfluges ausgesetzt, der zu einer sofortigen Kalziumsignalisierung innerhalb der Pflanzen führt. Der permeable Farbstoff in den Zellen reagiert mit Kalzium-Markern, um Signale zu erzeugen, die im Mikroskop an Board des Flugzeuges sichtbar sind. Auf der Suche nach Exo-Biologie-Werkzeugen, die Pflanzen züchten, deckt Flourovine versteckte Messengersignale auf und stellt sich zukünftige Geräte vor, die eine tiefere Verbindung mit der botanischen Architektur haben.

Projekt Credits:

  • This project is supported by research grants through Parsons School of Design, The New School. We sincerely thank graduate research assistants Anna Garbier and Yating Wu for their efforts towards the project, and the Space Exploration Initiative of MIT Media Lab.

 

Manuel Muccillo (IT), Valentina Sumini (IT)

SpaceHuman

Das SpaceHuman-Projekt entstand aus der Vision einer Zukunft, in der es für Menschen üblich sein wird, im Weltraum zu leben und zu arbeiten. Dieses Szenario erfordert einen tiefen Einblick in unser heutiges Designverständnis, um eine Veränderung zu ermöglichen und einen Einfluss auf die Erforschung des menschlichen Raums zu haben, sowie bessere Möglichkeiten, mit den Herausforderungen der Schwerelosigkeit umzugehen. SpaceHuman ist ein weiches robotisches Gerät, das entwickelt wurde, um die Erforschung von Umgebungen mit reduzierter Schwerkraft im Hinblick auf Demokratisierung und Offenheit für den Zugang zum Weltraum und dessen Erforschung zu erleichtern. Die Analyse der einzigartigen Schwanzstruktur des Seepferdchens wurde der Ausgangspunkt für den gesamten biomimetischen Designprozess. Tatsächlich benutzen Seepferdchen ihre Schwänze nicht zum Schwimmen, sondern um in ihrem „schwebenden“ Zustand zu Greifen, um sich zu schützen und um Objekte zu fassen. SpaceHuman wird sich – durch seine automatisierten Luftkammern – bewegen und an die Umgebung anpassen, um das Gleichgewicht des Körpers wiederherzustellen und sich an nützliche Oberflächen in orbitalen Behausungen oder in Mond- oder Marsdörfern zu klammern.

Projekt Credits:

  • MIT Media Lab – Responsive Environments + Space Exploration Initiative, Sapienza – University of Rome. Supported by Digital Innovation Hub of Vicenza

 

Nicole L’Huillier (CL), Sands Fish (US), Thomas Sanchez Lengeling (MX)

Telemetrons: A microgravity orchestra

Instrument 1: Núcleo
Instrument 2: Satélite
Instrument 3: Monolito

Telemetrons ist eine Reihe von Musikinstrumenten, die speziell für die schwerelose Umgebung entwickelt wurden. Dieses Mikrogravitationsorchester besteht aus drei Instrumenten, die ein Musikstück komponieren können: Núcleo, Satélite und Monolito. Jedes von ihnen hat eine charakteristische Klangfarbe und einen charakteristischen Ausdruck. Fein kalibrierte Sensoren erzeugen spezifische Geräusche durch die Bewegung und Dynamik der Schwerelosigkeit. Die Performance der Instrumente enthüllt einen Tanz aus nichtmenschlichen Körpern und Schwerkraft. Das Umfeld der Mikrogravitation bietet ein einzigartiges Medium für neue Modalitäten, zukünftige Kreativität und zeitgenössische Raumnarrative. Heutzutage wird Weltraumforschung nur von wenigen Gruppen betrieben, deren Führung bei großen Unternehmen und Eliten liegt. Es ist wichtig, dass wir eine umfassendere Plattform schaffen, um Ideen zu entwickeln und zu erforschen, die den Kurs auf diesem Planeten insgesamt verändern werden. Die Demokratisierung und Befreiung der Weltraumforschung ist dringend erforderlich. In diesem Zusammenhang sind die Telemetrons Musikinstrumente mit dem Ziel, Gedanken über die Produktion von Kultur im Weltraum anzustoßen und die Musik als Symbol für Konnektivität und Dialog zu nutzen. Das Ensemble Telemetrons schlägt subtilere Wege vor, um eine Verbindung zum Weltraum aufzubauen, indem es Narrative und Handlungen erweitert, die das Nicht-Menschliche miteinbeziehen, um die anthropozentrischen, utilitaristischen und extraktiven Unternehmungen herauszufordern, die unsere Träume über den Weltraum übernehmen. Wir versuchen, klangliche Akteure zu schaffen, die überraschende Musikstücke komponieren können und uns helfen, über einen Raum für alle nachzudenken, einen Raum zum Teilen, Schöpfen und Hören. Die Möglichkeit, sich alternative Wirkungs- und Ausdrucksformen vorzustellen und zu spekulieren, kann uns helfen, unsere Gedanken und phantasievollen Projektionen für die Zukunft zu dekolonisieren, so dass der Weltraum immer noch ein Ort sein kann, an dem wir die starren Strukturen der Macht, die der Erde aufgezwungen werden, herausfordern können.

Projekt Credits:

  • A collaboration between Nicole L’Huillier, Sands Fish, and Thomas Sanchez Lengeling, with the assistance of Hannah Lienhard. Project supported by the MIT Media Lab Opera of the Future group, and Space Exploration Initiative.

 

Alexis Hope (US)

Space/Craft: Exploring Sculpture in Zero-Gravity

Space/Craft erforscht die Skulptur in der Schwerelosigkeit. Künstlerische Arbeiten von Hand zu fertigen, ist ein grundlegend menschlicher Akt, aber wie wird er sich verändern, wenn wir anfangen, neue Planeten zu erforschen? Welche nicht existierenden Formen des künstlerischen Ausdrucks ermöglicht die unterschiedliche Schwerkraft? Digitale Modellierungswerkzeuge erlauben es uns, die Gesetze der Physik beim Erstellen zu brechen, aber wir können diese Prozesse auf der Erde nicht reproduzieren. Space/Craft erforscht die künstlerischen Prozesse und Möglichkeiten der Schwerelosigkeit, indem es mit einem Heißkleberspender in 3D „zeichnen“ kann. Während jedes Zyklus der Mikrogravitation verwendet die Künstlerin das Markierungswerkzeug, um Formen in einem Würfel, der als Begrenzung dient, zu erzeugen. Die dünnen Leimfäden fließen in Formen, die auf der Erde mit dem gleichen Verfahren nicht geschaffen werden konnten.

Projekt Credits:

  • Supported by the MIT Space Exploration Initiative (SEI) & CAMIT, the Council for the Arts at MIT 

 

 

Biografien:

Xin Liu (CN) is an artist and mechanical engineer whose practice includes performances, art objects, scientific experiments and academic works. She considers science a language and technology a means to explore emotions, beliefs, and subjective experiences. Liu is the Arts Curator of the Space Exploration Initiative at the MIT Media Lab and an artist in New Museum and Queens Museum in New York. She has won numerous residencies and awards and has presented at the Sundance Film Festival, the Walker Art Center, the OCAT Shanghai, and the Ars Electronica Festival in Linz.

Maggie Coblentz (CA) is an industrial designer and researcher whose work explores the future of human life and culture in space. She pursues this at the MIT Media Lab Space Exploration Initiative where she leads research on space food. She’s interested in building designed objects, systems and experiences that will allow humans to not just survive, but thrive in space. In her practice, Maggie makes speculative designs and gastronomic experiences that anticipate future global demands and promote unforeseen artifacts and foodways. Prior to joining the MIT Media Lab, Maggie received a master’s degree in industrial design from RISD and has a background in fashion design.

Harpreet Sareen (IN) is an Assistant Professor of Interaction and Media Design at Parsons School of Design, New York. He is the Director of the Synthetic Ecosystems Lab that focusses on biological futures and their implications in interaction design. Sareen is interested in the cybernetics of organisms and materials. His work is situated at the intersection of Material Science, Biology and Electronics and draws on the complementary abilities of the biological and artificial worlds. Harpreet terms this “Convergent Design” to create hybrid substrates and bionic materials that lend themselves to future ecological machinery, sensing systems and interaction design.

Valentina Sumini (IT) is a Postdoctoral Associate and a space architect at MIT Media Lab in Responsive Environments. She develops design and architectures for enabling human space exploration in extra-planetary environments, inventing new materials, new computational design tools and new construction techniques. Her research interests are related to integrating thorough knowledge of the structural properties of buildings, starting from historical ones, and new computational design methods to define form-finding optimization processes for designing in harsh environments on Earth as well as in Low Earth Orbit, on the Moon and Mars. 

Manuel Muccillo (IT) is a product designer, design scientist, concept designer​ and artist born in Rome and trained at Sapienza University with a master’s degree in Industrial Product Design. In his research he focuses his attention on the themes of critical design as an engine for social innovation and for the new design horizons for the societies of the future.

Nicole L’Huillier (CL): Transdisciplinary artist from Santiago de Chile. Currently based in Boston, US, as a PhD candidate and research assistant at MIT Media Lab, Opera of the Future group, where she also earned a master’s in media arts & sciences (2017). Through installations, performances, sculptures, compositions, and multiple transductions, her work explores human and non-human performativity, rituals of membranal and resonant architectures, as well as vibration and sound as construction materials for spaces, identity, and agency. She works at the intersection of music, art, architecture, science, and technology to challenge perceptual conventions and to open the possibility of new imaginaries. Nicole is also part of the MIT Media Lab Space Exploration Initiative, where she explores the experimental forms and implications of art, expression and culture in outer space. She is also an experimental musician, drummer, synth lover and one-half of the space pop duo Breaking Forms. 

Sands Fish (US) is a designer, artist, musician, and futurist working in the United States. Previously a student at the MIT Media Lab and a fellow at Harvard’s Berkman Center, he speaks and teaches internationally, and runs a design firm for humans in space, working in collaboration with the Media Lab Space Exploration Initiative and as an affiliate at the Harvard metaLAB. His work focuses on how technology shapes human culture, and how these technologies are implicated in creating our future. 

Thomas Sanchez Lengeling (MX): Formerly a graduate student at the MIT Media Lab in the Opera of the Future Group, Sanchez Lengeling’s research derives from his ambition to create seamless interactions between people and digital information, by giving extra perception and awareness using color and sound. This is possible by enhancing human communication and perception through the augmentation of human senses using technology. Also, his visual work ranges from organically propagated systems to self-rhythm visual art. He also works with different technologies and mediums such as light, colorimetry, hyperspectral cameras, sensors, radio frequencies, creative coding platforms, electronics, etc. He teaches workshops creative coding, color perception, new media art, and physics for science outreach programs. His creative work and interactive installations have been commissioned by festivals in Germany, Mexico, Italy, and Portugal.

Alexis Hope (US): Alexis is an artist, designer, and researcher based at the MIT Media Lab. She serves as the Design Director for the “Make the Breast Pump Not Suck” project, as well as the Creative Director of TEN FWD, a design studio focused on creating playful, experimental objects and experiences.​