OK OÖ Kulturquartier

Voices from AI in Experimental Improvisation
Tomomi Adachi (JP), Andreas Dzialocha (DE), Marcello Lussana (IT)
Dank maschinellem Lernen können Computer Muster in unterschiedlichsten Tondokumenten erkennen. Aber können sie auch lernen, musikalisch zu improvisieren? Die Software „Tomomibot“ versucht es und interagiert mit Hilfe von Deep-Learning-Techniken in Echtzeit mit dem Klangkünstler Tomomi Adachi. Die Künstliche Intelligenz (KI) „lernt“ anhand der Stimmaufnahmen des Improvisationskünstlers dessen individuellen Stil und konfrontiert ihn unmittelbar mit dem daraus generierten Material. Die gemeinsame Performance der beiden zeigt, wie interaktive Technologie und KI einen Gesang(sstil) beeinflussen können. In diesem Dialog wird aber auch deutlich, dass der Künstler stets kreativer und unberechenbarer ist als sein maschinelles Gegenüber.

Resurrecting the Sublime
Christina Agapakis (US)/Ginkgo Bioworks, Alexandra Daisy Ginsberg (UK), Sissel Tolaas (NO)
Der Hibiscadelphus wilderianus war an den Südhängen des Mount Haleakalā in Maui, Hawaii heimisch, bis koloniale Viehzucht den Lebensraum der Pflanze zerstörte. Resurrecting the Sublime rekonstruiert den Duft dieser Hochlandhibiskus-Art, die 1912 zum letzten Mal gesehen wurde, und auch den von zwei weiteren ausgestorbenen Gewächsen: Orbexilum stipulatum und Leucadendron grandiflorum (Salisb.) R. Br.

Human Study #4, La Classe
Patrick Tresset (FR)
Neun Roboter agieren hier als „Schüler im Klassenzimmer“. Die Performance zeigt eine Unterrichtsstunde, in der sie lernen, dem Unterricht und ihrem Lehrer zu folgen. Es kommt zwar kurz zum Aufstand, aber schon bald gehorchen sie wieder und folgen dem Unterricht. Eigene Kindheitserinnerungen, Jacques Tati, Theodor W. Adorno und Michel Foucault inspirierten Patrick Tresset zu dieser Kunstinstallation.

Carbon Black (aka A Particular Matter)
Anaïs Tondeur (FR)
Obwohl es dort kaum Industrie gibt, leiden die BewohnerInnen von Fair Isle unter Atembeschwerden. Anaïs Tondeur besuchte die Insel und ließ feststellen, woher die Verursacher der Beschwerden, nämlich luftverschmutzende Kohlenstoffpartikel, kommen. Anhand von Emissionsanalysen und Rückströmungsmodellen berechnete sie deren Flugbahn.

Confronting Vegetal Otherness: Phytoteratology
Špela Petrič (SI)
Špela Petrič erhielt eine Auszeichnung für ihre dreiteilige Serie Confronting Vegetal Otherness, in der sie sich mit verschiedenen Formen des Austauschs zwischen Menschen und Pflanzen auseinandersetzt. Ein Teil der Serie ist Phytoteratology: eine molekulare Performance, bei der Pflanzenembryonen statt in Samen in künstlichen Gebärmüttern herangezüchtet werden.

Labor
Paul Vanouse (US)
Wie riecht Arbeit? Labor (dt.: „Arbeit“) ist eine dynamische, selbstregulierende Kunstinstallation, in der – ganz ohne menschliche Anstrengungen – der Geruch von Schweiß produziert wird. Dieser wird künstlich in gläsernen Bioreaktoren hergestellt, in denen menschliche Hautbakterien wachsen. Während diese Zucker und Fette verarbeiten, erzeugen sie Gerüche, die an menschlichen Schweiß erinnern. Ein weißes T-Shirt im Zentrum der Installation nimmt den „Duft“ auf und speichert ihn in seinen Fasern. Auf dem verschwitzten T-Shirt als Sinnbild für Lohnarbeit, Stress und Ausbeutung beruhen auch die „Schweißflecken-Drucke“ von Paul Vanouse: Frisch verschwitzte Hemden wurden dazu mit Holzkohle bestäubt und mit hohem Druck zwischen Papier gepresst.

Polar Force
Speak Percussion, Philip Samartzis (AU), Eugene Ughetti (AU)
Polar Force ist eine phänomenologische Untersuchung des kältesten, windigsten und trockensten Kontinents der Erde: der Antarktis. Die einstündige musikalische Darbietung findet in einem Setting statt, das an eine polare Forschungsstation erinnert. Die Künstler verwenden Tonaufnahmen (Field Recordings) von Wind, Wasser, Eisbergen und Gletschern, setzen aber auch speziell angefertigte Instrumente in ihrem künstlerischen „Vortrag“ ein. Kunst, Wissenschaft und Technik verschmelzen dabei zu einer immersiven Live-Performance – einem musikalisch komplexen Kommentar zu geopolitischen Themen wie der Klimakrise.

Smart.ing Bodies
Evelina Rajca (PL)
Sandkörner, genauer gesagt hochreine Siliziumdioxidpartikel, sind der wesentliche Rohstoff, aus dem Beton, Glas, Glasfaserkabel, Computerchips und andere Hightech-Hardware hergestellt werden. Die beiden Glasinstrumente, die bei Smart.ing Bodies zum Einsatz kommen, bestehen aus Quarzsand, den Evelina Rajca an im Verschwinden begriffenen Stränden und Bergen gesammelt hat. Zusammen mit Sensoren, Motoren und einer algorithmischen Komposition werden sie Teil einer multisensorischen Klanginstallation. Die Komposition basiert teilweise auf einer Künstlichen Intelligenz (KI), die so „smart“ ist, nur gewisse Frequenzen zu produzieren. Sie hilft, „Resonanzkatastrophen“ (die Zerstörung des Glases oder des Motors) und Rückkoppelungen zu vermeiden. Zu hören ist der reine und doch komplexe Klang des Sandes, der sich ständig verändert.

MANTRAcks and Sonic Fields: A VirtuAural Duology Part 1 – untitled #352
Francisco López (ES)
Industrie und Natur sind die gegensätzlichen Ausgangspunkte für dieses Langzeit-Sound-Meta-Stück, das ursprünglich aus zwei Teilen besteht. Eigens für den Dachboden der Ursulinenkirche wurde daraus die Zehnkanal-Audioinstallation Part 1 – untitled #352 adaptiert: Komplexe Klang-Schichten, aufgenommen in Fontenay-sous-Bois bei Paris, entwickeln sich hier weiter und werden zu raumgreifenden elektronischen Mantras („MANTRAcks“) destilliert.

Wiki-Piano.Net
Alexander Schubert (DE)
Wiki-Piano.Net ist eine Komposition für Klavier, die von Internet-NutzerInnen mitgestaltet werden kann. Auf der Bühne wird all das zur Aufführung gebracht, was die Community auf der Website zur Verfügung gestellt hat. Dabei kann es sich nicht nur um Noten, sondern auch um Texte, Bilder oder andere Inhalte handeln. Zur musikalischen Umsetzung dieser Partitur stehen dem ausführenden Pianisten Klavier, Keyboard und die eigene Stimme zur Verfügung. Im klassischen Sinn einstudieren und üben kann man diese Komposition nicht, aber hier steht auch nicht das Meisterwerk im Vordergrund. Es geht vielmehr um eine kontinuierliche Beobachtung und spielerische Erforschung von Community-Verhalten und Internet-Nutzung.