Linz, OK, OÖ Kulturquartier

In der Geschichte der Computerkunst ist Musik die älteste Kunstform. 1987 als Kategorie für Computermusik eingeführt, hat sich diese Kategorie der digitalen Entwicklung entsprechend gewandelt. Sie würdigt mittlerweile zeitgenössische digitale Klangproduktionen aus dem breiten Spektrum der elektronisch erzeugten Musik – Werke, die Klang, Medien und Musik kombinieren, digitale Kompositionen, die von elektro-akustisch bis experimentell reichen, sowie Klanginstallationen. In der Computermusik gibt es eine starke Tendenz zu immersiven Hörerlebnissen und Kompositionen, die Hörer:innen tief in imaginäre Landschaften und Soundscapes eintauchen lassen. Die Künstler:innen beschäftigen sich auch kritisch mit dem vermeintlich obsoleten Verhältnis von Digitalem und Analogem, dem Original, Mensch und Maschine. Es zeigt sich außerdem, dass langsam auch die Künstliche Intelligenz Einzug in den Bereich der Musikproduktion hält.

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Award of Distinction

A Father’s Lullaby, 2019 ongoing

Rashin Fahandej (US)

A Father’s Lullaby ist eine „poetische Bewegung”, die Kunst und Technologie einsetzt, um einen verbindenden Dialog zu starten und damit sozialen Wandel zu bewirken. Das Projekt thematisiert die Ungleichbehandlung aufgrund der ethnischen Herkunft im Strafvollzugswesen der USA und die Auswirkungen, die diese auf Kinder, Frauen und einkommensschwache Gemeinschaften hat. Dafür nützt es sowohl öffentliche Orte als auch virtuelle Räume. In der Ausstellung wird es in Form verschiedener Klangschichten präsentiert: einer Serie von Kompositionen von Wiegenliedern, die von Vätern beigesteuert wurden, und einer Hörstation, die über Touchscreen unterschiedlichste Geschichten aktiviert, wie über eine Website gesammelte (Schlaf-)Lieder oder Interviews von Männern auf Bewährung, die von der strukturellen Gewalt bei Massenverhaftungen, die vor allem Männer treffen, aber auch von Liebe und Trauma, An- und Abwesenheit und der Kraft persönlicher Erinnerungen berichten. A Father’s Lullaby wird auch In Kepler’s Gardens / Campus der Johannes Kepler Universität präsentiert.

Credits

Installation
rashinfahandej.com
fatherslullaby.org


Honorary Mention

Organscape, 2020

Xoán-xil López (ES)

In einigen Orgeln, vor allem aus der Barockzeit, finden sich spezielle Register, die dazu gedacht sind, paramusikalische Klänge wie Vogelstimmen oder Donner zu imitieren. Organscape basiert auf dieser Idee der musikalischen Nachahmung von Klanglandschaften. Das Projekt besteht aus zwei Elementen, die nebeneinander existieren, aber auch miteinander in Dialog treten: aus kurzen Orgelkompositionen, für die Field Recordings von unterschiedlichen geografischen Orten, entsprechend der klanglichen Eigenschaften des historischen Instruments, umgewandelt wurden, und aus „Organismo I“, einer Art Automat, der ein Repertoire von Klängen aus der Natur nachahmt und dabei in erster Linie auf „mechanische Vogelkunde“ spezialisiert ist. Xoán-Xil López geht es in diesem Projekt weniger um den Versuch einer originalgetreuen Nachahmung, sondern darum, bestimmte akustische Eigenschaften des herangezogenen Klangmaterials herauszuarbeiten.

Credits

Installation & Dokumentation (34′ 34″)
Commisioned by the international organ
festival De Lugares e Órganos, Santiago de Compostela, 2020
unruidosecreto.net/organscape/


Golden Nica

Convergence, 2020/21

Alexander Schubert (DE)

Convergence („Annäherung“) ist eine Performance, bei der menschliche Musiker:innen und ihre KI-generierten Avatare gemeinsam spielen. Eine Computerstimme gibt Befehle, scannt die Personen auf der Bühne und erschafft im dunklen Bühnenraum digitale Abbilder von ihnen auf der Leinwand. Diese Charaktere speisen sich aus synthetisierten Bild- und Tondaten, aus der die Künstliche Intelligenz dann den Prozess gestaltet. Weder die Musizierenden noch der Komponist selbst wissen im Vorhinein, welchen Effekt diese Abbilder und deren Musik haben wird – er wird erst im Moment der Aufführung deutlich und hat durch die von der KI auch eingeforderten Schreie mitunter etwas Bedrohliches. Die Maschine greift mit ihren eigenen Algorithmen in den Zyklus von Aktion und Reaktion ein und wird zu einem starken Gegenstück zur Selbstwahrnehmung. Alexander Schubert übersetzt diese Handlung mit seinem großen Team aus Entwickler:innen, KI-Expert:innen, dem Ensemble Resonanz und dem Team von IRCAM in eine musiktheatralische Performance, die gleichzeitig auf mehreren Ebenen Befremden und Faszination auslöst.

Credits

Dokumentation (30′)
Ensemble Resonanz
Co-developed with IRCAM, Paris
Audio Deep Learning Programming: Antoine Caillon,
Philippe Esling, Benjamin Levy (Ircam)
Video Deep Learning Programming: Jorge Davila-
Chacon (Heldenkombinat)
Convergence was developed as part of #bebeethoven, a
project of PODIUM Esslingen.
Funded by Kulturstiftung des Bundes. Digital version
commissioned by Eclat Festival.
alexanderschubert.net


Isao Tomita Special Prize

Apotome, 2021 ongoing

Khyam Allami & Counterpoint (GB/INT)

Apotome ist ein Musikprojekt, das die kulturellen Asymmetrien, Voreingenommenheiten und Ungleichheiten, die zeitgenössischen Werkzeugen zum Musikmachen innewohnen, beleuchtet. Zugleich hebt es auch ihre Verflechtung mit musikalischen, pädagogischen, kulturellen, sozialen und politischen Zusammenhängen hervor. Das Projekt wurde von Khyam Allami und dem Kreativstudio von Tero Parviainen und Samuel Diggins ins Leben gerufen und legt den Fokus auf zwei browserbasierte, nicht-kommerzielle Anwendungen: Apotome, ein generatives Musiksystem, das sich auf transkulturelle Stimmungen und ihre Untergruppen (Skalen / Modi) konzentriert, und die Anwendung Leimma, die die Erforschung und Erstellung eben dieser Stimmungen möglich macht. Das Projekt bietet Werkzeuge an, die über den westlichen Kanon hinausgehen, begleitet von Gebrauchsanleitungen und Video-Tutorials, die dazu anregen, sie offen zu nutzen und zu erforschen.

Credits

Dokumentation
isartum.net


Award of Distinction

Convergence, 2020

Douglas Mccausland (US)

Convergence („Annäherung“) zeigt ein Duett zwischen dem Komponisten und Elektronik-Performer Douglas McCausland und dem Augmented-Kontrabassisten Aleksander Gabrys. Das Duett beginnt als Zusammenspiel und gleichberechtigte Unterhaltung, verschiebt sich aber dramatisch in Richtung des elektronischen Performers, der den Bassisten kontrolliert. Der Bass ist mit acht Mikrofonen und ebenso vielen Wandlern ausgestattet, sodass er sowohl selbst ungewöhnliche und extreme Klänge generieren als auch Resonanzkörper für externe Klänge sein kann. Parallel dazu wird hier maschinelles Lernen eingesetzt, um über einen Sensorhandschuh Gesten des Elektronik-Performers mit der Audiosteuerung zu verknüpfen. Die beiden Performer erforschen in ihren Aufführungen die klanglichen und performativen Extreme dieses komplexen Systems sowie die Räume dazwischen.

Credits

Installation
douglas-mccausland.net