TRANSCODE!

University of Art and Design Linz, Interface Cultures

POSTCITY, Campus

Eine Aufforderung zu Fiktion und zu neuen Übersetzungsprozessen unserer

Realität

KuratorInnen: Manuela Naveau (AT), Fabricio Lamoncha (ES), Maša Jazbec (SI)

„Ist es möglich, dass die Realität nicht nur die Fiktion überholt, sondern ihr vorauseilt, ja vorauseilend ihr zuvorkommt, um die Schäden zu reparieren, die die Fiktion erst anrichten wird?“
Umberto Eco, Das Foucaultsche Pendel

Es wird uns gesagt: Unsere Welt verändert sich, unsere Vorstellungen und Bedürfnisse verändern sich und wir verändern uns. Dystopische Visionen von unserem zukünftigen Leben auf diesem Planeten stehen optimistischen, meist technologiegetriebenen Allheilsversprechungen gegenüber und wir sind mittendrin, bedürfnisgesteuert von Mächten und Märkten und versuchen uns verzweifelt zu orientieren.

Lev Manovich postulierte am Beginn des neuen Millenniums, dass wir uns den Computer Wissenschaften zuwenden sollten, um die Logik der neuen Medien, sprich die neue Logik unserer Welt, zu verstehen. Er führte damals bereits den Begriff des „cultural transcoding“ ein, und verwies auf die universelle Sprach-, Übersetzungs- und Interpretationsmöglichkeit, die Computercodes in Verbindung mit entsprechenden Geräten liefern und auch welche kulturelle Neukonzeption sich über unser Denken und unsere Sprache aufgrund Ontologie, Epistemologie und Pragmatik des Computers manifestiert. Manovich schrieb sein Buch „The Language of New Media“ in einer Prä-Smartphone-Ära. Die Frage, die sich fast zwanzig Jahre danach stellt, ist: Welche Wichtigkeit wird dem Transcodieren, dem Übersetzen, dem Umwandeln noch immer (oder gerade wieder) gegeben wird? Bzw. anders gefragt: Transcoden wir, weil wir es möchten und weil wir die Werkzeuge dazu selbst entwickeln oder werden wir in die Richtung manipuliert mit vorgesetzten Werkzeugen?

Transcodieren, ein Terminus aus der Informatik ist die auffordernde Einladung einerseits zu unserer Ausstellung junger Kunstschaffender der Abteilung Interface Cultures und andererseits zu einer möglichen aktiven Wandlung unseres Denkens, Funktionierens und „Fiktionierens“. Denn: Transcodierung meint im Herkömmlichen die direkte Konvertierung von einer digitalen Codierung in eine andere, die meist nicht ohne Verlust vonstattengeht. Bedeutet Verlust jedoch nicht eine eingeschränkte Sehweise? Eine Sicht, die zum Beispiel auf Werten wie „das Original“, „das Originäre“, „das Erste und Wahre“ beruht? Was, wenn wir uns auf einen Wandlungsprozess einlassen, der das Original respektiert jedoch die Vorzüge der neuen Lesbarkeit des konvertierten Inhalts überaus schätzt? Inwieweit sollte eine Wandlung nicht auch bestehende Dispositive hinterfragen und bedingen Transcodierungsprozesse nicht auch Vorstellungsvermögen, Mut zur Fiktion und das Verlassen einer Realität und deren Sicherheitsnormen? Bezugnehmend auf das zynische Eingangsstatement von Umberto Eco: Ja, es ist möglich! Denn wir vertrauen auf vorauseilendes Wissen und unterliegen dem Irrglauben, bereits im Vorhinein alles berichtigen zu müssen, was uns in Zukunft passieren könnte. Wir opfern unsere Vorstellungskraft einer Sackgassen-Realität und fühlen uns auch noch ermächtigt dabei. Benötigen wir jedoch nicht Fiktionen, Illusionen und Gedankenkonstruktionen, die nur auf neu übersetzen Realitäten basieren können?

Wissend, dass Technologie nicht unsere Welt retten wird, rufen wir auf zu ungesichertem Transcode! Die Abteilung Interface Culture der Kunstuniversität Linz feiert ihr 15-jähriges Bestehen im Rahmen der 40-Jahr Feierlichkeiten des Ars Electronica Festivals. Grund genug um sich auf einen umfassenden Wandlungsprozess einzulassen und Prozesse der Transcodierung im Besonderen als auch im Allgemeinen in Form von einer Ausstellung, Performances und Präsentationen sowie diskursiven Herangehensweisen aktuell zu untersuchen.

 

Übersicht der Projekte

 

Projekt Credits:

  • Text: Manuela Naveau
  • Christa Sommerer
  • Laurent Mignonneau
  • Manuela Naveau
  • Maša Jazbec
  • Fabricio Lamoncha
  • Michaela Ortner
  • Gertrude Hörlesberger
  • Isabella Auer
  • Sofia Braga
  • Wesley Lee
  • Onur Olgaç
  • Giacomo Piazzi
  • Antonio Zingaro
  • Supported by the Federal Ministry of Science, Research and Economy under the Higher Education Structural Fund Austria.
  • CURLY CABLE supported by Conrad.
  • A REACTIVE POETRY MACHINE realized with the generous help of Giacomo Piazzi.

Biografien:

Maša Jazbec (SI), is an intermedia artist, curator and academic researcher. She holds a Ph.D. in human informatics, attained at the University of Tsukuba (Empowerment Informatics program) and MA in interactive art, achieved at Interface Culture program at the University of Arts and Design Linz, Austria. She is engaged and committed to the vision and execution of the Trbovlje New Media Setting project in Slovenia, and organizes projects and events integrating science, art, technology and society at the international new media culture Speculum Artium festival. She was a visiting researcher at Ishiguro Laboratory at ATR, Kyoto in Japan. Her projects, exhibited as artworks, have always shown her understanding of new media as a research artistic practice, stemming from artistic and scientific thought, linked to the current situation in the contemporary society. Her latest research interests are mostly focused in social robotics and android science. She presented her research at conferences such as Computer Human Interaction 2016, Human Robot Interaction 2017, ISEA 2017 and System Man and Cybernetics IEEE 2017.
http://www.masajazbec.si/

Fabricio Lamoncha (ES) is an artist, designer and researcher. His practice explores the entanglements of media ecology and bioethics. After graduating Master of Arts at the Kunstuniversität Linz, he joined the Design Research Lab, Universität der Künste Berlin, leaded by Professor Gesche Joost. Since 2016 he is back as Assistant Professor at the Interface Cultures Master, Kunstuniversität Linz, program leaded by Professor Christa Sommerer and Professor Laurent Mignonneau, and in 2018 he started his PhD research under the supervision of Professor Sommerer. He is member of the UCLA’s Art|Sci Center, leaded by Professor Victoria Vesna, and regular instructor at the Sci|Art Lab+Studio summer program. His work has been exhibited internationally and awarded with the Art and Artificial Life International Award Vida14.
https://fabriciolamoncha.com/

Manuela Naveau (AT) is artist and curator of Ars Electronica Linz and together with the artistic and managing director Gerfried Stocker she developed Ars Electronica Export. She teaches at University of Art and Design Linz as well as at the Paris Lodron University in Salzburg and the Danube University Krems. Her research investigates networks and knowledge in the context of artistic /scientific research methods and practices. Her book „Crowd and Art – Kunst und Partizipation im Internet“ (Crowd and Art – Art and Participation in the Internet) has been published in 2017 in transcript Verlag, Germany. The book is based on her dissertation, for which she received the Award of Excellence from the Austrian Ministry of  Science, Research and Economy  in 2016.
http://www.manuelanaveau.at/

http://www.crowdandart.at/