Honorary Mention
Was ist, wenn der Mensch das Medium der Natur sein kann? Was, wenn der Mensch auch ökologische Dienstleistungen erbringen kann? Project Habitate ist eine Provokation, die die anthropozentrische Perspektive ökologischer Werte herausfordert und die Verwandtschaft zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Organismen kultiviert.
Wir haben ein lebendes Wearable entworfen, das es den Menschen ermöglicht, zum Hüter für bedrohte Organismen zu werden, was ihnen im Gegenzug ein Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit vermittelt und ein neues Konzept des partizipativen Naturschutzes befürwortet.
Der Hintergrund des Projekts ist das Eschensterben, eine Krankheit, die den Großteil der Eschenpopulation in Europa ausrottet. Glücklicherweise wird die Esche nicht für immer verschwinden, aber die neue Population wird Jahrzehnte brauchen, um zu wachsen. In der Zwischenzeit verlieren Hunderte von Moos-, Flechten- und Pilzarten, die auf die Esche angewiesen sind, ihren Lebensraum und sind vom sekundären Aussterben bedroht.
Traditionelle Schutzmethoden für diese unscheinbaren Arten können dieses Ausmaß des Lebensraumverlustes nicht bewältigen. Um zu gedeihen und sich fortzupflanzen, brauchen die Arten einen spezialisierten Lebensraum und Zugang zu einer vielfältigen Population, den normalerweise ein Wald bietet.
Unser Material ahmt die Rindenstruktur, den Lichteinfall, die Porosität und den pH-Wert der Esche nach und nutzt die menschliche Bewegung, um die Sporenausbreitung der Gästespezies zu unterstützen. Das Wearable bietet ein temporäres Zuhause für diese winzigen Spezies und ermöglicht es uns, eine aktive Rolle bei der Erhaltung der Artenvielfalt zu spielen und den Kreislauf von Erhaltung und Zerstörung zu durchbrechen, indem wir ein Muster der Koexistenz von Mensch und Natur schaffen.
In einer Ära der sozialen Distanzierung kann dieses lebende Wearable ein lebendiger Indikator für ökologisch-soziale Konnektivität sein und uns daran erinnern, dass keine Spezies eine einsame Insel ist. Was ist, wenn der Mensch das Medium der Natur sein kann?
Credits
Artists: Yuning Chan, Yishan Qin, Tom Hartley
With support from: Royal College of Art, Imperial College London, The James Hutton Institute, Robert Koch Institute, The Millennium Wood
Yuning Chan (CN) hat einen umweltwissenschaftlichen Hintergrund und war schon immer von der Arbeit mit der Natur angetrieben. Sie sieht Design als ein mächtiges Werkzeug, um zu beeinflussen, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen und mit ihr interagieren. Sie ist sehr inspiriert von verwandtschaftsorientierter Ökologie und flacher Ontologie. Ihr Hauptinteresse liegt in der Verwendung von Design Fiction, um die Vorstellungskraft der Koexistenz von Mensch und Natur zu erweitern.
Tom Hartley (GB) ist ein Innovationsdesigner mit dem Drang, komplexe Probleme auf sinnvolle und kreative Weise anzugehen. Sein Hintergrund in Elektronik- und Informationstechnik hat ihm ein tiefes Verständnis für die Technologien verliehen, die unserem Leben zugrunde liegen. Ergänzt wird dies durch eine große Vertrautheit mit dem Designprozess, die er während seines Masterstudiums am Royal College of Art erworben hat.
Yishan Qin (CN). Angefangen mit Produktdesign in ihrem Bachelor-Studium, tauchte Yishan dann in Innovation Design Engineering am Royal College of Art und Imperial College London ein. Gleichzeitig hat sie ihre Erkundung von UX-Design und bildender Kunst fortgesetzt. Yishan hat großen Spaß daran, Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Kontexten in kreative Lösungen zu überführen – und das mit einer gewissen Neugierde.
Jury Statement
When we are talking about the Anthropocene with its destruction of the biosphere, then we imagine large mammals, whales or the Amazon forest. What is missing in our cultural imagery of nature, is the barely visible, in case of trees the profane: mosses, lichen, and fungi. In Project Habitate, the artists have created scientifically proven wearables which are ready to be accepted by mosses, lichen, and fungi. The wearer would be enabled to replace a tree as host. The original host is the ash tree: the jewelry mimics the ash tree’s bark texture, light level, porosity, and pH and leverages human movement to support guest species’ spore dispersal. The living wearable can be seen as an indicator of ecological-social connectivity, as a reminder that no species is an island. From the STARTS perspective, Project Habitate provides scientifically sound ideas on how the destructive aspects of the Anthropocene can be countered through the creation and application of materials that can serve as habitats for neglected species.