489 Years

Hayoun Kwon

Honorary Mention

489 Years zeigt eine animierte Landschaft der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea (DMZ), welche auf der Erzählung eines ehemaligen Soldaten basiert, der die DMZ betreten hatte – einer der gefährlichsten und am stärksten bewaffneten Orte der Welt. Da nur autorisiertes Personal die DMZ betreten kann, nutzt Hayoun Kwon die Animation als Medium, um den Raum zu rekonstruieren, der mit Fiktion und der Phantasie eines verbotenen Territoriums spielt und dem Betrachter ein indirektes Erlebnis bietet. Der ehemalige Soldat erzählte Hayoun Kwon für 489 Years verschiedene Geschichten über seine Erfahrungen in der DMZ. Unter seinen vielen Erzählungen war die Künstlerin von seiner Geschichte über Landminen und Blumen berührt und erkannte, dass sie will, dass die BetrachterInnen die DMZ als einen paradoxen Ort erleben, an dem intensive Angst und unterschwellige Schönheit nebeneinander existieren. Hayoun Kwon thematisiert in ihrer imaginären Landschaft die geopolitischen Realitäten der Halbinselteilung, ihre Gewalt und die bildlichen Projektionen dieses mythischen Raumes. Ursprünglich durch ein Virtual Reality-Gerät gezeigt, ermöglichen künstliche Interventionen und fiktive Konstruktionen der Künstlerin zu filmen, was sonst nicht gezeigt werden kann. Die Animation gibt ihr die Freiheit zu theatralisieren, zu übertreiben, die Grenzen der Repräsentation zu verschieben und sogar das phantastische Potential ihres Themas auszuschöpfen. Hayoun Kwon reflektiert die Identität und den Begriff der Grenze. Sie hinterfragt auch die Konstruktion von individuellem und historischem Gedächtnis sowie das mehrdeutige Verhältnis von Realität und Fiktion. Hayoun Kwons Werk bietet den BetrachterInnen einen Einstieg in die DMZ und führt sie durch menschliche Emotionen der Angst und des Staunens.

Credits

Director: Hayoun Kwon
Level designer: Fabrice Gaston
Tech artist/Animation: Guillaume Bertinet
3D Modeler: Laurent Raynaud
Sound designer: Sylvain Buffet
Composer: Pierre Desprats
Consultant: Balthazar Auxietre

Hayoun Kwon (KR), geboren 1981, ist Multimedia-Künstlerin und Dokumentarfilmerin. 2011 absolvierte sie das Le Fresnoy – Studio national des arts contemporains. Sie lebt und arbeitet in Frankreich und Korea. Ihre Filme Village Model (2014) und 489 Years (2016) wurden mehrfach ausgezeichnet und auf verschiedenen Filmfestivals gezeigt. Die Reflexion über Identität und Grenzen steht im Mittelpunkt ihrer bisherigen Arbeiten. Sie hat sich insbesondere mit der Konstruktion historischer und individueller Erinnerung und deren ambivalenter Beziehung zu Realität und Fiktion beschäftigt.

Jury Statement

489 Years befindet sich in der entmilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea – ein gefährlicher Ort, der mit nicht kartierten Landminen gefüllt und vor der Medienberichterstattung verborgen ist. Dieses hochrelevante Thema wurde in der Zeit zwischen den Juryberatungen und der Gegenwart noch wichtiger. In diesem interaktiven VR-Stück nähert sich der Betrachter der DMZ, betritt sie und erlebt sie mit den Augen und Erinnerungen eines südkoreanischen Soldaten. Die Ich-Perspektive ist der Schlüssel zu den vereinnahmenden Qualitäten des Stücks und die VR-Technologie wird vom Künstler erfolgreich eingesetzt, um das Eintauchen in das Thema auf tief bewegende Weise zu fördern. Anstatt diesen Raum als reine Kriegszone zu betrachten, spricht der Erzähler über die erlösenden Qualitäten der Schönheit seines unberührten Naturzustandes. Indem er die Aufmerksamkeit auf die stille Kraft der Natur in der mit Landminen gefüllten DMZ lenkt, schafft Kwon eine Atmosphäre des Unbehagens für den Betrachter. Ihre poetische Annäherung an dieses schwierige Problem spiegelt eine surreale Atmosphäre wider, die dem aktuellen Stand der Dinge sehr nahe kommt. Die Jury war der Meinung, dass diese Erfahrung Menschlichkeit und Einfühlungsvermögen zu einem sehr sensiblen Thema bringt, das häufig missverstanden wird oder im politischen Diskurs verloren geht.