Honorary Mention
Warum nonvisual als Titel? „Mein Bild entsteht in einer für uns unsichtbaren Grauzone, wo Naturwissenschaft (Physik) auf Materie trifft. Um diese Begegnung ins Sichtbare zu übersetzen, brauche ich beides: Licht und die lichtbrechende Eigenschaft der Materie. Darüber hinaus entsteht in diesem flachen Objekt ein Raum, es schwingt etwas Virtuelles, Nicht-Fassbares mit, das, obwohl es „nicht da“ ist, den Eindruck realer Dimensionen hinterlässt.“ (Lisa Buttinger)
nonvisual-art ist ein Bild, das visuell gar nicht zu existieren scheint, bei genauer Betrachtung jedoch eine Zauberwelt darstellt: eine verborgene Welt, die erst durch Licht ans Licht kommt. Das Bild entsteht durch die Brechung des Lichts in der Oberfläche von Elementen aus Zellophanfolie und in in einem Kleber eingeschlossenen Luftbläschen. Die Positionierung dieser Elemente auf einem LED-Panel scheint zufällig zu erfolgen, ist aber genau berechnet und führt zu einem überraschenden Seherlebnis. Lisa Buttinger fordert die Physik hinter diesen banalen Alltagsabfällen heraus. Sie hat die lichtbrechenden Eigenschaften dieser Materialien experimentell erforscht und macht so quasi „die Naturwissenschaft“ zum bildnerischen Werkzeug. Dabei arbeitet sie mit unterschiedlichen Seh- und Wahrnehmungsmodi, die das unsichtbare Bild für die BetrachterInnen erst sichtbar machen: Ein Polarisationsfilter bricht das „Unsichtbare“ in Farben auf, und betrachtet man ihr Werk dann mit einer 3D-Brille, ergibt sich eine Raumstaffelung, die die BetrachterInnen förmlich einsaugt. Lisa Buttinger bringt ihre am Computer sorgfältig erstellten Zellophanfolien-Bilder nach einer ausgeklügelten Struktur auf ihrer Spielwiese, einem LED-Panel, an. Jede kleine Veränderung in der Positionierung auf der Fläche führt zu einer Veränderung des unsichtbaren Bildes: Sie baut sich ihre bunte Zauberwelt wortwörtlich zurecht. Ihre Arbeit ist im Unterrichtsfach Bildbearbeitung im Rahmen des Gestaltungsprojektes des 5. Jahrgangs 2017 entstanden und wird vor einem LED-Panel präsentiert. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema „Illusion“ in ihrer Diplomarbeit diente ihr als Grundlage für die künstlerische Arbeit.
Text: Tereza Szente
Credits
Foto: Ars Electronica / Martin Hieslmair
Lisa Maria Buttinger (AT), geboren 1997 in Braunau am Inn, besuchte von 2004 bis 2008 die Volksschule Schalchen, danach von 2008 bis 2012 das Gymnasium Braunau und schließlich die HBLA für künstlerische Gestaltung in Linz, die sie im April 2017 abgeschlossen hat. Im Rahmen eines Talentförderangebotes besuchte sie während der Schulzeit am Gymnasium die Schloss Traunsee Akademie. Im Rahmen eines Pflichtpraktikums arbeitete sie 2014 vier Wochen lang bei dem Unternehmen media.dot.
Jury Statement
Man kann nie wissen, woher die nächste bahnbrechende Idee kommt. Was wird den nächsten künstlerischen Trend auslösen? Und wo könnte dieser hinführen? Als der S+T+ARTS Prize Jury das Projekt nonvisual-art von der Wettbewerbskategorie „u19 – Create Your World“ vorgelegt wurde, war man war sich sofort einig, dass es einen Anerkennungspreis verdient. Es überzeugt durch Wissbegier und Forschungsdrang, die handgefertigte Ästhetik zeugt zugleich von akribischer Feinarbeit und spielerischer Offenheit. Lisa schuf nicht nur zauberhafte Bilder, sondern erfand auch ein neues Medium aus alltäglichen Materialien. Sie entwickelte mit ihrem theoretischen Kenntnissen aus den Naturwissenschaften ein künstlerisches Werkzeug, um neuartige Bilder von fast magischer Schönheit zu schaffen. Dieses Projekt ist ein wirklich gutes Beispiel dafür, wie künstlerische Forschung neue Ausdrucksformen, neue innovative Tools hervorbringen kann. Diese werden uns hier von einer sehr jungen Künstlerin vorgestellt, der es durch entsprechende Unterstützung ermöglicht wurde, ihrer Neugier nachzugehen und ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entwickeln.