Aakash Odedra / Lewis Major / Ars Electronica Futurelab / Tanzperformance

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Der britische Tänzer Aakash Odedra entwickelt gerade gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab ein neues Tanzprojekt, das seine Erfahrungen mit Legasthenie behandeln wird und eine Fülle an technologischen Gustostückerln beinhalten wird. Gemeinsam mit seinem Choreographen Lewis Major war Aakash im April in Linz, und es gab ein Zeit für ein Gespräch.

Aakash Odedra, Lewis Major, Roland Aigner und Florian Berger

Wie ist dieses Projekt, wie ist die Zusammenarbeit entstanden?

Aakash: Der Ursprung des Projekts liegt darin, dass ich etwas schaffen wollte, dass ganz nah an meinen Erfahrungen dran ist, an der Art und Weise, wie ich aufgewachsen bin. Für mich war Legasthenie anfangs ein sehr großer Nachteil, der sich dann allerdings als sehr großer Vorteil herausstellte, weil mein Desinteresse an Schule beziehungsweise dem englischen Schulsystem mich dazu brachte, mich in andere Richtungen umzuschauen. Meine einzige Möglichkeit, mich auszudrücken, war durch Kreativität, durch Tanz.

Deswegen dachte ich mir, dass es interessant sei, Legasthenie und Tanz zu verbinden, und auch die Fehlinterpretationen beider Gebiete zu thematisieren, den Humor, etc. Deswegen habe ich mich mit Lewis Major, dem Co-Produzenten der Show, zusammengetan, um zu schauen, wo der Weg hinführt.

Eine Sache, die mich von Anfang an beeindruckte, war die künstlerische Kreativität der Ars Electronica, vor allem für eine Organisation, die Forschung und Entwicklung betreibt. Tanz und Technologie zu kombinieren klingt sehr spannend.

Das hat auch damit zu tun, dass heutzutage nicht mehr so viele Leute ins Theater gehen, um sich Produktionen anzusehen, sondern viel lieber mit PSPs oder was auch immer auf der Couch sitzen und zu Hause spielen. Deswegen finde ich es spannend, etwas zu schaffen, dass viele verschiedene Leute anspricht.

Lewis: Der Ursprung der Kooperation liegt bei Klaus Obermaier, der 2012 sein Stück „Apparation“ beim Dublin Dance Festival präsentierte. Wir beschlossen, nach Linz zu reisen, zum Festival 2012, um uns schlau zu machen, was die Ars Electronica so macht und wie es mit unserem Projekt zu kombinieren wäre.

Aakash: Wir waren sehr beeindruckt vom Museum. Es war toll, denn wir hatten viele Ideen, als wir nach Linz kamen, und es kam zu fruchtbaren Diskussionen. Eine Idee führte zur nächsten, und irgendwann stellte sich ein Schneeballeffekt ein, die Ideen wurden immer größer und größer. Plötzlich hatten wir mögliche Möglichkeiten, in welche Richtung das Projekt gehen könnte. Es war so, dass wir keine Idee sofort wieder fallen ließen, vielmehr war es so, dass wir einfach sehr, sehr viele verschiedene Dinge ausprobierten, und die meisten Ideen haben sehr gut funktioniert.

Lewis: Und wir hatten ziemlich verrückte Ideen.

Aakash: Ja. Wir wollten etwas in 3d, aber etwas, das um dich umgibt, etwas das physisch präsent ist im Raum. Zunächst griffen wir die Idee einer Nebelmaschine auf, so dass ich durch Nebel gehen konnte, der im Raum vorhanden ist, aber logistische und praktische Bedenken ließen den Einsat nicht zu, aber wir haben es probiert. Wir waren in Prag, haben uns die Maschine angeschaut, haben sie getestet, und das wiedrum brachte uns auf neue Ideen, diesen Papiersturm zum Beispiel, die Idee, physische Objekte in ihrer einfachsten Form um dich herum zu haben.

Also sucht ihr nach Interaktion mit eurer Umgebung? Ihr verwendet analoge und digitale Technologie, was dürfen wir uns von der Show erwarten?

Lewis: Ursprünglich dachten wir nur über digitale Medien nach, stereoskopische Projektionen, Lightmotion, solche Dinge. Aber irgendwann bogen wir dann ab in Richtung dieser analogen Ideen, mit Ventilatoren, fallendem Papier, dem Papierwerfer, den wir hier aufgebaut haben, all diese Dinge werden mit digitalen Spielereien kombiniert. Ich glaube nicht, dass wir darüber nachgedacht haben, wie das Set aussehen könnte. Aber all diese Dinge passen sehr gut mit dem Tanz und den digitalen Technologien zusammen.

Aakash: Es ist fast so, als würden hier zwei Welten zusammenkommen. Durch den ganzen Entwicklungs- und Forschungsprozess, und auch durch das Eliminieren von Ideen, wo wir feststellen, dass manche Dinge nicht funktionieren, so wie der Nebelwerfer zum Beispiel, dadurch denken wir uns: Ok, wie können wir etwas in seiner simpelsten Form zeigen, und schon hatten wir die Idee für die fallenden Papierblätter. Wir haben im Studio herumgespielt, wir haben an verschiedenen Varianten von fallendem Papier gearbeitet, bis uns die Frage in den Sinn kam: Wie schaffen wir es überhaupt, das Papier zum Fallen zu bringen? Und so entwarfen wir einfach eine neue Maschine.

Dann war freilich die nächste Frage, wie wir das Papier überhaupt bewegen, also hatten wir die Idee für einen Papiersturm, das wiederum führte zur Integration der Ventilatoren, was wiederum die Frage aufwarf, wie wir das Umdrehungstempo steuern können, und jetzt sind die Ventilatoren per DMX-Kabel mit der Steuerungseinheit verbunden.

Lewis: Das Großartige an dieser Kooperation ist, dass wir einfach ständig Fragen stellen und die Ars Electronica ziemlich verblüffende Antworten liefern, an die wir niemals gedacht hätten.

Aakash: Das ist auf jeden Fall das Spannende an der Sache, das hin- und herschupfen von Ideen, die immer besser werden. Oft passiert es, dass wir mit einem völlig anderen Konzept dastehen, das sich stark von der ursprünglichen Idee unterscheidet.

Lewis: Die Ars Electronica hat nie “Nein” gesagt, egal wie verrückt eine Idee war, sie haben immer eine Lösung gefunden, großartig!

Wie beeinflusst die Technologie den Tanz, und vice versa?

Aakash: Wir sind mit mit offenen Augen und Ohren in dieses Projekt gegangen. Tanzen, also, das reine Tanzen, das, was wir selbst machen können, das ist etwas, das wir in jeder Umgebung machen können. Und genau um diese Umgebung geht es, wir wollen sie aufsaugen, so dass es zu einer echten Kollaboration kommt. Es läuft wahrscheinlich auf 50:50 hinaus, in der aktuellen Phase des Projekts ist die Interaktion sehr wichtig.
Und natürlich improvisieren wir innerhalb der Strukturen, und kommen drauf, dass beispielsweise nur Tanz funktioniert, oder Tanz mit ganz wenig Technologie, aber wir bemühen uns, es bei 50:50 zu halten.

Lewis: Es ist ein sehr interessanter Prozess. Die Technologie entwickelt sich recht schnell, und es ist ist sehr einfach, die Parameter zu verändern, wenn etwas funktioniert, also haben wir eigentlich gar nicht so viel Zeit, um Tanzroutinen zu entwickeln. Es gab viel Improvisation, aber hauptsächlich aus der Notwendigkeit heraus.

Einer der Stolpersteine bisher war die Zeit, dass wir nicht genug Zeit hatten, um Bewegungsmuster im Detail zu entwickeln, das würden wir normalerweise machen, aber weil wir schließlich mit der Technologie experimentieren wollen, wäre es nicht besonders klever, sich ausschließlich auf den Tanz zu konzentrieren und die Technologie im Studio zu ignorieren.

Aakash: Wir loten aus, was wir in dieser Technologieumgebung tun können. Oft improvisieren wir, um zu sehen, wo die Reise hingehen könnte.

Also könnte man sagen, dass jetzt an der Umgebung, an der Bühne des Projekts gearbeitet wird?

Lewis: Es hat jetzt viel mit der konzeptuellen Idee des Stücks zu tun, und wohin es gehen könnte. Das optische Element liegt auf der Hand, wir tüfteln daran, wie es aussehen könnte, um unsere ursprünglichen Ideen transportieren zu können. Wir konzentrieren uns auf Aakashs Erfahrungen mit Legasthenie, alles konzentriert sich darauf, die optische Komponente darf nicht nur Zuckerguss sein.

Aakash: Was für mich persönlich natürlich auch sehr interessant ist: All diese Dinge kommen zu mir zurück, meine Erfahrungen stehen natürlich am Anfang, aber das Ganze hört nicht mit meinen Erfahrungen auf. Die Leute sollen, das Publikum soll Legasthenie fühlen, es sollte möglich sein, sie zu verstehen, in ihrer Einfachheit.

Lewis: Wir reden immer über das menschliche Element.

Was sind die nächsten Schritte?

Lewis: Wir werden noch eine R&D-Session brauchen (grinst). Und zwar eine recht lange. Wir wollen etwas schaffen, das wirklich berührt, das wirklich menschlich ist, wir werden noch einiges an Forschung und Entwicklung brauchen, bevor wir überhaupt mit dem kreativen Prozess an sich anfangen können, mit den Proben und mit der Performance.

Aakash: Es gibt also noch einiges zu tun.

Lewis: Mir ist auch gerade eingefallen, dass wir bisher ja eigentlich nur 5 oder 6 Tage im Studio hatten, das ist gerade mal genug, um einen Vorgeschmack zu bekommen.

Aakash: Die Zeit im Studio war aufgeteilt, wir hatten zunächst 3 Tage, dann eine Pause, jetzt sind wir wieder hier. Aber was wir jetzt tun müssen, ist herauszufinden, was uns näher an die Essenz des Themas bringt, uns auf diese Dinge konzentrieren, und dann alle unnötigen Teile und Teilchen hinausfilten. Das wird sehr viel Interaktion zwischen uns und der Ars Electronica benötigen.

Das heißt, jetzt wird einmal die Farbpalette befüllt?

Lewis: Genau. Wir haben einen Wald voller Ideen und müssen aus ihm einen Zahnstocher formen.

Wie dieser Zahnstocher aussehen wird und wie sich das Projekt entwickelt, das wird man in kommenden Blogposts erfahren.