Update WIR SIND HIER – Wo sind wir?

WIR SIND HIER – Immersion – by Laura Zidda and Elisa de Paolis,

Für das Kunstprojekt WIR SIND HIER (Opening Festival Ars Electronica 2013) erklärt David Dorrell, warum unsere heutige Welt ein düsterer Ort ist und wie es überhaupt so weit kommen konnte.

Schon in der Diagnose des Hier und Jetzt verbreitet David Dorrell einen gehörigen Schrecken. Verwunderlich hierbei: Es gelingt ihm mit einer einfachen Aufzählung aktueller sozialer, ökonomischer und politischer Entwicklungen. Ob wachsender Nationalismus, verheerende Arbeitslosigkeit oder der Abbau der sozialen Infrastruktur in Europa oder die weltweit eingesetzten Überwachungstechniken, Drohnenangriffe und die spürbare Rückkehr zu autoritären Regierungsformen – in was für einer dystopischen Welt sind wir denn da angekommen?

Von dieser Basis aus entdeckt Dorrell zielgenau die historischen Linien, aus denen sich die heute bestimmenden Geflechte aus Regierung, Militär, Geheimdienst und beteiligten Großunternehmen gebildet haben. Geflechte übrigens, die dem Einzelnen ein Ohnmachtsgefühl vermitteln und so den Glauben an eine gestaltbare Zukunft schwächen. Dorrell verortet den Punkt, an dem sich Vergangenes und Zukünftiges getroffen haben, bei den Terroranschlägen vom 11. September. Ab diesem Zeitpunkt ist Geschichte nichts gestaltbares mehr, sondern etwas, das einem passiert, das einen einholt. Und die Folgen (Errichtung des Foltergefängnisses Guantanamo Bay, der Krieg in Afghanistan, institutionalisierte Überwachung) waren entsprechend bekannt aus dem Mittelalter.

Das Bemerkenswerte an dem Artikel ist die ungewöhnliche Kombination an Quellen, aus denen sich Dorrells prägnante Analyse speist. So zeichnet er neben den relevanten Wandlungen in der Geschichte auch die Entwicklungen im Genre der Science Fiction nach. Damit gelingt ihm der Nachweis, dass viele Werke in diesem Bereich nahezu prophetisch die zweifelhaften Prozesse in den Feldern Überwachung und Zensur beschreiben, wobei aber auch unsere eigene Verantwortung, unsere eigene Verführbarkeit in der digitalen Welt, nicht übersehen wird. Natürlich bieten die zahlreichen popkulturellen Referenzen wie z.B. zu The Matrix, Robocop, Running Man oder Enemy of the State gehörig Spaß, folgen aber erfreulicherweise keinem Selbstzweck, sondern dienen immer als Belegstelle (entweder themenspezifisch oder für die popkulturelle Wandlung selbst).

Wer sich also einen detaillierten, aktuellen und spannenden Überblick über die Position des Individuums in unserer Zeit, Politik und Kultur verschaffen will, der besucht diesen Ort:

http://www.wir-sind-hier.org/blog/toward-the-matrix/

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