Cosmopolitan Chicken Project – CyberArts 2013

cosmopolitan_chicken,

Das Cosmopolitan Chicken Project von Koen Vanmechelen wird eine zentrale Rolle der CyberArts 2013 spielen. Er möchte ein internationales Huhn züchten, in dem Genstränge von allen Hühnerrassen zusammengefasst werden, und erschafft damit eine Metapher für die menschliche Gesellschaft. Was in Linz zu sehen sein wird, das erzählt Koen im Interview.

Was können wir vom Cosmopolitan Chicken Project in Linz erwarten?

Ich baue eine Installation, die sich mit der letzten Generation der Hühner beschäftigt, mit dem Mechelse Styrian, so dass das Publikum das Tier sehen kann. Ich werde ein Huhn nach Linz mitnehmen, das Publikum wird mit der aktuellen Generation konfrontiert, umgeben von einem kompletten Stammbaum aller Generationen davor, inklusive Reisepässe, man wird eine umfassende Bibliothek des Cosmopolitan Chicken sehen.

Bis jetzt gibt es 17 Generationen, die letzte Generation wurde in Ljubljana geboren, was nett ist, denn jetzt wird das Huhn in Linz sein, also es zeigt schon den nächsten Schritt, den reisenden Kosmopoliten.

Ich bin wirklich sehr froh, dass ich eine gewisse Bibliothek zeigen kann, das ist ein Punkt, eine Biobibliothek, aber man kann sich auch die intellektuelle Bibliothek anschauen. Mehr als 5 Jahre haben wir jetzt genetische Forschung betrieben, und wir werden diese Forschung präsentieren, Videos mit Treffen mit WissenschaftlerInnen, wo wir das Immunsystem der Hühner überwachen, wo wir forschen.

Das ist sehr wichtig, denn nach 5-jähriger Forschung im Bereich Diversität, Immunität, Fruchtbarkeit können die Wissenschaftler zeigen, dass die Vielfalt enorm gestiegen ist. Und darüber bin ich sehr glücklich, schließlich basiert meine Arbeit von einem philosophischen Blickpunkt aus auf Biodiversität. Wenn wir Dinge verbinden, werden wir reicher an Wissen, wir entdecken neue Dinge, neue Kombinationen, und die Wissenschaftler können das bestätigen.

Das ist großartig. Auch werden die Hühner immer “besser”, ihre Immunität hat sich verdoppelt, die Hühner werden kräftiger, robuster, ich habe Hühner, die bis zu 14 Jahre alt werden, mit reinen Rassen sind es vielleicht 4 oder 5 Jahre, diese Zahlen sind schon beeindruckend.

Zu Beginn hatten wir eine Fruchtbarkeitsrate von 30%, jetzt sind es 92%, das ist ein riesiger Unterschied. Aber natürlich fokusieren wir uns nicht auf Konsum.

Das Publikum wird mit der Skulptur konfrontiert werden, mit dem “Natürlichen Wissen”, welches eine Kombination aller veröffentlichten Bücher zum Thema Immunität, Fruchtbarkeit und Diversität ist, und ich werde dieses Wissen mit der Charta der Menschenrechte verbinden. Man wird also eine Kombination zwischen den Menschenrechten und dem Cosmopolitan Chicken Project erleben.

Ich glaube, dass dieses Werk zentral sein wird für die Ausstellung, man wird eine Bibliothek des Wissens, der Wissenschaft, der Kultur entdecken und mit dem lebenden Tier konfrontiert werden.

Das Huhn wird also in der Ausstellung leben?

Ja, genau, und zwar für die Dauer der Ausstellung, also 14 Tage. Dann wird das Huhn weiterreisen.

Und natürlich ist das Huhn nur der Startschuss für die Diskussion über die großen Themen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen. Es ist eine sehr simple Idee.

Wenn ich Vorträge halte und über das Cosmopolitan Chicken Project zu sprechen beginne, wenn ich die Bilder zeige, dann beginnen erstmals alle zu lachen, aber nach ein paar Minuten merken die Leute, dass es hier um mehr geht. Für mich ist sehr wichtig, dass ich am Anfang des Projekts nicht das Huhn gesehen habe, sondern die starke Idee dahinter. Wenn man einmal entdeckt, dass es nur ein Huhn auf der Welt gibt, und dass dieses Huhn auf Grund menschlicher Interessen durch die ganze Welt gereist ist und dass jedes Huhn mit der Geschichte eines Landes, einer Kultur verknüpft ist, dann versteht man, dass es eigentlich eine Skulptur ist, die alle Kulturen der Welt in sich trägt.

Die Franzosen haben Hühner gezüchtet, die wie die französische Flagge aussehen, die Chinesen produzieren Seide, also haben sie Hühner mit langem Haar. Die Hühner sind direkt mit der Kultur verbunden, die Amerikaner beispielsweise züchten die größten Hühner der Welt. All diese Dinge sind kulturelle Übersetzungen, wir schaffen ein Spiegelbild unserer selbst, und was wir mit Hühner teilen, ist, dass wir sehr erfolgreich sind, uns sehr gut an unsere Umgebung adaptieren können, auch wenn wir natürlich noch nicht wissen, wie lange das gut geht. Das Huhn macht das selbe, man kann zum Nordpol reisen und Hühner finden, aber es ist weiterhin lediglich ein Huhn, es bleibt ein Huhn. Egal wie man über Menschen spricht, es sind immer nur Menschen.

Es gibt viele Leute, die glauben, dass man über verschiedene Dinge spricht, wenn man über Afrikaner oder Asiaten spricht, aber das stimmt natürlich nicht.

Das ist das, was ich an diesem Projekt schätze, es bietet einen Blickwinkel auf uns, darauf, wer wir sind. Diese Hühner, egal, was wir mit ihnen anstellen, sind einen Abdruck unserer Ideen, aber sie bleiben gleichzeitig auch Hühner.

Wenn man über Rassen spricht, über die Menschheit als Rasse, über Hühner als Rasse, über all die anderen Gruppen, all die Gruppen, die in der Umwelt geschaffen wurden, dann ist das eine sehr starke Metapher.

Wenn man über dieses Projekt spricht, dann spricht man über Globalisierung, Multikulti, Klonen, Genetik, man kann sehr weit ausholen und sehr weit in die Tiefe gehen.
Die Kombination der Dinge, der Hühner, all der Dinge, die wir in unserer Welt haben, ich glaube fest daran, dass diese Kombinationen der Schlüssel sind. Wenn man bedenkt, wie unser Körper aufgebaut ist, dass die linke Hälfte des Gehirns die rechte Seite des Körpers steuert und vice-versa, dieses Überkreuzen, wäre ich ein Erfinder, würde ich niemals daran denken. Man ist in sich selbst schon eine Überschneidung. Wenn mich jemand damit beauftragen würde, einen Menschen zu bauen, wäre er sehr simpel aufgebaut, links-links, rechts-rechts, aber so ist es eben nicht.

Die Evolution wird weiterhin verschiedene Spezies, verschiedene Rassen kreuzen.

Um auf Linz zurückzukommen, habe ich eine letzte Frage: Wie groß ist der österreichische Anteil im Genom der aktuellen Generation des Cosmopolitan Chicken Projects?

Das ist wirklich schwierig zu sagen, ich warte immer noch auf eine Einladung, um meine Hühner mit österreichischen Hühnern kreuzen zu können. Das Huhn in der Ausstellung wird also womöglich ein wenig unterwegs sein, an Türen klopfen und nach Möglichkeiten fragen.

Ab 5. September ist das Cosmopolitan Chicken Project als Teil der CyberArts 2013 – Ausstellung im OK Offenes Kulturhaus im OÖ Kulturquartier zu sehen, die weiteren Projekte finden Sie unter ars.electronica.art/totalrecall.

,