Ein künstlerischer Rahmen für wissenschaftliche Visualisierungen

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Im Dezember 2014 setzte Zachary Lieberman seine Residency und sein Projekt am The Cube an der Queensland University of Technology (QUT) im Rahmen des Residency Programms TRANSMIT³ fort.

Während seiner Residency machte Zachary eine Reihe von Experimenten am The Cube. In seinem Projekt geht es nun darum, wissenschaftliche Inhalte auf der enorm großen Leinwand des The Cube darzustellen. Mithilfe eines bestimmten Mechanismus sollen Besucherinnen und Besucher das Bild auf der virtuellen Wand heran- oder herauszoomen können. Zachary arbeitet bei diesem Projekt eng mit Studierenden der QUT zusammen, für die er auch Mentor ist.

In diesem Interview sprechen er und Lubi Thomas, Senior Curator am The Cube, über die nächsten Schritte in diesem Projekt.

Wie ist es, wieder zurück in Brisbane zu sein?

Zachary Lieberman: Es ist großartig wieder hier zu sein und endlich meine Ideen und Entwürfe an der virtuellen Wand auszutesten und damit herumzuspielen, um ein Gefühl für die Infrastruktur zu bekommen. Es fühlt sich auch toll an, die Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder zu treffen und ihnen zu zeigen, worum es in diesem Projekt geht.

In unserem letzten Gespräch haben wir über die Idee gesprochen, etwas Mechanisches am The Cube zu integrieren, mit dem Besucherinnen und Besucher interagieren können…

Zachary Lieberman: Ja, ich habe mich für ein Handrad entschieden, das im Grunde eine Art mittelgroßes Rädchen mit einer Kurbel ist. Wenn das Rad gedreht wird, zoomt man auf der virtuellen Wand entweder hinein oder hinaus. Es erfordert also eine echte physische Bewegung und das ist das Gegenteil zu den kleinen Fingerbewegungen auf einem Touchpad oder Smartphone. Man muss eine große, bewusste Bewegung machen. Ich mag dieses Werkzeug wirklich gerne, weil es auch relativ schwer zu drehen ist, was bedeutet, dass man wirklich fühlt, was man tut.

IMG_20141204_225001_1000x500Wo wird das Rad aufgebaut sein?

Zachary Lieberman: Wir werden ein Podium bauen, auf dem sich das Handrad und ein iPad befinden werden. Das iPad wird Informationen über Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen. Während des Zoomvorgangs wird es dann auf dem iPad nähere Informationen zu dem betrachteten Bild auf der Leinwand geben, um inhaltlich mehr über die wissenschaftliche Arbeit der betreffenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erfahren.

Zuerst habe ich befürchtet, dass das Handrad vor dem The Cube zu klein sein könnte, weil dieser so mächtig ist, aber der erste Prototyp fühlt sich in dieser Umgebung sehr gut an. Wir haben ihn an verschiedenen Stellen platziert und uns dabei gegenseitig beobachtet, wie wir darauf reagieren. Und wir haben eigentlich alle ein gutes Gefühl bei der Sache. Wir sind alle mehr als zufrieden, wie es sich anfühlt mit diesem Rad zu zoomen. Das mechanische Problem ist somit fast gelöst. Wir müssen noch etwas an den technischen Aspekten arbeiten, zum Beispiel wie die Daten vom Handrad zum Computer und auf den The Cube übertragen werden können, welche Sensoren wir dabei verwenden und wie wir diese dann mit dem Handrad verbinden.

Lubi Thomas: Ich finde es auch großartig! Die Kurbel an dem Handrad erinnert mich an die Mechanismen die es auch an diesen riesigen Mikroskopen und Teleskopen gibt. Im Grunde genommen ist es eigentlich das Gleiche, was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, wie lange es solche Mechanismen schon gibt.

Zachary Lieberman: Die Kamera arbeitet mit einem sogenannten Punktfokus. Das heißt, man kann das Bild ziehen und drehen und somit die unterschiedlichsten Dinge am Bild fokussieren. Dieses einfache Verfahren wird heute oft angewandt.

Ich möchte die Dinge so einfach wie möglich halten.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, um mit dem The Cube System zu interagieren: es gibt Touchscreens, Kinects und alle diese Möglichkeiten virtuell etwas Neues auszugestalten. Aber, wenn man sich die Interaktion mit diesen Dingen ansieht, ist das alles eigentlich viel zu kompliziert. Das Handrad hingegen hat kein kompliziertes System, bei dem man lange braucht, um überhaupt zu verstehen, wie man damit umgeht, sondern es kann intuitiv verstanden werden. Man versteht sofort, dass man damit zoomen kann, wenn man an dem Rad dreht. Das ist es, was ich daran mag. Wir leben in einer Welt, mit vielen virtuellen Schnittstellen, die jede Menge Knöpfe und Möglichkeiten haben. Deshalb ist es heutzutage besonders wichtig, mit einfachen, physikalischen Wechselwirkungen zu arbeiten.

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Die nächste Frage bezieht sich auf eine weitere Herausforderung, über die wir letztes Mal gesprochen haben: Hast du schon eine Idee, wie du das Problem mit der Größe und der Geschwindigkeit des Zooms bewältigen kannst?

Zachary Lieberman: Daran arbeite ich gerade noch, aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir das auch noch hinbekommen. Ich weiß ja, dass manchen Menschen schwindlig geworden ist, durch die schnellen Bildbewegungen auf der riesigen Wand des Cubes. Das ist, glaube ich, die Kamerabewegungen, die dieses Problem hervorruft. Der Hauptgrund, warum einem schwindlig oder schlecht wird, ist ja, dass die Augen eine Bewegung wahrnehmen und das Innenohr, in dem sich das Gleichgewichtsorgan befindet, keine wahrnimmt. Schnelle und plötzliche Bewegungen auf der Leinwand sollten wir also demzufolge vermeiden.

Ein Teil deiner Residency umfasst auch die Zusammenarbeit mit Studierenden. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Zachary Lieberman: Die Studierenden haben schon eine tolle Arbeit geleistet. Sie haben die ganzen Daten und Informationen von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gesammelt. Sie haben mit Forscherinnen und Forschern Gespräche geführt, Daten zusammengetragen und herausgefiltert welche Forschungsschwerpunkte sie haben. Ich glaube, für viele von ihnen war es großartig mehr darüber zu erfahren, woran genau an der Universität eigentlich gearbeitet wird. Und ich bin auch super erfreut über das Material, das sie gesammelt haben.

Aber wir arbeiten nicht nur mit Studierenden zusammen. Wir vergeben auch Micro-Aufträge an Künstlerinnen und Künstler, bei denen wir glauben, dass sie gut zu unserer Forschung passen. Sie werden dann mit jeweils einer Wissenschaftlerin oder einem Wissenschaftler zusammengebracht, um gemeinsam Visualisierungen für The Cube zu machen.

Lubi Thomas: Das ist wirklich toll. Viele unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind begeistert seit Zachs Vortrag. Ich mag die Vorstellung, dass das gesamte Projekt jetzt zu einer Art Community wird. Zach, du bildest eine Community um ein einziges Projekt herum und du verlinkst Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler miteinander, die sich zuvor nicht gekannt haben.

Zachary Lieberman: Ich glaube, es gibt Kunstprojekte, bei denen es um die Geschichte geht, die der Künstler oder die Künstlerin erzählen will und dann gibt es noch Kunstprojekte, die eben mehr Systemgesteuert sind. Hier, in diesem Fall ist das Projekt wirklich systemorientiert und wir brauchen Menschen, damit es funktioniert. Dieses Projekt verlangt nach Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und anderen Künstlerinnen und Künstlern. Und ich liebe das! Es ist, als hätten wir eine große Party.

Gibt es denn bereits einen Plan, welche wissenschaftlichen Inhalte dann am The Cube gezeigt werden?

Zachary Lieberman: Wir haben auf jeden Fall eine kurze Liste mit möglichen Inhalten, aber die exakten zehn haben wir noch nicht festgelegt. Aber es sind schon einige dabei, bei denen ich mir ganz sicher bin, dass wir sie nehmen. Die Forscherinnen und Forscher, die an der Struktur von Materialien forschen, also zum Beispiel untersuchen, wie Graphen – das sind bienenwabenförmige Kohlenstoffatome – unter einem Elektronenmikroskop aussehen. Diese Art von unglaublichen Darstellungen suchen wir. Es gibt zum Beispiel auch einen Wissenschaftler, der sich auf das Drucken des menschlichen Körpers fokussiert hat. Er könnte die Zoomfunktion und die riesige Darstellung auf dem The Cube nutzen, um sich unterschiedliche Gewebsstrukturen anzusehen. Es gibt auch einen Künstler, der sich auf die Restauration der natürlichen Umwelt und Ökologie spezialisiert hat, der diese extrem großen Aufnahmen auch gut nützen könnte. Ich finde, wir haben eine sehr gute Liste. Sie ist noch nicht hundertprozentig fixiert, weil wir eine gute Mischung zwischen Forschungsfragen über den Makro- als auch den Mikrokosmos haben wollen.

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Zachary Lieberman ist Künstler, Forscher und Hacker, der neue Arten und Formen des Ausdrucks und Spiels untersucht. Er ist Co-Schöpfer von open Frameworks, einem open Source C++ Toolkit für kreatives Programmieren und unterrichtet an der Parsons School of Design, New York.