Im Jahr 2015 erhielt das britische Künstlerduo Semiconductor den Collide@CERN Ars Electronica Award, der im Rahmen des European Digital Art and Science Network verliehen wurde – eine internationale Initiative, die es KünstlerInnen ermöglicht, mehrere Wochen in Forschungseinrichtungen wie dem Kernforschungszentrum CERN und dem Ars Electronica Futurelab zu verbringen.
Bereits im Herbst 2015 startete das englische Künstlerduo Ruth Jarman und Joe Gerhardt ihre zweimonatige Residency bei CERN, der weltweit größten Forschungseinrichtung für Teilchenphysik in Genf. Für ihre Residency nahmen sich Jarman und Gerhardt vor, Impressionen und Geschichten zu sammeln, um diese schließlich in eine digitale Installation einfließen zu lassen, die sich mit der Beschaffenheit und unserer Wahrnehmung der Welt beschäftigt. Darüber hinaus stellen sie die Frage, wie wissenschaftliche Werkzeuge und Entdeckungen aus dem Bereich der Teilchenphysik unsere Wahrnehmung der Natur beeinflussen. Auf dem Ars Electronica Blog haben sie ihre Pläne für die Residency bereits skizziert und Monica Bello von arts@CERN sprach darüber, warum diese Residency eine einzigartige und spannende Möglichkeit für KünstlerInnen bietet. Hier präsentieren Ruth Jarman und Joe Gerhardt einen ersten visuellen Zwischenbericht ihrer Arbeit am CERN.
Ruth Jarman und Joe Gerhardt, das britische Künstlerduo ist unter dem Namen Semiconductor aktiv. Credit: Ars Electronica / Claudia Schnugg
Text von Ruth Jarman und Joe Gerhardt
Wir sind in der Mitte einer intensiven Reise am CERN, treffen dabei auf viele kluge Köpfe und sind Zeugen von einer unglaublichen Hingabe, Genauigkeit und Offenheit. Unsere Zeit hier ist kostbar und wir haben sämtliche Arten an Besuchen, Gesprächen und Interviews in diese Zeit gepresst, um schießlich zu sehen, wohin uns die Reise führt.
Die Antimaterie-Fabrik ist einer der ersten Eindrücke, denen Semiconductor bei ihrem ersten Besuch im CERN im Oktober 2015 begegnete. Credit: Ars Electronica / Claudia Schnugg
„Accelerating Science“, die Wissenschaft beschleunigen, das ist das Motto von CERN. Credit: Ars Electronica / Claudia Schnugg
Wer über CERN spricht, dem kommen viele Bilder von diesen Maschinen in den Kopf, die dazu gebaut wurden, um Partikel zu beschleunigen und aneinanderprallen zu lassen. Aber es gibt hier noch viel mehr zu sehen. Credit: Claudia Schnugg
Den Großteil unserer Zeit verbringen wir mit Gesprächen, die wir mit TheoretikerInnen führen, um in erster Linie nicht unbedingt Teilchenphysik zu lernen – obwohl das ein schönes Nebenprodukt ist. Es geht uns vielmehr darum, ein Gespür davon zu bekommen, welche Sprache hier gesprochen wird, wie die WissenschaftlerInnen darüber sprechen, was sie tun, wie es sich anhört und wie es funktioniert. Diese Gespräche treiben unsere Ideen, die wir gerade entwickeln, enorm voran.
Rolf-Dieter Heuer, Generaldirektor von CERN, spricht mit dem Künstlerduo, das zwei Monate lang an dieser wissenschaftlichen Einrichtung verbringen wird. Credit: Claudia Schnugg
Michael Doser, Experte für Elementarteilchenphysik am CERN, gibt einen Überblick zum Thema. Credit: Claudia Schnugg
Bilder und Illustrationen helfen – gemeinsam mit dem CERN-Physiker Peter Jenni – einen Hauch davon zu erfahren, welche Ziele CERN eigentlich verfolgt. Credit: Claudia Schnugg
Normalerweise, wenn wir uns als KünstlerInnen mit Technologie beschäftigen, versuchen wir darüber etwas herauszufinden, das fern unserer alltäglichen Wahrnehmung liegt. Aber hier kommt alles von den TheoretikerInnen – sie beschreiben die Dinge über die Quantenwelt und lassen unsere Vorstellungen der Wirklichkeit zerbrechen.
Ja, im CERN gibt es Tafeln und der Kosmologe Daniel Figueroa verwendet sie, um zu illustrieren, worüber er spricht. Credit: Claudia Schnugg
Forschung innerhalb der Forschung – das Bild zeigt Joe Gerhardt und Ruth Jarman gemeinsam mit CERN-Physiker Peter Jenni. Credit: Claudia Schnugg
Erster Besuch beim CERN – mit Monica Bello (Leiterin von Arts@CERN), Peter Jenni (Physiker im CERN), Ruth Jarman und Joe Gerhardt (Semiconductor) und Claudia Schnugg (Ars Electronica Futurelab) vor dem ATLAS-Experiment. Credit: Julian Calo
Wir haben erkannt, dass die TheoretikerInnen Zugang haben zu einer Art von erweiterten Realität – durch ihre Modelle, die sie schaffen, und die Mathematik, die sie anwenden.
Einer der spannendsten Schätze befindet sich eingesperrt in den Archiven von CERN. Joe Gerhardt und CERN-Archivarin Anita überprüfen sogenannte Bubble Chamber Films. Credit: Semiconductor
Was könnte das sein? Credit: Semiconductor
Seit seinem Bestehen geht es bei CERN stets darum, Daten aufzuzeichnen, zu speichern und zu analysieren. Credit: Semiconductor
Wir sind sehr daran interessiert, diese Reise fortzusetzen und mehr über die theoretische Physik zu erfahren, aber momentan geht es uns vor allem darum, mehr von der Wirklichkeit zu erfahren. Abgesehen von der Komplexität der Quanten, mit der wir uns eingehend befassen, sind es auch andere Bereiche von CERN, die für uns sehr spannend sind. Und das sind wirklich viele.
Jedes Ding hat eine Nummer in CERN – und einen Zweck. Credit: Semiconductor
In den 1950er Jahren erhielt die Wissenschaftlerin Maria Fidecaro ein Stipendium von CERN and arbeitete schließlich bei CERN bis 2012. Nach über 60 Arbeitsjahren ist sie immer noch im CERN anzutreffen. Credit: Semiconductor
Wissenschaftler Davide Tommasini hilft Semiconductor, Supraleiter zu verstehen. Credit: Semiconductor
Wir sind sehr stark daran interessiert, wie wir die materielle Natur der Teilchenphysik durch die Brille von Wissenschaft und Technologie wahrnehmen, und das bedeutete für uns, dass wir bis zum Grund vordringen müssen, wenn Experimente erfasst werden, wie dies geschieht, welche Materialien dabei involviert sind, wie die Daten aufgezeichnet werden, wie sie analyisiert werden…
Jedes CERN braucht seine Großmagnetenanlage (Large Magnet Facility). Credit: Semiconductor
Bâtiment 51. R-002. Der Denkraum von Semiconductor am CERN. Credit: Semiconductor
Luis Alvarez-Gaume ist der wissenschaftliche Partner bei CERN für das Künstlerduo. Credit: Semiconductor
Eines der erstaunlichsten Dinge über CERN ist seine faszinierende Geschichte, beinahe all diese Dinge sind vor Ort entwickelt worden, und man findet immer noch die Menschen, die dafür zuständig und durchaus bereit sind, ihre Geschichten mit uns zu teilen.
862. Nicht mehr, nicht weniger. Credit: Semiconductor
So sieht ein theoretischer Physiker am CERN aus. Credit: Semiconductor
Eine Blaupause eines Magneten am CERN. Credit: Semiconductor
Es ist eine einzigartige hermetische Umgebung, ein positives modellhaftes Beispiel davon, wie Menschen gemeinsam zusammenarbeiten, um bemerkenswerte Dinge zu erreichen. Wir haben mit ExperimentatorInnen gesprochen, mit SoftwareentwicklerInnen, HardwareherstellerInnen, ProgrammiererInnen, MagnetexpertInnen, ArchivarInnen. Wir haben Workshops besucht, Anti-Materie-Fabriken, Kontrollräume, Magnetanlagen und Tunnelnetzwerke.
So sieht ein „Particle Shower“ aus. Credit: Semiconductor
Beim Entdecken der kleinsten Teilchen des Universums. Credit: Semiconductor
Wir haben auch damit begonnen, einige der Prozesse, die wir beobachten konnten, zu filmen und experimentieren mit verschiedenen Wegen, visuell die einzigartige Sprache der Wissenschaft am CERN zu erkunden.
Ruth Jarman und Joe Gerhardt während ihrer Residency am CERN. Credit: Julian Calo
Ansichten aus CERN von Semiconductor. Credit: Semiconductor
Teilchenbilder. Credit: Semiconductor
Particle properties. Credit: Semiconductor
Ruth Jarman bei ihrer Arbeit am CERN. 2016 werden Semiconductor ihre Residency am Ars Electronica Futurelab in Linz fortsetzen. Das daraus entstehende Kunstwerk wird beim Ars Electronica Festival 2016 zu sehen sein. Credit: Semiconductor