„Mit der Elektronik ist ein progressives Element in unsere technische Welt gekommen, dessen Einfluß sich nicht auf Industrie und Forschung beschränkt, sondern in alle Lebensbereiche eingreift. Damit ist eine Entwicklung in Gang gekommen, die erstaunliche und phantastische Aspekte eröffnet, in anderen Belangen aber auch Kritik und Skepsis hervorruft.“
Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter der Ars Electronica, 18.7.2022
Mit diesen Worten begann Herbert W. Franke den Einleitungstext zum ersten Ars Electronica Festival 1979. Ein Text bei dem man nur das Wort „Elektronik“ mit einem zeitgemäßen aktuellen Schlagwort wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder ähnlichem ersetzten braucht und schon ist der Text nach 43 Jahren wieder top-aktuell. Viel wird aus dem traurigen Anlass seines Ablebens nun über den Pionier Franke geschrieben, aber man kann die visionäre Kraft von Herbert W. Franke kaum besser beschreiben als mit diesen, seinen eigenen Worten. Gemeinsam mit Hannes Leopoldseder, Hubert Bognermayr und Ulli Rützel hat er 1979 die Grundlagen von Ars Electronica geschaffen und mit der Vision einer konsequenten Verbindung von Kunst, Technologie und Gesellschaft ein zeitlos relevantes Modell für die Bewältigung der sich ständig neu stellenden Herausforderung der Gestaltung der Zukunft formuliert. Wir werden nicht nur seine ständige Neugierde, seinen unbändigen Entdeckungsdrang, seinen Mut, Dinge zu verbinden und Grenzen zu überschreiten vermissen, sondern auch seine kritische Stimme gegen oberflächliche Trends und Moden, die den eigentlichen Tiefen all dessen was er mit Wissenschaft und Kunst zu erkennen und zu gestalten wusste, nicht gerecht werden.
Es war Ende der 1970er Jahre als Herbert W. Franke an der Entstehung der Ars Electronica andockte – noch ohne selbst zu wissen, für den Beginn einer langen Reise verantwortlich zu sein. Bei seiner Recherche nach Experten im Bereich Mikroelektronik und Kunst stieß ein weiterer Mitbegründer, Hannes Leopoldseder, auf zwei seiner Bücher, die ihn so faszinierten, dass sich beide wenig später persönlich trafen und gemeinsam mit Hubert Bognermayr und Ulli Rützel im Jahr 1979 das erste Ars Electronica Festival ins Leben riefen.
„Ars Electronica ist nicht das Ergebnis einer vergangenen Entwicklung, sondern ein Zeichen für neue Entwicklungen und für die Diskussionen, die sich hoffentlich anschließen werden, bevor die Chancen für ein Eingreifen verpasst werden.“
Herbert W. Franke, Vorwort des Buchs „Ars Electronica: Facing the Future“ 1999
Die Vision von Herbert W. Franke ist heute Realität geworden und immer noch ein wesentliches Element eines jeden einzelnen Festivals. Seine geplante Ausstellung „Ars ex Machina“ im Künstlerhaus Wien wurde zwar nicht Realität, das gemeinschaftliche und seit 1979 andauernde Projekt „Ars Electronica“ jedoch schon.
Herbert W. Franke hat nicht nur Physik, Mathematik, Chemie, Psychologie und Philosophie an der Universität Wien studiert, war Autor zahlreicher Science-Fiction-Romane und begeisterter Höhlenforscher. Computerkunst faszinierte ihn schon in den Anfangsjahren, als Computer zum ersten Mal dazu verwendet wurden, Bilder zu kreieren. So schuf er auch selbst eigene Computergrafiken und hat sich über die Beschäftigung mit „digitalen Bildern“ den beiden Feldern Kunst und Wissenschaft immer weiter angenähert.
Beim Ars Electronica History Summit, der im Jahr 2019 beim 40-jährigen Jubiläum der Ars Electronica in Linz stattfand, hat Herbert W. Franke selbst noch einmal von der Verbindung dieser beiden Welten erzählt:
„[Der Sinn ist] nicht nur die Freude an irgendeinem Bild, sondern auch ein Wachstum an Wissen, das man auf diese Weise erreichen kann. Und da habe ich gesehen, dass der Computer eine wichtige Rolle spielen kann und es sich durchaus lohnt, mit dem Computer Bilder zu erzeugen, die genau diese Funktion erfüllen: Das Wissen zu verbreiten und anwendbar zu machen.“
Am Samstag, 16. Juli 2022, ist Herbert W. Franke verstorben. Seine Vision und Inspiration wird weiterleben, nicht nur bei Ars Electronica.