Ars Electronica Festival 2013:
TOTAL RECALL Symposium
Brucknerhaus / 6. und 8. September
(Linz, 6.8.2013) Das diesjährige Konferenzprogramm der Ars Electronica gruppiert sich rund um das dreiteilige Themensymposium TOTAL RECALL, dessen Sessions am Freitag (6.9.2013) sowie am Sonntag (8.9.2013) im Linzer Brucknerhaus stattfinden werden. Freitagvormittag stehen zunächst das Gedächtnis von uns Menschen und anschließend jenes der Natur im Mittelpunkt, am Nachtmittag geht es um die Zukunft der Erinnerung. Am Sonntag dreht sich dann alles um Kultur- und Technologiegeschichte.
TOTAL RECALL Symposium Session 1 / Freitagvormittag
Nach einem kurzen Einstieg durch Gerfried Stocker (Künstlerischer Leiter Ars Electronica) führt der Psychologe und Hirnforscher John-Dylan Haynes (Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité Berlin) in die Welt der modernen Gehirn- und Kognitionsforschung ein. Anhand ausgewählter Szenen verschiedener Science-Fiction-Klassiker – unter anderem natürlich Total Recall mit Arnold Schwarzenegger – lotet er die gegenwärtigen Stand und künftigen Potentiale der Gehirnforschung aus. Mit den Formen des Vergessens beschäftigt sich dann die Anglistin und Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann (Universität Konstanz). Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist das Spannungsverhältnis zwischen dem selektiven Charakter von Erinnerungen und der Totalpräsenz der Vergangenheit, die dank neuer Medien und schier unbegrenzter Speichermöglichkeiten jederzeit und überall abgerufen werden kann. Die Kartierung der räumlichen Verläufe von Nervenbahnen in unserem Gehirn steht dann im Mittelpunkt des Vortrags des Neurowissenschaftlers Alfred Anwander (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften). Er berichtet über die Fasertraktografie und Konnektomforschung, Methoden, mit denen WissenschaftlerInnen aktuell versuchen, unserm Gedächtnis auf die Spur zu kommen. Mit dem Verlust von Erinnerung beschäftigt sich anschließend der Neurowissenschaftler Arno Villringer (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften) und beleuchtet das Krankheitsbild der Demenz aus neurologischer und klinischer Sicht. An seine Ausführung knüpft dann mit Helga Rohra eine Betroffene an. Sie leidet unter Lewy Body Demenz und erzählt vom tagtäglichen Leben mit dieser Diagnose.
TOTAL RECALL Symposium Session 2 / Freitagnachmittag
Zum Auftakt der zweiten Session erläutert die Molekularbiologin Barbara Hohn (Friedrich Miescher Institut), wie Pflanzen ihre Erinnerungen mangels eines neuronalen Gedächtnisses über genetische und epigenetische Mechanismen weitergeben. Danach berichtet der Mathematiker und Zoologe Nick Goldman (European Bioinformatics Institute) vom ersten erfolgreichen Versuch, ein mp3-File in DNA-Sequenzen umzuwandeln, derart abgespeichert zu verschicken und vom Empfänger wieder decodieren und fehlerfrei abspielen zu lassen. Davon ausgehend denkt Nick Goldman über die Zukunft der Datenspeicherung nach und stellt gemeinsam mit der Künstlerin und Filmemacherin Charlotte Jarvis ein künstlerisch-wissenschaftliches Kooperationsprojekt vor, bei dem ein eigens komponiertes Musikstück in Form von DNA–Sequenzen gespeichert und erst in dem Moment wieder abspielbar wird, wenn die dafür notwendigen Decodierungsverfahren massentauglich geworden sind. Die Zukunft der Erinnerung steht auch Mittelpunkt der nächsten Vorträge: Zunächst ist der Computerwissenschaftler Dharmendra S Modha (IBM Cognitive Computing Center) live zugeschaltet und erzählt über die Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um eine Simulation des menschlichen Gedächtnis am Computer nachbilden zu können. Einen etwas skeptischen Blick auf dieses Mammutvorhaben wirft im Anschluss daran der Mediziner, Physiker und Bioelektroniker Hans-Ulrich Dodt (Technische Universität Wien). Zum Abschluss der Session berichtet der Physiker und Mathematiker Rodrigo Quian Quiroga (Leiter des NeuroEngineering Lab der University of Leicester) über seine Forschungsarbeiten rund um die sogenannten Concept Cells, in den Medien häufig auch „Jennifer Aniston Neuronen“ genannt.
TOTAL RECALL Symposium Session 3 / Sonntagnachmittag
Sonntagnachmittag steht dann die dritte Session des diesjährigen Symposium auf dem Programm, im Mittelpunkt dabei: Kultur- und Technologiegeschichte. Zu Beginn berichtet die Germanistin und Philosophin Claudia Schmölders (Humboldt Universität zu Berlin) vom weitgehenden Fehlen weiblicher Stimmen auf archivierten Tonaufnahmen. Danach führt der Medienphilosoph Frank Hartmann (Bauhaus-Universität Weimar) zurück in die Frühgeschichte der Informationsgesellschaft, zu Paul Otlet und dessen wegweisendem Prototyp einer universellen Bibliothek, die häufig als das allererste Internet bezeichnet wird. Mit Emanuel Goldberg stellt der Historiker und Bibliothekswissenschaftler Michael Buckland (Professor Emeritus der UC Berkeley) einen weiteren Pionier der modernen Informationsverarbeitung vor. Zurück in die Gegenwart katapultiert schließlich der Star der japanischen Roboterforscher Hiroshi Ishiguro (Osaka University): Er erzählt von seinen Androiden, mit denen er die Erinnerung an herausragende Menschen für die Zukunft erhalten will.
Total Recall – The Evolution of Memory
Von 5. bis 9. September findet die diesjährige Ausgabe der Ars Electronica in Linz statt. Ihr Titel lautet „TOTAL RECALL – The Evolution of Memory“. Das Programm des Festivals wird sich wie gewohnt aus einer Vielzahl von Symposien, Ausstellungen, Performances, Interventionen und Konzerten zusammensetzen und im Lauf der kommenden Wochen unter ars.electronica.art/totalrecall online gestellt. Parallel dazu werden weiterführende Informationen sowie Interviews mit beteiligten KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen auf dem Blog des Festivals unter ars.electronica.art/aeblog/ publiziert.
Hintergrundberichte und Fotostories rund um das „Ars Electronica Festival 2013“ finden Sie am AE Blog.
Pressetext „Ars Electronica Festival 2013: TOTAL RECALL Symposium“ / PDF
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