ARS ELECTRONICA

FESTIVAL FÜR KUNST, TECHNOLOGIE, GESELLSCHAFT

8. – 12. September 2021

Die einen glauben alles, was im Internet steht. Die anderen gehen zur Ars Electronica.

Seit der wohl schlechteste aller Präsidenten „Fake News“ zu seinem Markenzeichen gemacht hat, ist klar, dass es erstens nicht immer einfach ist, Richtig und Falsch zu unterscheiden, es zweitens aber noch nie so wichtig war, genau das zu können… Die Digitale Revolution hat dafür gesorgt, dass wir – zumindest jene, die das Glück haben, in einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft zu leben – Zugang zu allen möglichen und unmöglichen Informationen haben. Genau das wiederum wirft aber permanent die Frage auf, welchen Artikel wir unbedingt lesen sollten und welches Katzenvideo wir getrost auslassen dürfen? Die Qual der Wahl also. Dazu kommt, dass diverse Algorithmen nichts anderes im Sinn haben, als uns eine wahrlich schöne, neue – sprich personalisierte – Onlinewelt aufzubereiten, in der wir in unserer Meinung bestärkt, bestärkt und nochmals bestärkt werden. Kognitive Dissonanz war gestern – heute wird Anderslautendes erst gar nicht mehr angezeigt. Wie aber damit umgehen? Was glauben und was nicht? Und wie überprüfen, ob Quellen vertrauenswürdig sind?

Die einen glauben, die Zukunft steht in den Sternen. Die anderen gehen zur Ars Electronica.

„Was können wir schon ändern?“ „Die IT-Konzerne machen sowieso, was sie wollen.“ „Es wird schon irgendwie gut gehen“. Oder aber „Zukunft? Der Zug ist abgefahren“… Klar weiß niemand, wie unsere Zukunft sein wird. Zum Glück. Ebenso klar ist, dass es an uns liegt und wir hier und heute mit unserem Handeln entscheiden, wie unser Morgen aussehen wird. Die Digitalisierung eröffnet uns dabei eine riesen Chance. Noch nie war es so einfach, mit anderen Menschen – Gleichgesinnten und Mitstreiter*innen – zu kommunizieren und sich auszutauschen, noch nie war es so einfach, sich zu informieren und zu organisieren. Selbstläufer ist das deswegen aber keiner. All unsere Social Media und Apps sind bloß Infrastruktur, die erst durch uns und unser Tun zu sozialen und damit relevanten Räumen werden. Wir sind es, die aktiv werden und aus der berühmt-berüchtigten Komfortzone hinausmüssen. Wir müssen Ansprüche anmelden, uns einmischen und mitreden wollen, wir müssen an Kompromissen arbeiten und auf deren Umsetzung bestehen. Wir müssen uns anstrengen. Denn das Mitgestalten der Zukunft ist und bleibt ein Arbeiten an der Zukunft.

Die einen glauben, Alexa und Siri lauschen nur, wenn sie sollen. Die anderen gehen zur Ars Electronica.

Ach, was sind sie doch für brave Helferlein, unsere Alexas und Siris und wie sie alle heißen. Stets da, wenn man(n) sie braucht, immer freundlich, gut gelaunt und hilfsbereit, nie genervt oder gar abweisend. Ein „Nein“ existiert für sie nicht, deren Dasein sich darin erschöpft, alle unsere Wünsche sofort zu erfüllen… Den Lichtschalter zu drücken, ist von gestern. Mit sprachgesteuerten KI-Systemen lassen sich solche und andere alltägliche Handgriffe sehr viel zeitgemäßer erledigen. Es braucht bloß ein „Alexa!? …“ oder ein „Siri!? …“ und schon spitzen unsere Smart Assistants die Ohren, greifen auf internetbasierte Datenbanken zu und drehen das Licht auf und ab, spielen Musik und zeigen Filme, bestellen das Essen oder irgendetwas anderes, das „andere auch gekauft haben“. Bleibt die Frage, ob Alexa und Siri uns nur dann (be-)lauschen, wenn sie sollen? Ihre Hersteller sagen Ja. Aber wie glaubhaft ist das? Und weil die Sprachsteuerung dieser Systeme von darauf spezialisierten Firmen zugekauft wird, stellt sich zudem die Frage, wer all das in unseren Wohn- und Schlafzimmern Gesagte eigentlich wo und wie lange speichert und auswertet?

Die einen glauben, 2° C mehr halten wir locker aus. Die anderen gehen zur Ars Electronica.

Per Flugzeug eilen unser Spitzenpolitiker*innen von Gipfel zu Gipfel und von einem Klimaziel zum nächsten. Selten – so hat man das Gefühl – bleibt davon aber mehr als ein Gruppenfoto und die unverbindliche Ankündigung irgendeines klimaverträglichen Zieles für das Jahr X. Letztes wird immer so gewählt, dass die Ambition der handelnden Personen zum Ausdruck kommt, man aber gleichzeitig doch auch noch „ein wenig“ zuwarten kann (denn wer weiß, vielleicht löst sich unser Klimaproblem ja doch plötzlich ganz von selbst?!) … Viel wird geredet, diskutiert und gestritten, ob nun der Klimawandel menschengemacht ist oder doch nicht. Eine Frage, die völlig irrelevant ist. Genau wie jene, ob nun dieser Hagelsturm oder jener Tornado eine direkte Folge des Klimawandels ist oder nicht. So oder so; das Aufheizen unseres Planeten bedroht die Lebensgrundlage der Spezies Homo Sapiens, die es (noch) in der Hand hat, diese Entwicklung zu verlangsamen. Aufhalten oder gar rückgängig machen, werden wir sie nicht. Aber wir können Zeit gewinnen – Zeit, die wir dringend brauchen, um uns anzupassen. Um unseren Lifestyle zu verändern (wir könnten das übrigens nicht immer nur als Rückschritt und Verzicht, sondern als eine gesellschaftliche Weiterentwicklung begreifen), um Technologie zu entwickeln, die nicht bloß ökonomischen, sondern auch ökologischen Mehrwert schafft, und, und, und … All das geht. Nur müssten wir schleunigst aufhören, uns immer nur mit „nahfernen“ Zielvorgaben und symbolischer Klimapolitik zu befassen, sondern ins ganz konkrete Tun kommen.

#NewDigitalDeal

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