3SDC project (Sunlight, Soil & Shit (De)Cycle) / Oron Catts (AU), Ionat Zurr (AU), Steve Berrick (AU), Photo: tom mesic

3SDC project (Sunlight, Soil & Shit (De)Cycle)

Oron Catts (AU), Ionat Zurr (AU), Steve Berrick (AU)

Artificial Intelligence & Life Art

Award of Distinction

3SDC project (Sunlight, Soil & Shit (De)Cycle) ist ein sich über eine gewisse Zeit erstreckendes performatives Experiment, das sich im Sinne des “Contestable Designs” mit anfechtbaren Zukünften im System der Lebensmittelerzeugung beschäftigt. (…)

Im Namen der Nachhaltigkeit schlagen viele neue Projekte in der Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft, wie z. B. die zelluläre Landwirtschaft, Systeme vor, die natürliche Elemente aus dem Produktionsprozess entfernen. Um die Lebensmittelproduktion zu automatisieren und zu kontrollieren, werden nicht standardisierte Elemente wie Sonnenlicht, Erde und Kot durch künstliches Licht, Substrate und Düngemittel ersetzt. Die Ideen der technischen Lebensmittelsysteme werden als weniger (oder gar nicht) umweltbelastend dargestellt. Wir nennen sie „Metabolic Rift Technologies“.

Diese Ansätze fordern eine Trennung von der Natur und folgen damit einer Denkweise, die auch Technologieunternehmen dazu veranlasst hat, das Metaverse als naturfreien Ort für die menschliche Besiedlung zu propagieren, gleichzeitig aber die ökologischen (sowie physiologischen und psychologischen) Kosten einer solchen Existenz zu verschleiern. 3SDC wurde entwickelt, um Metabolic-Rift-Technologien zu erforschen. Dieses Projekt bringt den Bauernhof in das Labor und das Labor in den Bauernhof und untersucht, ob sich die Produktionsmittel von der Natur abkoppeln. Wird dieser metabolische Graben der Wegbereiter für offene nachhaltige Lebensmittelsysteme sein?

Jury Statement

In Zeiten überzogener Versprechungen der sogenannten „Präzisionslandwirtschaft“, die durch Künstliche Intelligenz und Big Data, erdfreie Anbautechniken wie hydroponische Systeme und vertikale Gärten zur „Begrünung“ städtischer Räume beflügelt werden, inszeniert das Projekt 3SDC project (Sunlight, Soil & Shit (De)Cycle) ein funktionierendes und überwachtes, jedoch im Sinne des “Contestable Designs” anfecht- und veränderbares zirkuläres Lebensmittelsystem. In einem performativen Set-up, das sich über Wochen erstreckt und eine Reihe miteinander verbundener Prozesse umfasst—kontrolliertes Wachstum von pflanzlichem und tierischem Gewebe, Landwirtschaft in optimierter Umgebung, Kompostierung und alkalische Hydrolyse-Biokremation—, verweisen Iron Catts, Ionat Zurr und Steve Berrick auf das Versäumnis von innovativen landwirtschaftlichen Unternehmungen, Bedenken in Bezug auf biologische Vielfalt und “Ökosystemdienstleisungen” anzuerkennen, oft sogar im Namen der Nachhaltigkeit. Hier wird die “zelluläre Landwirtschaft”—die Züchtung von tierischem Zellgewebe außerhalb des eigentlichen Tieres zur Erzeugung von angeblich “opferlosem Fleisch”—nicht mit dem Ziel betrieben, Gewebe zum Verzehr zu produzieren, sondern zur Umwandlung in Dünger, wodurch die Paradoxien der tierischen Proteinproduktion ironischerweise umgekehrt werden. (…)

Auszug aus dem Jury Statement

Credits

Lead artists: Oron Catts & Ionat Zurr

Lead media artist/tech director: Steve Berrick

This project was researched, developed and produced at SymbioticA, The University of Western Australia.

Video installation and promo video by: Kenta McGrath & Joseph London.

With support from: DLGSC, Western Australia; The Seed Box, Linköping University Sweden; The Australia Council.



Oron Catts & Ionat Zurr (AU)

Oron Catts & Ionat Zurr arbeiten gemeinsam als Künstler*innen, Forscher*innen und Kurator*innen und gründeten 1996 das Tissue Culture & Art Project. Catts ist Mitbegründer und Direktor von SymbioticA (UWA) und war Professor für Contestable Design am RCA in London. Ionat Zurr ist Inhaberin des Lehrstuhls für Bildende Kunst an der School of Design der UWA und akademische Koordinatorin von SymbioticA. Sie veröffentlichten zahlreiche Publikationen und stellen international aus.

Steve Berrick (AU)

Steve Berrick arbeitet mit Code und hat sich auf die Gestaltung hochtechnischer interaktiver Systeme für Performances und Installationen spezialisiert. Seine Arbeiten stellen das Publikum in den Mittelpunkt der Interaktion und ermöglichen oft einen taktilen kreativen Prozess, wodurch ein kollaborativer digitaler Spielplatz entsteht. Er präsentiert seine Arbeiten in Theatern, Galerien, Museen, öffentlichen Räumen und App-Stores. Berrick hat Auszeichnungen für Roboter- und Technologiedesign sowie für Software zur Aktivierung von Orten durch Crowdsourcing erhalten.