Artificial Intelligence & Life Art
Honorary Mention
“Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.” So heißt es im Märchen von Aschenputtel. Aber wer entscheidet eigentlich, was gut und was schlecht ist?
Der “EZ Quality Sorter V2”, Teil des ERBSENZÄHLER-Projekts, trennt, analysiert und klassifiziert Erbsensamen mit Hilfe eines Zuführmechanismus und eines Förderbands automatisch als gut oder schlecht. Die Besucherinnen können die Erbsen einzeln durch ein optisches Gerät prüfen. Bei jedem Knopfdruck macht die Maschine eine Nahaufnahme der jeweiligen Erbse und fügt sie, je nach Auswahl der Benutzerinnen, einer Bilddatenbank hinzu. Sobald die Benutzerinnen die Station verlassen, setzt die Maschine automatisch den Sortiervorgang auf Grundlage der vorherigen Benutzerinneneingaben fort.
Die „intelligenten“ Systeme von heute beruhen häufig auf unsichtbarer menschlicher Arbeit und subjektiven Entscheidungsprozessen, die durch Formalisierung und Automatisierung zu harten Fakten gemacht werden. Wenn die Maschine autonom zu sein scheint, ist man geneigt anzunehmen, dass ihre Entscheidungen neutral, objektiv und rational sind. Wenn man jedoch selbst Entscheidungsträger*in wird, steht man schnell auf wackligem Boden. Eine komplexe Welt zu klassifizieren und sie auf vorgegebene Binärwerte zu reduzieren, erweist sich als vages, beunruhigendes und sogar gewalttätiges Unterfangen.
Jury Statement
Verena Friedrichs Installation, der EZ Quality Sorter V2, wirft die Frage nach Entscheidungsprozessen und dem Delegieren dieser Prozesse an intelligente Systeme auf. Die Installation präsentiert eine Sortieranlage, in der Erbsensamen getrennt, analysiert und als gut oder schlecht kategorisiert werden. Im Trainingsmodus der Installation sind die Besucher*innen eingeladen, sich am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Sie sitzen an einem Förderband und beurteilen die Qualität der Erbsen, indem sie sie entweder als “gut” für die weitere Verarbeitung oder als “schlecht” einstufen und sie in den Abfallbehälter werfen. Der Entscheidungsfindungsprozess wird aufgezeichnet, um die Ergebnisse für die Zukunft festzuhalten. Sobald genügend Daten gesammelt sind, setzt der *EZ Quality Sorter V2* den Auswahlprozess auf der Grundlage dieser Informationen selbstständig fort. Diese Automatisierung spiegelt den wachsenden Trend wider, komplexe Entscheidungsprozesse an intelligente Systeme zu delegieren. Friedrichs Installation wirft Fragen auf, die zum Nachdenken über die Auswirkungen mathematisch-technischer Systeme auf unser Verständnis der Welt anregen.
Auszug aus dem Jury Statement
Credits
With support from: Arts Foundation of NRW, Künstlerdorf Schöppingen Foundation
Verena Friedrich (DE)
Verena Friedrich (DE) ist Künstlerin und Lehrbeauftragte an der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM). Ihre zeitbasierten Installationen mischen organische, elektronische und skulpturale Medien und erforschen die Möglichkeiten und Grenzen technologischer Intervention und Kontrolle. Ihre Arbeiten wurden in Ausstellungen, auf Medienkunstfestivals und Konferenzen auf der ganzen Welt gezeigt. Für ihre Projekte hat sie mehrere Preise und Stipendien erhalten, darunter ein EMARE-Stipendium, ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds und den Internationalen Medienpreis für Wissenschaft und Kunst des ZKM Karlsruhe.