Who Owns the Truth?

Wem gehört die Wahrheit?

Das Thema der Ars Electronica 2023, dieses Jahr als Frage formuliert, zielt ohne Umschweife auf zentrale Brennpunkte unserer Zeit: Wahrheit und Eigentum, Deutungshoheit und Souveränität. Kann man Wahrheit besitzen? Gibt es ein Recht auf Wahrheit und wenn sie jemand gehört, welche Verfügungsgewalt und welche Verantwortung wären damit verbunden?

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Wie stellen wir uns diesen Fragen im Zeitalter der globalen Vernetzung und der sich atemberaubend entwickelnden Leistungsfähigkeit der sogenannten Künstlichen Intelligenz?

In einer Zeit aber auch, in der sich einige wenige in neo-feudalistischer Weise die Bewirtschaftung des kollektiven Wissens unter den Nagel gerissen haben und wir auch gute Gründe haben, die Vision von Technologie als Lösung unserer Probleme in Frage zu stellen.

Dahinter steht die zentrale Frage, wie wir die großartigen Errungenschaften von Wissenschaft und Technologie für ALLE Menschen zugänglich und auch nutzbar machen können. Es reicht nicht aus, nur darüber nachzudenken, wie wir verhindern können, dass KI-Systeme jemandem schaden (auch wenn das von zentraler Wichtigkeit ist). Ein Werkzeug, das so sehr auf dem global-kollektiven „Rohstoff“ von Wissen, Kreativität etc. basiert, muss auch allen einen Nutzen bringen.

In den letzten Jahren haben wir viel über „Digitalen Humanismus“ nachgedacht, es ist an der Zeit, über einen „Digitalen Sozialismus“ nachzudenken, also über ein „Gemeinwesen“ und einen „Gesellschaftsvertrag“, mit dem wir die tief- und weitgreifenden Veränderungen des digitalen Zeitalters und vielmehr noch die global-kollektiven Konsequenzen des Klimawandels bewältigen können.

Zugegeben, eine schier unbewältigbare Herausforderung, aber gerade dafür soll und kann ein Festival wie die Ars Electronica stehen. Ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Festival, bei dem seit mehr als vier Jahrzehnten unter der Formel „Kunst, Technologie und Gesellschaft“, nicht nur reflektiert wird, wie Technologie unsere Gesellschaft verändert, sondern immer auch aufgezeigt wird, wie Kunst und Gesellschaft die Technologie gestalten können.

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Ars Electronica 2023 – worum gehts?

Es geht um Wahrheit als Manifest von Deutungshoheit und Souveränität, um den Umgang mit dem Verlust des Anspruchs auf „die“ Wahrheit und damit, dass wir uns daran gewöhnen müssen, Wahrheit als Plural zu denken.

Es geht um Wahrhaftigkeit als Grundlage unserer Wertvorstellung von „echt“ und „original“ und wie sich diese Begriffe im Digitalen bereits transformiert haben.

Es geht um die kollektive Synchronisation von Wahrnehmung als Strategie für Fake und Verschwörung in den Social Media und um die Machenschaften der Lobbies und Großindustrie, von der Beeinflussung der wissenschaftlichen Grundlagen des menschengemachten Klimawandels bis zu den Betrügereien des Dieselskandals.

Es geht um Rede- und Meinungsfreiheit, darum, wie wir mit offensichtlichen Lügner*innen bis hinauf in die höchsten politischen Ämter umgehen und wie wir mit Menschen, die unangenehme Wahrheiten veröffentlichen umgehen, wie z.B. Edward Snowden und Julian Assange.

Es geht darum, ob die Wahrheit den Menschen zumutbar ist und um die Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnis und Evidenz.

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Es geht um den Eigentumsbegriff und das Recht auf die Profite von geistiger Arbeit und intellektueller Leistung im Übergang von der Automatisation der Maschinen zur Autonomisation der Wissens- und Inhaltsgenerierung – vom digitalen Copy & Paste bis zu Cultural Appropriation in einer global vernetzten Welt.

Intellectual Property und Copyright, als bislang zentrale Säulen der Content- und Kreativwirtschaft, können schon die Veränderungen der digitalen Vernetzung nicht mehr gerecht abbilden, geschweige denn all das, was jetzt mit den Systemen von OpenAI und Co auf uns zukommt.

Es geht aber auch um den Eigentumsbegriff der Natur, über die jahrhundertealte philosophische und rechtswissenschaftliche Debatte hinaus, um die faktische Realität der Ausbeutung und Zerstörung der Natur als gnadenlose Hypothek an die nächsten Generationen.

Und es geht natürlich um all das, wovon wir glauben, fürchten oder hoffen, das sich durch die sogenannte Künstliche Intelligenz ändern wird.

Im Kern aber geht es darum zu zeigen, wie Künstler*innen aus der ganzen Welt, in Zusammenarbeit wie auch Konfrontation mit Technologie und Gesellschaft dieses Thema bearbeiten.

Mit den Preisträger*innen des Prix Ars Electronica, den Projekten, aus den vielen lokalen, europäischen und internationalen Kooperationen und Netzwerken, der kuratierten Themenausstellung und neuen Auftragsarbeiten, Konzerten und Performances, Symposien und Workshops.

Gerfried Stocker,
Co-CEO / Artistic Director Ars Electronica

Gerfried Stocker (AT) ist Medienkünstler und Ingenieur der Nachrichtentechnik. Seit 1995 ist Gerfried Stocker künstlerischer Leiter und Geschäftsführer von Ars Electronica. Mit einem kleinen Team von Künstlerinnen und Technikerinnen entwickelte er 1995/96 die Ausstellungsstrategien des Ars Electronica Center und betrieb den Aufbau einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung, dem Ars Electronica Futurelab. Unter seiner Führung erfolgte ab 2004 der Aufbau des Programms für internationale Ars Electronica Ausstellungen, ab 2005 die Planung und inhaltliche Neupositionierung für das 2009 baulich erweiterte Ars Electronica Center, ab 2015 die Expansion des Ars Electronica Festival und im Jahr 2019 die großangelegte thematische und innenarchitektonische Neugestaltung des Ars Electronica Center. Stocker berät zahlreiche Unternehmen und Institutionen in den Bereichen Kreativität und Innovationsmanagement, ist Gastredner auf internationalen Konferenzen und Universitäten. 2019 erhielt er ein Ehrendoktorat der Aalto University, Finnland.

Pressekonferenz zum Festival-Thema

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