Das Urban Design Lab am Ars Electronica Festival 2015

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Mit der Habitat 21-Exhibition wirft das Ars Electronica Festival 2015 einen Blick auf die weltweit laufende Urbanisierung. Durch die sozialen und wirtschaftlichen, aber auch die ökologischen Rahmenbedingungen im 21. Jahrhundert entstehen und entwickeln sich Städte heute nicht nur je nach ihrer soziogeografischen Lage völlig anders als früher. Das Hauptaugenmerk von Habitat 21 gilt den Bemühungen von StadtplanerInnen weltweit, damit schöpferisch umzugehen und in jeder Hinsicht nachhaltige urbane Lebensräume – Habitate – zu schaffen. Welche Herausforderungen sie dabei zu bewältigen haben und zu welch klugen Lösungen sie kommen, zeigt Ars Electronica an Beispielen vom Wiederaufbau im erdbebenzerstörten Nepal bis zur Wasser- und Abwasserinfrastruktur in Peking.

Teil der Habitat 21-Exhibition ist das Urban Design Laboratory (UDL) – eine experimentelle Gestaltungsmethodik, die eine menschenzentrierte und partizipatorische Planung mit urbanen Strategien und urbanem Design kombiniert. Worum es sich dabei genau handelt erklärt Univ.Lektor Dipl.-Ing. Roland Krebs von der Fakultät für Architektur und Raumplanung an der TU Wien.

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Collico Lab Valdivia, Chile: Auch wenn Du kein Architekt bist, kannst Du deine Ideen auf einer Karte ausdrücken. (Foto: UDL)

Innovation in Planung und Gestaltung wachsender Städte

Im Diskurs über die Lateinamerikanische Stadt sprechen wir häufig – ähnlich zu anderen wachsenden Ballungsräumen im globalen Süden – über urbane Phänomene wie das rasante Bevölkerungswachstum, über Slums, die Wiederbelebung und Regeneration von zentral gelegenen, aber verwahrlosten, urbanen Stadträumen, aber auch über Stadtmanagement und Governance. Diese Debatten seien nicht reduziert auf den globalen Süden, auch in der nördlichen Hemisphäre stellt man sich ähnliche zentrale Fragen in der Stadtentwicklung: Wie kann man eine (wachsende) Stadt planen ohne dabei auf Urbanität zu vergessen? oder: Wie kann man räumliches Wachstum der Städte gemeinsam mit sozialen, natürlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen steuern?

Annähernd jede Stadt der Welt verfügt über Planungsinstrumente, die jenem im globalen Norden sehr ähnlich sind, wie zum Beispiel Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne, etc. Diese rechtlichen Planungsinstrumente aber sind weniger geeignet die sozialen Herausforderungen, wie beispielsweise extreme Armut und Informalität zu steuern, oder – denken wir an Europa – räumliche Herausforderungen der Flüchtlingsproblematik zu lösen. Unsere Planungsinstrumentarien welche wir in Europa und auch im globalen Süden zur Verfügung haben, können hoch-dynamische und komplexe Entwicklungsprozesse nicht steuern. Die urbane Werkzeugkiste, oder ‚tool-box’, welche Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde und in den Metropolen wie New York, London, Paris und Wien zum Einsatz kam, ist für heutige Planungsaufgaben nur mehr bedingt brauchbar. Das System ‚Stadt’ ist zu komplex, um mit einem eindimensionalen Regulierungs- oder Flächenwidmungsplan, sozusagen ‚top-Down’ geplant zu werden.

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Managua Lab: Eine Analyse der Stakeholder für unser Planungsgebiet in Candelaria. (Foto: UDL)

Um auf die neuen Herausforderungen reagieren zu können, sind innovative und neue, standardisierte Instrumente notwendig, um integrierte, multi-dimensionale kurz-, mittel- und langfristige Planungsaufgaben zu lösen. Das zentrale Element im neuen Planungsverfahren ist der ‚Dialog’ zwischen der betroffenen oder interessierten Bevölkerung, den Planern und der finanzierenden Stadtverwaltung. Die größte Herausforderung ist, schnelle Antworten auf urbane Fragen zu geben, die ihrerseits auf einer klaren Vision und einer handfesten urbanen Strategie beruhen. Die Strategien ihrerseits sollten multi-dimensional, das heißt integriert sein, um die aktuellen urbanen Fragen von Armut, Ungleichheit, Mobilität und Stadtwachstum in einer holistischen Weise beantworten zu können.

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Campeche, Mexico: Good practice analysis – Wir füttern das Gehirn mit frischen Ideen. (Foto: UDL)

Seit zwei Jahren kooperieren wir von der Fakultät für Architektur und Raumplanung an der TU Wien mit der Inter-American Development Bank (IDB) in Washington, DC um wissenschaftliche Grundlagen zu innovativen Methoden und Instrumente partizipativer Planung und Design zu schaffen. Aus diesem Grunde haben wir in diesem Kontext das Urban Design Lab als experimentelle Plattform für die Entwicklung von Stadtplanungsprojekten in Lateinamerika und in der Karibik eingerichtet.

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Collico Lab in Valdivia, Chile: Wir bilden lokale Architekten und Stadtplaner aus, um die UDL Methode auch in anderen Bereichen einsetzen zu können. (Foto: UDL)

Das Urban Design Laboratory (UDL) ist eine experimentelle, das heißt stetig wachsende und verbesserte Design Methode, welche den Menschen und den Dialog mit diesen in den Mittelpunkt der Aktivitäten stellt. Das UDL will weg von rigiden, konventionellen ‚top-down’ Planungsinstrumenten, hin zu komplexen und flexiblen, dialogorientierten und interaktiven Planungsaktivitäten. Wie erwähnt sind die Hauptelemente des UDL die lokale Bevölkerung, aber auch die BeamtInnen, die lokales Wissen und konkrete Erfahrungen zu spezifischen, komplexen Systemen und Realitäten haben. Im traditionellen Planer-Verständnis treffen BeamtInnen und PolitikerInnen richtungsweisende Entscheidungen am Schreibtisch, DesignerInnen entwerfen dann die neuen Stadtquartiere oder entwickeln Stadterneuerungsprojekte oder hauchen neues Leben in alte Industriegebiete. Im Gegensatz dazu organisiert das UDL Nachbarschaftsworkshops als zentrales Planungstool, wo lokale Leader, die Community und die BeamtInnen zusammenarbeiten, und ihre gemeinsame Vision, Szenarien und urbane Strategien ausarbeiten. Die Ergebnisse dienen als Input für die Ausarbeitung von Entwürfen und Ideen. Ein nachgeschalteter Feedback-Prozess ermöglicht die Schärfung der ausgearbeiteten kollektiven Ideen.

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Panama Urban Lab, Panama City: Die Entwicklungs eines Stadterneuerungsplans für den Bezirk Calidonia. (Foto: UDL)

In den letzten 18 Monaten haben wir unsere Methode vor Ort intensiv in zehn Partnerstädten der Emerging and Sustainable Citites Initiative (ESCI) in IDB getestet. Wir haben Communities motiviert, eine aktive Rolle in der Planung ihres Viertels zu übernehmen, wir haben auch Fehler gemacht und daraus gelernt und dadurch die Methode verbessert. Die Vorstellung ‚partizipativ zu planen’ ist nicht neu, aber die Einführung eines organisierten und strukturierten Dialogs in der Planung urbaner Strategien verbessert nicht nur die Qualität der Entwürfe, sondern sie schaffen auch ‚Ownership’, das heißt das Kollektiv fühlt sich gemeinsam verantwortlich für die urbane Vision und Idee, und das ist die Innovation von der wir sprechen.

In diesem Zusammenhang sind wir überzeugt, dass es nicht reicht, die Bevölkerung einfach über Planungsprozesse zu informieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass Partizipation auch mit dem Tragen von Verantwortung zu tun hat. In der Stadtplanung sollen nicht nur schöne Bilder und Visionen entwickelt werden, sondern es sollen sich auch eine gewisse Trägerschaft der Ideen in der lokalen Bevölkerung und bei den Entscheidungsträgern entwickeln. Daher sind wir auch sicher, dass das UDL sehr gut in der Lehre aufgehoben ist, um die innovativen Ideen und Konzepte des Dialogs in der Planung schon bei der Ausbildung der ArchitektInnen und StadtplanerInnen zu vertiefen und zu verbreiten.

Roland Krebs is an Austrian Urban Planning Specialist with experience in strategy planning, project development and management and urban design. He holds a Master in Urban and Regional Planning (2001, Vienna University of Technology) and a Master of Business Administration (2007, Universidad de Belgrano, Buenos Aires, Argentina) and is working as planner, designer and researcher in the University of Technology in Vienna and the Inter-American Development Bank in Washington, DC. Roland is Lead Expert at URBACT, the Cities Program of the European Union.

Glauben Sie, dass Linz auch ein urbanes Laboratorium, ein Linz Lab braucht, um aktuelle Fragen der Entwicklung der Stadt zu beantworten? Wir können dies und viele andere Fragestellungen beim Ars Electronica Festival 2015 in Linz gemeinsam erörtern.

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