Die Ausstellungsreihe „TIME OUT“ startete nun schon in die fünfte Runde und bietet den BesucherInnen im Ars Electronica Center wieder wunderbare Einblicke in die studentischen Arbeiten des Studienzweigs „Zeitbasierte und Interaktive Medien” der Kunstuniversität Linz. Kuratiert wurde die Ausstellung erneut von Gerhard Funk, Leiter dieses Studiengangs, und Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter der Ars Electronica. Sie wählten vier StudentInnen aus, die ihre Arbeiten selbst im Ars Electronica Center aufbauten und bei der Ausstellungseröffnung am 16.3.2016 präsentierten.
Wir berichteten bereits über die Arbeiten „Ceramic pour printing“ von Thomas Schwarz und „[inter]national coverage“ von Benedikt Reiter. Im Interview verraten uns nun auch Elisabth Prast und Fabian Erblehner mehr zu ihren Arbeiten.
Elisabeth Prasts Installation „[un]readable” besteht aus einem Monitor, auf dem ein Text abgebildet ist. Doch egal, in welchem Abstand man sich von ihm befindet, der Text bleibt unlesbar. Steht man zu weit weg, kann man den Text nicht entziffern. Geht man auf den Monitor zu, beginnt sich die Schrift zu verformen und verschwimmt. Sobald man sich wieder entfernt, setzt sie sich zu ihrer ursprünglichen Form zusammen. Die Künstlerin spielt mit dieser Installation auf die immanente Unschärfe unserer Sprache und Kommunikation an. Wir haben sie gebeten uns mehr darüber zu erzählen.
Credit: Magdalena Leitner
Hallo Elisabeth! Bei deiner Installation „[un]readable” geht es um die Unschärfe unserer Sprache und Kommunikation. Könntest du das bitte näher erklären?
Elisabeth Prast: Bei jeder Übermittlung von Information geht unweigerlich etwas verloren oder verändert sich. Das kann beispielsweise bei einem Gespräch passieren, wodurch plötzlich Missverständnisse entstehen. Ganz klar wird die Verschiebung bei Übersetzungen. In zwei verschiedenen Sprachen können in einem Wort und seiner Übersetzung ganz unterschiedliche Bedeutungen mitschwingen. Jeder Mensch hat ganz unterschiedliches Wissen und Erinnerungen – keine zwei Menschen werden, wenn ich „Haus“ sage, genau dasselbe Bild eines Hauses im Kopf haben. Im Grunde ist Kommunikation also ein andauerndes aneinander vorbeireden. Oft versuchen wir ein Wort oder einen Gedanken zu fassen und je mehr wir es versuchen, desto mehr verschwimmt alles. Dieses Gefühl der Unschärfe wollte ich mit der Installation reproduzieren.
Wie funktioniert das technisch, dass der Text verschwimmt, sobald man sich nähert und wieder seine ursprüngliche Form annimmt, wenn man sich entfernt?
Elisabeth Prast: Unter dem Bildschirm ist eine Kamera befestigt, die die Position der Besucherinnen und Besucher im Raum erfasst. Die Person die am nächsten zum Bildschirm steht beeinflusst die Darstellung des Textes.
Kann man die Installation irgendwie austricksen, damit man den Text doch lesen kann?
Elisabeth Prast: Wenn man ganz ruhig stehenbleibt nimmt der Text nach kurzer Zeit seine ursprüngliche Form wieder an. Sobald man sich wieder etwas bewegt erfasst einen die Kamera wieder und der Text ist wieder unlesbar. Aber selbst, wenn man den Text lesen könnte, würde er keinen Sinn ergeben, weil es sich um den Platzhaltertext „Lorem Ipsum“ handelt.
Credit: Martin Hieslmair
Warum hast du dich zusätzlich für diesen Platzhaltertext entschieden?
Elisabeth Prast: Der „Lorem Ipsum Text“, oder auch Platzhaltertext genannt, wird zum Beispiel im Grafikdesign verwendet, wenn der finale Wortlaut noch nicht feststeht, man aber sehen möchte wie die Schrift aussieht. Er hat keinerlei Bedeutung, außer dass er von weitem aussieht wie ein normaler Text. Es gibt die Theorie, dass „Lorem Ipsum“ ein lateinisches Skript aus dem 15. Jahrhundert ist, dessen Buchstaben durchgemischt worden sind, denn ein Satz stimmt in beiden Texten überein. Er handelte „vom Höchsten Gut und größten Übel“ und hat jetzt als Platzhaltertext jegliche Bedeutung verloren. Was in jedem Kommunikationsvorgang passiert, wird hier in extremer Form deutlich.
Ist das deine erste medienkünstlerische Arbeit? Planst du noch weitere?
Elisabeth Prast: Ja, das ist meine erste interaktive Installation. Das Thema und das Medium interessieren mich sehr, ich möchte gerne noch weitere Arbeiten in diese Richtung machen. Konkret geplant ist aber noch nichts.
Credit: Magdalena Leitner
Fabian Erblehners Arbeit „Plug-it“ ist eine Environmental-Soundinstallation, bei der die BesucherInnen aufgefordert sind, in einem hängenden Garten aus Kabeln ihre eigene Klangwelt zu erschaffen – ganz einfach über das Verbinden von Lautsprechern mit Kabeln. Wir haben auch mit Fabian gesprochen.
Hallo Fabian! Der Aufbau deiner Sound Installation „Plug-it“ sieht kompliziert aus. Woraus genau besteht deine Arbeit?
Fabian Erblehner: Sie besteht aus drei Holzrahmen. Der größte davon misst drei mal drei Meter. Außerdem verwende ich insgesamt über 300 Meter Kabel, 100 Stecker, fünf Verstärker, fünf Lautsprecher und einen Haufen Lötverbindungen.
Was können die BesucherInnen mit den vielen Steckern, Kabeln und Lautsprechern machen?
Fabian Erblehner: Durch umstecken der fünf Lautsprecher an die 50 herabhängenden Kabeln kann man eine Reihe von atmosphärischen Aufnahmen erforschen und nach belieben kombinieren. Durch den quadratischen Aufbau, bekommt das Ganze zusätzlich noch einen räumlichen Eindruck, ähnlich wie man es aus dem Kino kennt.
Credit: Magdalena Leitner
Das wirkt alles sehr technisch. Woher hast du die Skills dafür so eine Installation zu machen?
Fabian Erblehner: Bevor ich an der Kunstuniversität studiert habe, habe ich sechs Jahre als Veranstaltungstechniker am Landestheater hier in Linz gearbeitet. Daher habe ich auch mein Wissen, was Ton und Elektrotechnik bzw. andere mechanische Verarbeitungstechniken angeht. Ich war aber auch schon vor meiner Ausbildung sehr an Technik interessiert und sehr experimentierfreudig.
BesucherInnen können ihre eigene Klangwelt erschaffen. Welche Sounds kann man hören?
Fabian Erblehner: Aufnahmen aus und rund um Linz. Zum Beispiel alltägliche Straßengeräusche, wie eine vorbeifahrende Straßenbahn, Fahrradklingeln und Autobahnrauschen, aber auch Aufnahmen aus der Natur und vieles mehr.
Was hat dich zu dieser Installation inspiriert?
Fabian Erblehner: Wirklich inspiriert wurde ich nicht. Ich arbeite einfach sehr gerne mit den akustischen Einflüssen, die uns umgeben und kombiniere diese dann mit Techniken und Umsetzungsideen, die in meinem Kopf herumgeistern. Mein zweites Semesterprojekt setzt sich auch mit diesem Thema auseinander, aber auf einer filmischen Ebene.
Die Ausstellung TIME OUT .05 wurde am 16.3.2016 eröffnet. Die Arbeiten der Studierenden können jederzeit während der Museumsöffnungszeiten besichtigt werden.