Das Ars Electronica Futurelab hat als Projektpartner des Technischen Museums Wien eine vitale Vergangenheit. Seit 2015 ist Christopher Lindinger, Director of Research & Innovation am Ars Electronica Futurelab, Teil des Museum-Beirats und so dient das Atelierlabor im Rahmen einer fünfjährigen innovativen Sonderausstellungsreihe als dessen wissenschaftlicher Partner. In dieser Funktion übernimmt es eine beratende – und projektbezogen – gestaltende Aufgabe. Unter dem Titel „Weiter_Gedacht_“ sind zwischen 2016 und 2021 drei Ausstellungen geplant, von denen die erste am 08. Juni eröffnet wird. Sie trägt die Ãœberschrift: „Die Zukunft der Stadt“ und setzt sich mit dem Thema der Gestaltung neuer urbaner Lebensräume auseinander – ein Trendthema, das den Rahmen für das letztjährige Ars Electronica Festival „Post City – Habitats for the 21st Century“ setzte.
Auf rund 1.000m² setzt das Technische Museum Wien die „Zukunft der Stadt“ auch architektonisch in Szene. So wurde im Ostflügel des Gebäudes sprichwörtlich Raum geschaffen, um die Exponate rund um die Themen urbaner Innovationen zu zeigen. Als ein Museum, das sich vornehmlich der Geschichte von Technik gewidmet hat, ist für die neue Schwerpunktsetzung das Ars Electronica Futurelab der ideale wissenschaftliche Partner. Schließlich beschäftigt sich unser Team mit Fragen rund um die Themen gesellschaftlicher Herausforderungen unter dem Aspekt technischer Entwicklungen, wie zum Beispiel „Future Mobility“ oder „Energy Harvesting“.
Der Aspern Skizzentisch als Modell. Credit: Andreas Jalsovec
So unterstützte das Linzer Medienlabor das TMW bei der Auswahl und Aufbereitung der Forschungsthemen. Darüber hinaus wirkte es bei der Konzeption und Konstruktion von Exponaten mit, wovon das Herzstück ein Skizzentisch ist, der die Entwicklung der neu angelegten Seestadt Aspern als ein fünfeinhalb auf drei Meter großes Modell zeigt. An diesem Beispiel wird die zweite Kernkompetenz des Ars Electronica Futurelab deutlich, nämlich der Brückenschlag hin zu einer gesellschaftlichen Diskussion, denn der Tisch lehrt wie Städteplanung tatsächlich funktioniert und lädt zum Mitgestalten ein.
Projektleiterin Marianne Ternek legt beim Aufbau selbst Hand an die „Gebäude“. Credit: Marianne Ternek
Projektleiterin Marianne Ternek verriet welche Herausforderungen der Entwurf und die Konstruktion dieser Installation mit sich gebracht haben.
Was waren die konkreten Problemstellungen und welche Antworten gab es auf diese im Zusammenhang der Planung und der Herstellung des Skizzentischs?
Marianne: Aspern ist ein Prototyp für zukunftsweisende Konzepte einer Städteentwicklung, wo der bauliche Zugang implementiert worden ist. Die Fragestellung war, wie man diese Konzepte auch zeitgemäß kommunizieren kann, nämlich nicht einfach als fertiges Ganzes, sondern so, dass es einen offenen Kommunikationskanal gibt. Im 22. Bezirk, wo Aspern seit 2010 am Entstehen ist, hat es auch schon Industrieentwicklung gegeben, aber im Großen und Ganzen sind noch drei Viertel der zu bebauenden Fläche frei. Um den Entwurfscharakter zu inszenieren, haben wir uns dazu entschieden, den Skizzentisch wie eine Art „Whiteboard“ anzulegen.
Der Skizzentisch nach seiner vollständigen Einrichtung im Technischen Museum Wien. Credit: Marianne Ternek
Eine Mitwirkung der potenziellen Mieter unter dem „Wünsch Dir was“-Gedanken steht einer einheitlich wirkenden Stadtplanung wohl diametral entgegen. Wie weit gehen denn die partizipatorischen Elemente bei der Städteplanung?
Marianne: Im Großen und Ganzen ist der werbende Charakter, mit einem solchen Exponat potenzielle Mieter nach Aspern zu locken, ein Nebeneffekt. Beabsichtigt wird eher ein erster Zugang zu den Herausforderungen solcher Konzepte, es geht also darum, die Besucher und Besucherinnen dafür zu sensibilisieren, was es zu einer Stadtentwicklung braucht. Letztendlich soll durch den interaktiven, spielerischen Zugang eine Diskussion in Gang gebracht werden. Schließlich wird es verschiedene Workshops geben, die eine Auseinandersetzung mit den Einschränkungen und Möglichkeiten von Städteplanung auf den Weg bringen sollen.
Die einzelnen Themen werden in Form von kleinen Filmen im Stil des „Visual Thinking“ gezeigt. Credit: Marianne Ternek
Und wie kann man sich das nun konkret vorstellen?
Marianne: Im Prinzip handelt es sich um einen Planungstisch, wobei das Skizzenhafte als ästhetisches Element funktioniert. Das Stadtmodell besteht aus einzelnen Körpern, bzw. Flächen, die bebaut werden sollen und von unten illuminiert werden können. Dahinter befinden sich unterschiedliche Screens, die die verschiedenen Themen erklären. Ausgewählt werden sie auf einem Touch-Interface vor dem Tisch, wobei die einzelnen Elemente je nach Inhalt farblich mit dem Bauvorhaben korrespondieren. Geht es zum Beispiel um Parks, leuchten die dafür angedachten Flächen grün auf.
Die U-Bahn als Lebensadern einer Stadt werden blau illuminiert. Credit: Marianne Ternek
Klingt einleuchtend! Welche Herausforderungen oder Einschränkungen gab es bei der Umsetzung des Tischs?
Marianne: Am schwierigsten war es, die komplexen Zusammenhänge eines städtebaulichen Vorhabens auf eine möglichst einfache Sprache runter zu brechen, ohne sie zu trivialisieren. Ich hatte eine Unmenge an Text und dies bedeutet, dass man sich ziemlich tief in die Materie hineinknien muss, damit man die Essenz von all dem erfassen kann – und letztendlich die Besucher und Besucherinnen in die Lage versetzt werden, diese Zusammenhänge nachvollziehen zu können. Michael Mayr hat jene Aufgabe zusammen mit mir gemeistert, indem er kleine Filme zu jedem Thema angefertigt hat, die stilistisch so angelegt sind, als würde man während des Erklärens das korrespondierende Bild vorgezeichnet bekommen. Die Zeichnungen stammen übrigens von Stefan Eibelwimmer, die tatsächliche Tischkonstruktion von Jakob Illera.
Der Burj Khalifa, das bis dato höchste Gebäude der Welt, als aufblasbares Modell. Credit: Marianne Ternek
Da die Teilnahme des Ars Electronica Futurelab bei diesem Ausstellungsprojekt an breiter Front gewünscht ist, gibt es über den Tisch hinaus noch andere Exponate die man exemplarisch nennen kann?
Marianne: Da wäre „Burj Khalifa“, das bis dato höchste Gebäude der Welt, das als aufblasbares Modell über zwei Stockwerke geht, zu nennen. Anhand dessen können sich Besucher und Besucherinnen Größenverhältnisse vergegenwärtigen. Das Objekt ist mit einer Leuchtanzeige ausgestattet und verwendet die gleiche LED-Technik, wie sie auch beim Aspern Skizzentisch eingesetzt wird. Mittels dieser Leuchtanzeige haben die Besucher und Besucherinnen die Möglichkeit, sich über ein Touch-Interface Höhen dreier bekannter Gebäude anzeigen zu lassen und sehen somit einen direkten Höhenvergleich. Wir haben für diese Installationen das Interface beigesteuert, dessen Software auch von Clemens Scharfen programmiert wurde.
Marianne Eisl (Ternek) ist seit 2015 Senior Researcher am Ars Electronica Futurelab in Linz. Während ihrer Zeit als Entwicklerin für AnwenderInnensoftware im Anwalt- und Notarbereich in Wien studierte sie an der Technischen Universität Wien Medieninformatik und sammelte dabei auch Erfahrungen als Tutorin für die Lehrveranstaltungen „Algorithmen und Datenstrukturen, „Video Analysis“ und „Video Analysis of Human Motion“. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich mit Microcontroller-Programmierung, Sensorik und intuitivem Interface-Design und arbeitete in diesem Bereich auch nach Abschluss des Studiums an einem weiterführenden Projekt der TU Wien mit.