Es ist bereits das dritte Mal, dass sich Freiwillige im Rahmen der HelferInnenkonferenz von ZusammenHelfen in Oberösterreich treffen, um sich auszutauschen, zu stärken und voneinander zu lernen. In den vergangenen beiden Jahren reisten Helfer und Helferinnen aus dem ganzen Bundesland und darüber hinaus nach Linz, um einen Tag lang die wichtigsten Themen in der Flüchtlingshilfe zu diskutieren. Auch dieses Jahr veranstaltet ZusammenHelfen Oberösterreich, die Anlaufstelle rund um das Thema geflüchtete Menschen beim Unabhängigen LandesFreiwilligenzentrum (ULF), die HelferInnenkonferenz als unterstützende Plattform für alle Engagierten am Ars Electronica Festival 2017.
Wie bereits in den Vorjahren stehen verschiedene Themenblöcke im Mittelpunkt, die die drängendsten Fragen in der Flüchtlingshilfe behandeln. Dieses Mal dreht sich alles um internationale Entwicklungen, Integration, Chancen und Medien.
Alle Engagierten und Interessierten, freiwillig oder hauptamtlich, können sich hier für die HelferInnenkonferenz anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos.
Wir haben mit Nicole Sonnleitner von ZusammenHelfen in Oberösterreich gesprochen und mehr über die aktuelle Situation im Bereich der Arbeit mit geflüchteten Menschen sowie über die Inhalte der dritten HelferInnenkonferenz erfahren.
Nicole Sonnleitner von ZusammenHelfen in Oberösterreich. Credit: Vanessa Graf
Die HelferInnenkonferenz findet dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt – warum wurde sie ins Leben gerufen?
Nicole Sonnleitner: Die HelferInnenkonferenz ist eine Stärkung von allen freiwilligen Engagierten, die mit geflüchteten Menschen arbeiten. Das Thema der Integration der geflüchteten Menschen wird langfristig aktuell sein, daher sind auch freiwillige Engagierte so wichtig. Freiwillige fragen auch bei uns nach genau solchen Angeboten nach, bei denen Inhalte vermittelt und Informationen weitergegeben werden. Sie schätzen die Konferenz sehr und erleben sie auch als Unterstützung für das freiwillige Engagement.
Welche Themen sind momentan besonders dringend in der Arbeit mit geflüchteten Menschen?
Nicole Sonnleitner: Da gibt es mehrere. Nach wie vor aktuell sind die Themen Arbeit und Wohnen. Besonders der Bereich Wohnen wird immer stärker, weil viele Menschen positive Asylbescheide bekommen, aus der Grundversorgung aussteigen und eine Wohnung brauchen. Ganz ähnlich verhält es sich beim Thema Arbeit. Bei den Freiwilligen werden auch Themen wie der Umgang mit negativen Bescheiden immer wichtiger. Das ist wirklich etwas, das Freiwillige sehr beschäftigt oder das für die Freiwilligen eine große Herausforderung ist. Wie gehe ich damit um, wenn ich zwei Jahre jemanden begleitet habe, der einen negativen Bescheid erhält und abgeschoben wird? Dafür müssen entsprechende Angebote geschaffen werden.
Die Halle, in der die HelferInnenkonferenz stattfinden wird, war vor zwei Jahren eine Notunterkunft für geflüchtete Menschen. Credit: Karl Schmidinger
Wie ist die Stimmung momentan unter den, aber auch gegenüber Freiwilligen?
Nicole Sonnleitner: Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass sich an der Stimmung nicht viel verändert hat. Es gibt nach wie vor sehr viele Menschen, die sich engagieren. Wir merken allerdings, dass manchen Freiwilligen einfach die Luft ausgeht. Es ist jetzt schon ein sehr langer Zeitraum, in dem sie sich, oft in einem hohen Stundenausmaß, engagieren. Es ist daher auch wirklich ganz wichtig, die Freiwilligen zu stärken und zu unterstützen. Wir merken auch, dass man noch immer mehr Menschen in diesem Bereich braucht. Die Leute, die im Freiwilligenbereich oder bei NGOs tätig sind, suchen nach neuen Freiwilligen.
Manchmal hat man auch das Gefühl, dass man sich für das Thema immer mehr rechtfertigen muss. Dafür, warum man sich engagiert, warum einem der Bereich ein Anliegen ist. Das hat sicher auch etwas mit der politischen Situation zu tun. Man merkt das hauptamtlich, aber auch freiwillig – man muss sich fast dafür rechtfertigen, dass man sich in einer positiven Weise einsetzt.
Letztes Jahr gab es viel Kritik, dass viel Arbeit, die eigentlich vom Staat übernommen werden sollte, auf Freiwillige abgewälzt wird. Wie ist die Situation in Oberösterreich?
Nicole Sonnleitner: Gerade in Oberösterreich habe ich das Gefühl, dass extrem viele Strukturen aufgebaut wurden. Das ist sicherlich hauptsächlich Integrationslandesrat Rudi Anschober zu verdanken. Vergleichbare Strukturen für Freiwillige gibt es wirklich selten. Auch dieses Netzwerk, das sich in Oberösterreich gebildet hat, ist bewundernswert.
Man muss natürlich auch sagen, dass man viele Bereiche, besonders auch, wenn es um Integration oder Zwischenmenschliches geht, nie nur mit Hauptamtlichen abdecken können wird. Mein Ansatz ist nach wie vor der, dass Integration jeden und jede von uns betrifft. Im Idealfall sollte man sich auch als Privatperson involvieren. Es geht hier um die Gestaltung unserer zukünftigen Gesellschaft, wenn man so will. Es gibt viele Bereiche, die durch Hauptamtliche abgedeckt werden müssen, weil man viel Wissen, Qualifikationen und Erfahrungen benötigt, aber es gibt auch einen Bereich, wo das durch freiwilliges Engagement extrem gut unterstützt werden kann.
Die Festival-Location POSTCITY als Transitlager. Credit: Rotes Kreuz Österreich
Bei der HelferInnenkonferenz werden vier Themenblöcke behandelt: International, Integration, Chancen und Medien. Was passiert in den unterschiedlichen Blöcken?
Nicole Sonnleitner: Grundsätzlich möchten wir mit den Themen die aktuellen Entwicklungen und Rückmeldungen von Freiwilligen aufgreifen. Das Thema International finde ich besonders, da die HelferInnenkonferenz im Rahmen des Ars Electronica Festivals stattfindet, absolut notwendig. Mit dem Thema International wollen wir darauf aufmerksam machen, dass wir nicht nur einen Fokus auf die eigene Gemeinde, den Bezirk oder Österreich haben, sondern dass auch internationale Entwicklungen wichtig sind. „La Fondation Orient – Occident“ ist ein Projekt aus Marokko, die in diesem Themenblock sprechen werden. Marokko ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert – wir möchten hier untersuchen, wie sie damit umgehen. Welche Ansätze könnten möglicherweise auch bei uns fruchten? Auch Gudrun Biffl von der Donauuni Krems wird sprechen. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Migration, ist wirklich eine Expertin und hat den entsprechenden Weitblick, mit dem sie auch aus wissenschaftlicher Sicht Entwicklungen aufzeigen kann. Wir wollen auch zeigen, dass das Thema Flucht nicht abgeschlossen ist.
Landesrat Rudi Anschober bei der HelferInnenkonferenz 2016. Credit: Tom Mesic
Was erwartet uns beim Themenblock Integration?
Nicole Sonnleitner: Beim Thema Integration spricht Kenan Güngör, Leiter vom Beratungs- und Forschungslabor „think.difference“. Er hat sehr interessante Ansätze, was Integration betrifft. Was sind die Voraussetzungen dafür, dass man geflüchtete Menschen wirklich auch zur Selbstständigkeit im neuen Land begleiten kann? Was sind die Voraussetzungen für Integration? Er hat viele Integrationsprozesse begleitet und hat einen Zugang, der uns sehr begeistert. Auch Landesrat Rudi Anschober wird in diesem Themenblock dabei sein, weil er sich den Fragen und Anliegen mit den Freiwilligen stellen will und wird. Es ist ein schönes Signal, dass er, der in Oberösterreich für Integration verantwortlich ist, sehr wohl Position bezieht und sich nicht scheut, diese Fragen anzunehmen.
Der dritte Themenblock behandelt Chancen.
Nicole Sonnleitner: Chancen und Perspektiven sind in diesem Zusammenhang extrem wichtig. Es geht vor allem um Chancen, was Asylwerber oder Asylwerberinnen, beziehungsweise anerkannte Flüchtlinge in Österreich betrifft. Als Good Practice Beispiel spricht hier Josef Bauer von „Wohnen mit Asyl“. Das ist eine Freiwilligeninitiative aus Wartberg ob der Aist, die wirklich höchstprofessionelle Strukturen aufgebaut hat, um die geflüchteten Menschen in ihrer Region beim Thema Wohnen zu unterstützen. Der Landesschulrat Oberösterreich wird bei diesem Thema auch vertreten sein. Es ist sehr wichtig, zu hinterfragen, wie die Chancen im Bezug auf Bildung und Ausbildung aussehen, besonders für junge geflüchtete Menschen. Unser zweiter Gast ist die Kattunfabrik, eine Textilfabrik aus Niederösterreich, die gemeinsam mit geflüchteten Menschen im Textilbereich positiv vorangehen.
Credit: Tom Mesic
Der letzte Themenblock behandelt Medien. Warum ist es wichtig, über dieses Thema im Freiwilligenbereich zu sprechen?
Nicole Sonnleitner: Medien haben auf dieses Thema einen sehr großen Einfluss. Mit Medien werden international, aber auch lokal Informationen und Ideen transportiert, werden Werte der Gesellschaft beeinflusst. Wir wollen mit diesem Thema aufzeigen, dass man sich damit bewusst auseinandersetzen muss. Unser Gast, Journalistin und Autorin Petra Ramsauer, wird ihr neues Buch vorstellen. Dieser Vortrag wird sicherlich sehr offen, aber natürlich auch sehr realitätsnah, weil sie direkt aus den Kriegsgebieten berichtet. Leute wie sie können in der öffentlichen Wahrnehmung eine ganz andere Perspektive einbringen, weil sie das Geschehen vor Ort kennengelernt und sich aktiv eingesetzt haben. Philipp Etzlinger von uugot.it wird zeigen, wie man sich im IT Beriech mit Technologien auseinandergesetzt hat, die man mittlerweile in der Arbeit mit Geflüchteten einsetzen kann. Es geht hier konkret um ein Sprach-Lern-Tool, das in Pilot-Regionen schon gut umgesetzt wird. Zusätzlich zu seinem Vortrag gibt es die Möglichkeit im ZusammenKommen Lab, diese Technologie wirklich auszuprobieren.
Das ZusammenKommen Lab am Ars Electronica Festival 2016. Credit: Tom Mesic
Das ZusammenKommen Lab findet an allen Tagen des Festivals statt und begleitet auch die HelferInnenkonferenz am Samstag. Um was handelt es sich bei diesem Lab?
Nicole Sonnleitner: Am Tag der Konferenz ist dieses ZusammenKommen Lab so angelegt, dass die die Themen der Konferenz in einer anderen Art und Weise behandelt werden. Hier geht es auch um ganz konkrete Anliegen der Freiwilligen, sowie um den Austausch. Auch eine Psychologin wird anwesend sein, die Fragen zu den Themen Abgrenzung und Traumatisierung beantworten wird. Wir geben hier den Vortragenden bei der Konferenz den Raum, sich mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen auszutauschen und zu vernetzen.
Die anderen Festival-Tage werden unterschiedlich bespielt werden. Es geht aber auch hier um Perspektiven und um den Austausch.
Die Verpflegung der Konferenz wird von SOS Menschenrechte, Über den Tellerrand Community Linz und dem Verein KAMA übernommen…
Nicole Sonnleitner: Alle drei Vereine sind selbst in unterschiedlicher Weise im Flüchtlingsbereich tätig. SOS Menschenrechte betreibt ein Asylquartier und macht außerdem gemeinsam mit Asylwerbern und Asylwerberinnen Caterings. Die Über den Tellerrand Community ist ein Freiwilligenprojekt, das mittlerweile auch in den Catering-Bereich eingestiegen ist. Die Initiatorin, Beate Adams, ist wirklich eine der Vorzeigefreiwilligen, weil sie extrem engagiert ist. Der Verein KAMA veranstalten Workshops und haben in ihrem Angebot auch Kochkurse von Asylwerbern und Asylwerberinnen, die gemeinsam mit Österreichern und Österreicherinnen stattfinden.
Uns war es wichtig, die Verpflegung selbst abzudecken. Wir wollen sichtbar machen, wie positiv sich Projekte entwickeln können, mit welcher Freude die Leute dabei sind oder wie stolz sie auf das sind, was sie machen.
Die 3. HelferInnenkonferenz wird von ZusammenHelfen in Oberösterreich im Rahmen des Ars Electronica Festivals 2017 am 9. September 2016 organisiert. Die Teilnahme ist kostenlos. Zielgruppe sind freiwillige und hauptamtliche HelferInnen, die geflüchtete Menschen bei ihrer Integration in Oberösterreich unterstützen. Zusätzlich sind auch AsylwerberInnen, die sich freiwillig engagieren oder gemeinnützig tätig sind, herzlich zu einer Teilnahme an der Konferenz eingeladen. Die Anmeldung zur Konferenz ist hier möglich. Bitte beachten Sie, dass Ihre Anmeldung erst nach telefonischer oder elektronischer Bestätigung von ZusammenHelfen in Oberösterreich gültig ist.
Das Medienkunstfestival der Ars Electronica wird von 7. bis 11. September in der POSTCITY Linz unter dem Thema „Artificial Intelligence – Das Andere Ich“ stattfinden. Um mehr über das Festival zu erfahren, folgen Sie uns auf Facebook, Twitter, Instagram und Co., abonnieren Sie unseren Newsletter und informieren Sie sich auf https://ars.electronica.art/ai/.