Aus der Zusammenarbeit mit TAICCA und weiteren Taiwanesischen Partnern entspringende Projekte bringen KI-Reflexion und künstlerische Innovation zum Ars Electronica Festival.
Taiwan – eine Inselnation im Mittelpunkt geopolitischer Spannungen und technologischen Fortschritts. Umgeben von den Herausforderungen seiner komplexen geopolitischen Beziehungen in Ostasien und dem Streben nach internationaler Anerkennung, hat Taiwan eine starke kulturelle Identität entwickelt. Diese spiegelt sich in der vielfältigen Kreativszene wider, die traditionelle Wurzeln mit modernen Innovationen vereint. Ein Zukunftsmodell über Grenzen hinweg? In diesem Kontext spielt die Taiwan Creative Content Agency (TAICCA) eine entscheidende Rolle, indem sie taiwanesische Kreativindustrie fördert und international vernetzt. So führt die Zusammenarbeit zwischen Ars Electronica und TAICCA zu interkulturellem Austausch.
Aus dieser Kollaboration entstanden diverse Formate – von Mentoring bis hin zu Workshop-Sitzungen, die in Taiwan organisiert wurden. Aus diesem dynamischen und interaktiven Prozess entsprungen, bringen taiwanesische Künstler*innen 2024 spannende Projekte und gesellschaftskritische Fragen zum Ars Electronica Festival.
Wie können wir das Bewusstsein für Vorurteile über KI schärfen? Wie kann KI noch inklusiver und gerechter werden? Das Artistkollektiv Dimension Plus bietet eine Antwort auf diese Fragen. Ihr Projekt „AI Bias Unmasked“ wurde im Rahmen des TAICCA x Ars Electronica Art Thinking Program realisiert. KI, digitaler Humanismus, Nachhaltigkeit, Transparenz, globale Gerechtigkeit und Inklusion – unter zahlreichen eingereichten Projekten wurde das von Dimension Plus ausgewählt und anschließend in verschiedenen Workshops erarbeitet. Die immersive Installation befasst sich mit der Komplexität der Wahrnehmung und Kategorisierung von Objekten durch KI. Der spannende Ausgangspunkt ist dabei die taiwanesische Delikatesse „Schweineblutkuchen“ – ein Beispiel wie KI kulturelle Artefakte falsch darstellt.
Wer sich näher für dieses interdisziplinäre Projekt interessiert und tiefer in ein Gespräch über die Verbindung von Technologie und Kultur eintauchen möchte, sollte keinesfalls die Podiumsdiskussion „Rise Up, Data Peasants: Opportunities for International Co-production and Corporate Synergy“ verpassen. Am Samstag, 7. September, ab 16:00 Uhr lädt TAICCA auf der Lecture Stage in der POSTCITY dazu ein, gemeinsam mit Persönlichkeiten aus Technologie, Wirtschaft und Medien der Frage nachzugehen, wie Taiwans Kunstszene mit Technologien und Unternehmen interagiert, mit dem Ziel einer Zukunft voller Nachhaltigkeit und Wohlstand. Diese Diskussion will dazu anregen, unsere Rolle in einer technologisch-feudalen Gesellschaft zu überdenken und Synergien zu fördern, die einen nachhaltigen und auf den Menschen ausgerichteten Fortschritt unterstützen.
Auch mit KI, aber mit Fokus auf interaktive Ausstellungsstücke und Besucher*innenerfahrungen beschäftigt sich das Projekt „Exploration and Exploitation—AI Interactive Video“, das das Künstler*innenkollektiv „Simple Noodle Art“ nach dem Auftrag von NTMoFA, National Taiwan Museum of Fine Arts und Ars Electronica kreiert hat. Die Installation, bestehend aus einem interaktiven Video-System, das Erzählperspektiven auf Emotionen des Publikums abstimmen kann, untersucht KI-gesteuerte Erzählungen und personalisierte Inhalte für Social Media. Der Fokus liegt auf der Frage, ob KI soziale Spaltungen verschärft.
Durch die Präsenz beim Festival bekommen taiwanesische Kunstschaffende aus der Medienkunstszene internationale Sichtbarkeit, gleichzeitig fördert dies interkulturellen Austausch. Neue Perspektiven, die helfen künstlerisches Denken zu nutzen, um kreative Lösungen für eine bessere Gesellschaft der Zukunft zu entwickeln. So tragen auch die Kunstwerke taiwanesischer Künstler*innen ihren Teil dazu bei, dass gemeinsam eine Antwort auf die Frage des Festivalthemas „HOPE – who will turn the tide“ gefunden werden kann.
Wer noch tiefer in die taiwanesische Kunstszene eintauchen möchte, sollte neben den oben vorgestellten Projekten auch keinesfalls die weiteren Programme aus Taiwan verpassen, die auf dem Festival präsentiert werden:
Taiwanesische Choreograph*innen und Medienkünstler*innen aus Linz haben unter dem Titel „WHAT IS REMAINING“ einen dreiteiligen Tanzabend im Deep Space 8K choreographiert. Die Körper der Tänzer*innen werden hier in den Ausdrucksformen der Medienkünstler*innen fortgesetzt.
Auch unter den Ars Electronica Features – eine enge Zusammenarbeit mit Partner*innen aus aller Welt – findet sich mit TAIPEI: Metaverse Alliance taiwanesische Repräsentation. „Resonance of Hope: Exploring Love, Technology, and Peace in Turbulent Times“ befasst sich mit diesen miteinander verbundenen Themen und nutzt Kunst und Technologie, um globale Herausforderungen anzugehen. Ausgestellte Werke wie „Future Morphoid: A Cozy Afternoon in Taipei“ und „Heartbreak Funeral Service“ vermitteln eindringliche Erlebnisse, die die Kontraste des taiwanesischen Lebens einfangen und den Einzelnen zum kritischen Diskurs und zur gemeinschaftlichen Selbstbeobachtung einladen, um Empathie und globale Harmonie zu fördern.
Die Campus Ausstellung wird durch die National Tsing Hua University und die Taipei National University of the Arts ebenfalls um eine taiwanesische Perspektive erweitert. Erstere will mit ihren Projekten unter dem Titel „Anthropogenic Encroachment“ zum Nachdenken über die Rolle des Menschen als Eindringling und Kollaborateur in postnatürlichen Ökosystemen anregen und nutzt Kunst, um die Technologisierung und ihre Auswirkungen auf Verhalten, Wahrnehmung und Verständnis zu untersuchen. In der Ausstellung „Observer Pattern“ der Taipei National University of the Arts wird die Rolle von Maschinen untersucht, einerseits als Werkzeuge und Helfer in der Medienkunst – unter dem Aspekt der sich entwickelnden kulturellen und technologischen Landschaft Taiwans und andererseits das Zusammenspiel von menschlicher Intuition und Interaktion mit Maschinen.
Die Zusammenarbeit zwischen Ars Electronica, TAICCA und NTMoFA zeigt, wie wichtig interkultureller Austausch und künstlerische Kollaboration sind, um globale Herausforderungen anzugehen. So tragen die während des Ars Electronica Festival ausgestellten Projekte dazu bei, anstatt eines passiven Wartens, aktiv Hoffnung zu kreieren und zu thematisieren – durch ihre Geschichten, durch ihre innovativen Ideen und durch einen frischen Blickwinkel.
Die Projekte sind im Rahmen des Ars Electronica Festival 2024 von 4. bis 8. September in der POSTCITY und im Deep Space 8K des Ars Electronica Center zu sehen. Tickets für das Ars Electronica Festival gibt es hier.
Das Panel „Rise Up, Data Peasants: Opportunities for International Co-production and Corporate Synergy“ wird von der Taiwan Creative Content Agency (TAICCA) präsentiert, die vom taiwanesischen Kulturministerium unterstützt wird. Das Gewinner*innenprojekt des „TAICCA x Ars Electronica Art Thinking Program“ wurde außerdem mit dem Technology Innovation Award des Quanta Research Institute ausgezeichnet.