Prix-Jury-Wochenende in Linz

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Der Prix Ars Electronica ist seit 1987 einer der wichtigsten Preise, die es in der Welt der Medienkunst zu gewinnen gibt. Der Entscheidungsprozess darüber, welche Arbeiten prämiert werden, ist durchaus umfangreich, schließlich gilt es, tausende Einreichungen zu sichten und am Ende die besten, die interessantesten Werke auszuwählen. Dieser Prozess wird freilich nicht von einer Person erledigt, sondern von vielen, angefangen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ars Electronica, die die Vorjury vornehmen, um schließlich eine überschaubare Zahl an Arbeiten in die Hände der Prix-Jurorinnen und Juroren zu übergeben.

Die Prix-Jury 2013

Bevor die Mitglieder der Prix-Jury also ihre Arbeit aufnehmen, wurde schon einiges erledigt. Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt haben ihre Arbeiten via Online-Plattform (http://prix.aec.at) eingereicht, Videos, Fotos, Dokumentationen eingeschickt, die Prix-Datenbank mit allen notwendigen Infos gefüttert. Diese Prix-Datenbank wird vom Team der Ars Electronica bearbeitet (das selbe Team ist übrigens auch für die Entwicklung des Festivals verantwortlich, was durchaus Sinn ergibt, schließlich inspirieren sich Festival und Prix idealerweise gegenseitig), die Einreichungen auf Vollständigkeit überprüft, wenn Informationen unklar sind, wird mit den KünstlerInnen Kontakt aufgenommen, und so weiter, und so fort.

Computer Animations, es scheint Spaß zu machen. Von links nach rechts: Tomek Bagiński (PL), Chris Bregler (DE/US), Suzanne Buchan (CH/UK), Anezka Sebek (US), David O’Reilly (IE/US), Christine Schöpf (AT), Jürgen Hagler (AT), Remo Rauscher (AT), Michael Lettner (AT)

Nach dem Ende der Einreichzeit geht das dann darum, das Material zu sichten, die Vorjury braucht ungefähr 1 Woche, um die Werke, die für eine Goldene Nica oder eine Auszeichnung in Frage kommen, herauszufischen und so vorzubereiten, dass die Prix-Jury ihre Arbeit erledigen kann. Es gilt, technische Probleme zu lösen, Informationen zu vervollständigen, quasi nebenher die An- und Abreise der Prix-Jury zu organisieren, und noch einiges mehr. Logistisch gesehen ist der Ablauf kein Honiglecken, wenn Sie mal mit richtig motivierten Leuten zu tun haben wollen, sollten Sie dem Festival-Büro in dieser Phase einen Besuch abstatten.

Doch der spannendste Teil des Prozesses ist das Wochenende, an dem alle Jurorinnen und Juroren der jeweiligen Kategorien in Linz zusammenkommen, um zu sondieren, zu diskutieren, manchmal auch um zu streiten, mit dem Auftrag, 7 Goldene Nicas zu vergeben, mit der die beste Arbeit in jeder Kategorie ausgezeichnet wird. Pro Kategorien werden 5 Personen eingeladen, und das Jury-Wochenende hat dann ein wenig etwas von einer Klassenfahrt, mit dem Unterschied, dass sich die meisten JurorInnen erst in Linz kennenlernen.

Abendprogramm, hier in der voestalpine Stahlwelt

Und zum Kennenlernen bleibt viel Zeit, schließlich nehmen die Sitzungen 3 ganze Tage in Anspruch, man isst gemeinsam zu Mittag, man isst gemeinsam zu Abend, 3 Tage lang ist man beinahe rund um die Uhr mit dem Prix und seiner Umgebung beschäftigt. Der Entscheidungsprozess ist also ein gründlicher, hier wird nicht im Schnellverfahren herumgepfuscht, die Einreichungen werden ausgiebig besprochen, jeder von ihnen wird die Aufmerksamkeit zu Teil, die sie sich verdient hat, und selbst wenn es am Ende nicht für eine Nica reicht, so ist schon das Erreichen dieser Phase des Auswahlprozesses ein Indiz für Qualität.

Jeff Mills (US), einer der „Erfinder“ von Techno, und Pamela Z (US), Komponistin/Performerin und Medienkünstlerin Digital Musics

Die Sitzungen an sich sind geheim, im Raum befinden sich lediglich die jeweiligen Jury-Mitglieder und ein oder zwei MitarbeiterInnen der Ars Electronica, die die Arbeit unterstützen.

Wonach genau sucht die Jury?

Je nach Kategorie gibt es verschiedene Kriterien, die mehr oder weniger wichtig sind. Christine Schöpf und Jürgen Hagler erklären in folgendem Artikel im Detail, wie es beispielsweise im Bereich Computer Animation abläuft, wo technische Kriterien eine große Rolle spielen, aber die inhaltliche Komponente fast immer das entscheidende Kriterium ist. In Kategorien wie Hybrid Art oder Digital Communities, die überhaupt hauptsächlich über inhaltliche Rahmenbedingungen definiert werden, ist der Entscheidungsprozess wieder ein wenig anders, aber im Wesentlichen geht es trotzdem in jeder Kategorie darum, die Arbeit zu finden, die im jeweiligen Feld die größte Wirkung, den größten Einfluss entfaltet, die stärkste Nachricht transportiert.

Hybrid Art, v.l.n.r.: Arthur I. Miller (UK), Jurij Krpan (SL), Andrea Grover (US), Karin Ohlenschläger (DE/ES)

Dass diese Fragen natürlich auch stark von der eigenen Person abhängen, von den eigenen Erfahrungen und Sichtweisen, liegt auf der Hand, und genau das ist die Würze im Entscheidungsprozess der Jury. MusikerInnen verschiedener Richtungen diskutieren mit MusikwissenschaftlerInnen, AktivistInnen mit Sci-Fi-AutorInnen, unterschiedliche Perspektiven treffen aufeinander, und am Ende kann man sich sicher sein, dass die Projekte, die ausgewählt wurden, in jedem Fall von herausragender Qualität sind. Eben weil sie nicht nur von einer Richtung aus betrachtet werden, sondern von vielen, und zu verschiedenen Menschen auf unterschiedliche Art sprechen, sich nicht um Grenzen oder Rahmenbedingungen kümmern, sondern um den Inhalt, um die Nachricht, und den Weg wählen, der diese Nachricht am besten transportiert.

Die Jury tagt insgesamt von Freitagfrüh bis Sonntagnachmittag, am Sonntag werden die Goldenen Nicas und Auszeichnungen der verschiedenen Kategorien intern präsentiert. Dabei muss jede Jury eine Begründung abgeben, wieso man sich gerade für die gezeigten Projekte entschieden hat, und auch, wenn viele von den letzten Tagen ein wenig gezeichnet sind, ergibt sich hier des öfteren noch die ein oder andere Diskussion, das Interesse an den Arbeiten aus den anderen Kategorien ist groß.

Bruce Sterling (US), Juror für Digital Communities, Sci-Fi-Autor

Schließlich endet das Wochende, die JurorInnen gehen ihrer Wege oder Flüge, doch die Arbeit ist noch nicht getan, jede und jeder muss noch Statements zu den prämierten Werken verfassen, die sich unter anderem im CyberArts-Katalog wiederfinden.

Und auch das Team der Ars Electronica ist wieder fleißig, es gilt, die GewinnerInnen zu verständigen, rechtliches mit ihnen abzuklären, es beginnt die Organisation der Anreise der KünstlerInnen zum Festival, die Installationen wollen auch nach Linz gebracht werden, um im Rahmen der CyberArts-Ausstellung beim Festival präsentiert werden zu können und so weiter, und so fort.

Die Öffentlichkeit erfährt dieses Jahr übrigens Mitte Mai, wer gewonnen hat, die Pressekonferenz wird live übertragen und per Twitter betreut.

Das Jury-Wochenende ist vorbei, der Prix noch lange nicht.

Danke schön an alle, die das Wochenende zu einem großartigen Erlebnis gemacht haben!

Sirikit Amann, Norbert Artner, Tomek Bagiński, Ian Banerjee, Florian Bauböck, Robert Bauernhansl, Bernhard Böhm, Chris Bregler, Benjamin Brockhaus, Ludger Brümmer, Suzanne Buchan, Viktor Delev, Michael Doser, Marlene Eggenreich, Electric Indigo, Emre ErkaI, Maria Falkinger, Ingrid Fischer-Schreiber, Gerhard Funk, Gregor Göttfert, Andrea Grover, Jens Hauser, Sarah Hellwagner, Martin Honzik, Horst Hörtner, Ela Kagel, Jurij Krpan, Michael Kaczorowski, Conny Lee, Hannes Leopoldseder, Michael Lettner, Veronika Liebl, Karl Markovics, Johanna Mathauer, Tom Mesic, Arthur I. Miller, Jeff Mills, Leila Nachawati, Manuela Naveau, Marcus Neustetter, Emiko Ogawa, Karin Ohlenschläger, David O’Reilly, Gustav Pomberger, Johannes Ramsl, Remo Rauscher, Martina Rauschmayr, Genoveva Rückert, Mariano Sardón, Olga Shishko, Miriam Schmeikal, Karl Schmidinger,Christine Schöpf, Anezka Sebek, Christopher Sonnleitner, Bruce Sterling, Michael Sterrer-Ebenführer, Gerfried Stocker, Martin Sturm, Jer Thorp, Maholo Uchida, José Luis de Vicente, Florian Voggeneder, Susi Windischbauer, Lei Yang, Pamela Z