„Projekt Genesis“ für alle

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Nicole Grüneis ist Mitarbeiterin der Abteilung „Bildung und Kulturvermittlung“ im Ars Electronica Center. Sie konzipiert unter anderem Programmangebote wie Führungen und Workshops zu den Ausstellungen. Im Interview erzählt sie über die Vermittlungsarbeit für die Ausstellung „Projekt Genesis – Das Leben aus dem Labor“.

The New Weathermen (Foto: Martin Hieslmair)

Wie seid ihr die Herausforderung angegangen, eine Ausstellung zu einem komplexen Thema wie „synthetische Biologie“ aufzubereiten?

Synthetische Biologie ist stark expertenbehaftet. Gentechnik und Molekularbiologie spielen eine große Rolle – Themen, die nach Labor klingen. Wenn diese in den Medien plötzlich mit einer hohen Gewichtung aufgegriffen und als zukunftsverändernd präsentiert werden, können sie Angst machen. Diese Angst möchten wir den Besuchern nehmen, indem wir zeigen, wie die Entwicklung zur synthetischen Biologie uns schon immer begleitet hat. Wir können kaum Detailwissen zu diesem Fachthema vermitteln, aber wir bieten Erklärungen der grundlegenden Begriffe, um so eine Basis für Meinungsbildung zu schaffen. Die Infotrainer stehen als Diskussionspartner in der Ausstellung bereit. Denn die Vermittlung, die wir den Besuchern anbieten, hört nicht mit den wissenschaftlichen Tatsachen auf. Die Infotrainerarbeit fängt dort erst richtig an, wo ethische, moralische und philosophische Fragen aufgeworfen und diskutiert werden.

Für wen eignet sich die Ausstellung?

Für jeden. Synthetische Biologie betrifft uns alle. Ein Thema für möglichst viele – also auch für Kinder – attraktiv zu machen, ist unsere Aufgabe. Die Besucher müssen keinesfalls wissenschaftlichen Hintergrund mitbringen, Interesse und Offenheit reichen aus. Für jede Zielgruppe gibt es einen Zugang. Für Volksschüler ist die Ausstellung „Ein verrücktes Huhn“ des Kindergartens der Zukunft, wo ein Huhn sehr „huhnfremde“ Eier legt, ein toller Einstieg. Für Erwachsene gibt es eine Spezialführung „Projekt Genesis“, die im BioLab startet, wo sich anschaulich die wissenschaftliche Basis und die Entwicklung der synthetischen Biologie vermitteln lässt. Die synthetische Biologie ist ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern ist etwas, das sich schon lange Schritt für Schritt aus der Biotechnologie entwickelt hat. Diese wiederum hat sich auch seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden entwickelt mit der Domestizierung, mit dem Ackerbau. Das ist was, das ganz ganz langsam gekommen ist. Auch Experten diskutieren darüber, wo Kultivierung aufhört und wo synthetische Biologie anfängt. Es gibt da keine klaren Grenzen. Aber wenn man über Biobricks und organische Veränderungen spricht, Manipulationen in den Organismen, braucht man eine Idee, was DNA ist, was Gensequenzen sind. Das wird im BioLab gut veranschaulicht. Mit diesen Grundlagen kann man dann über die ausgestellten Kunstwerke und deren Absichten reden.

„AEC“ als DNA codiert

Und wer nicht an einer Führung teilnehmen möchte?

Jeder kann natürlich auch selbstständig die Ausstellung besuchen. Auch über die Begriffsdefinitionen, die architektonisch in der Ausstellung die äußere Hülle bilden, kann man ins Themengebiet einsteigen und sich über die künstlerischen Arbeiten weiter annähern. In der Mitte des Ausstellungsraumes gibt es dann einen Workshop-Bereich, in dem sich die Besucher an kleinen Mitmachaktionen beteiligen können: „ARS DNA“ veranschaulicht, wie Information als DNA gespeichert werden kann. Die Besucher können eine Zeichenfolge wie Name oder Geburtsdatum eingeben und erhalten diese als DNA-Sequenz umgerechnet. Ursprünglich stammt diese Idee von George Church, der das zum ersten Mal gemacht hat. Das ist auch ein spannender Bezug zum diesjährigen Festival Ars Electronica – dem Erinnerungsfestival – weil man auf diesem Weg Information auf sehr spezielle Art und Weise sehr langfristig speichern kann. Als Aufkleber kann man seine Sequenz dann als Erinnerungsstück mitnehmen oder auf einer Wand mit anderen Nachrichten verbinden.
Während des Ars Electronica Festival bieten Studenten der „École de recherche graphique“, Brüssel, vom 6. bis 8. September zusätzlich einen Hybrid-Workshop an, der Kindern Zugang zum wissenschaftlichen Hybridisieren ermöglichen soll. Dabei können Kinder aus Zeitungsausschnitten eigene Hybridwesen zusammenbasteln und als neue Lebensform drucken lassen. Auch diese können als Andenken mitgenommen werden oder als Teil der Ausstellung verbleiben.

Nicole Grüneis startete 2009 als Infotrainerin im Ars Electronica Center. Seit Juli ist sie Mitarbeiterin der Abteilung „Bildung und Kulturvermittlung“ und konzipiert unter anderem Programmangebote wie Führungen und Workshops zu den Ausstellungen.

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