Das Ars Electronica Futurelab kann auf eine langjährige Erfolgsgeschichte in der Zusammenarbeit mit KünstlerInnen und ForscherInnen aus der ganzen Welt zurückblicken. Thematisch liegt der Schwerpunkt dieser Zusammenarbeit vor allem auf transdisziplinären Projekten in der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Gesellschaft. Aus diesem Grund verfügt Ars Electronica über ein weltweites Netzwerk an Kooperationspartnern. Das Ars Electronica Residency Network (AERN) ist der erfolgreiche Versuch, dieses Netzwerk zu systematisieren, um KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen sowie Partnerinstitutionen die Möglichkeit zu bieten, an außergewöhnlichen Herausforderungen, mit den Mitteln eines Residency Programms, zu arbeiten.
Das jüngste Residency Programm ist das Programm CAT@Ars Electronica und ist das gemeinsame Residency Programm der Chungnam Culture Technology Industry Agency (CTIA) und Ars Electronica. CAT@Ars Electronica, kurz für CTIA Art Technologie im Ars Electronica Futurelab, unterstützt koreanische Kunst- und Technologieprojekte mit der Möglichkeit einer Residency im Ars Electronica Futurelab. Es richtet sich an koreanische KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen, die ihre zukunftsweisenden Ideen im Bereich von Kunst und Technologie weiterentwickeln möchten. Durch die Residency im Ars Electronica Futurelab haben sie die Möglichkeit ihre Projekte in einem bereichernden Umfeld und im Austausch mit den Mitgliedern des Ars Electronica Futurelabs zu entwickeln, die auf ihre Erfahrungen mit Projekten im Schnittpunkt von Kunst, Technologie und Gesellschaft zurückgreifen können.
Das erste Projekt im Rahmen des CAT@Ars Electronica Programms nennt sich “planted – A media Art with Specially Designed Advanced Sound System & Visual Media” und ist von dem südkoreanischen Künstler Young Sun Kim. In diesem Projekt stellt er sich zentrale Fragen, wie „Können mit den existierenden Medien reine Informationen zur Verfügung gestellt werden? Was, wenn reine Information gebraucht wird, die direkt aus der Natur gewonnen wird? Medien wie TV Programme und Filme beinhalten immer die Perspektive der Produzenten und Regisseure. Ist es möglich diese Produktionsperspektive zu minimieren? Wäre dann Natur das Medium zwischen Gott und Menschen?“
Wir konnten im Interview mit Young Sun Kim über diese Fragestellungen und seine Arbeit im Ars Electronica Futurelab reden und ihn fragen, was es damit auf sich hat, dass er den Gefühlen von Pflanzen auf der Spur ist.
Hallo Young Sun! Warum hast du dich eigentlich dazu entschlossen beim Residency Programm CAT@Ars Electronica teilzunehmen?
Young Sun Kim: Im Bereich der Medienkunst ist das Residency Programm CAT@Ars Electronica eines der besten Programme, die es in Korea gibt. Ars Electronica nimmt eine führende Rolle in der Entwicklung der Medienkunst und der Unterstützung lokaler Städte in der Kunst-und Kulturindustrie ein. Es freut mich, dass meine Erfahrungen als Ingenieur und Künstler dazu beitragen, diese Entwicklungen voranzutreiben. Mit der Möglichkeit ein Artist in Residence im Ars Electronica Futurelab zu sein, möchte ich meinen Horizont erweitern und von den Menschen der Ars Electronica lernen – nicht nur über technischen Angelegenheiten, sondern auch darüber, wie wir uns für eine bessere Zukunft einsetzen können. Wenn man also eine so großartige Chance hat bei so etwas mitzumachen, dann sollte man diese Gelegenheit auch nutzen. Das ist der Grund, warum ich beschlossen habe, an diesem Programm teilzunehmen.
In deiner Projektbeschreibung stellst du unter anderem die Frage, ob unsere bestehenden Medien reine Informationen bereitstellen können. Was meinst du mit „reinen Informationen“?
Young Sun Kim: Reine Information ist jene Information, die noch von niemandem beurteilt wurde. Wenn uns Informationen erreichen, stimuliert das unsere Sinne und unsere Gedanken und da gibt es eine kurze Zeitspanne bevor man auf so eine Stimulation reagiert. Zwischen der Stimulation und der Reaktion ist der ultimative Zeitpunkt, in dem Informationen ohne irgendeine Beurteilung platziert werden. Ich glaube, dass die Information, die sich in diesem Raum befindet die reine Information ist.
Warum ist es wichtig reine Informationen von elektronischen Medien zu bekommen?
Young Sun Kim: Elektronische Medien sind sehr eng mit unserem städtischen Leben verbunden. Wir sind ständig damit umgeben. Die Informationen, die wir durch elektronische Medien erhalten, werden bei der Produktion der Medien aber durch die Ansichten des Medienherstellers beeinflusst. Das grenzt unser Wissen massiv ein. Ich erwarte von elektronischen Medien, dass sie uns dabei helfen unser Wissen zu erweitern, damit wir mehr über unsere Umwelt und die Natur verstehen. Es ist sehr wichtig, dass uns elektronische Medien nicht beschränken, sondern uns helfen, unser Verständnis gegenüber der Natur zu erweitern.
Worum geht es in deiner Projektarbeit?
Young Sun Kim: Es geht dabei darum Sound aus Sicht kleiner wildwachsender Blumen darzustellen. Ich studiere Töne und Geräusche schon sehr lange, daher interessiere ich mich für die Frage, was wäre, wenn Blumen die Fähigkeit hätten Geräusche wahrzunehmen. Wie würden sie diese hören und wie würden sie sich dabei fühlen? Die kleinen Blumen, die am Straßenrand wachsen, sind schwach und einsam, da sie immer der Gefahr ausgesetzt sind von Menschen ignoriert zu werden. Diese Gefühle kann ich gut nachvollziehen. Obwohl man in Südkorea ständig von Menschen umgeben ist, kann es vorkommen, dass man von ihnen ignoriert wird und man fühlt sich einsam und alleine. Also entwarf ich ein Ton Aufnahme-und Wiedergabesystem, das wiederspiegeln soll, wie sich die kleinen Pflanzen fühlen könnten.
Was sind die größten technischen Hürden dabei?
Young Sun Kim: Ich zeichne den Klang der Umgebung der Blumen mit einer neuen Surround-Aufnahmetechnik, die mit Hilfe von Wellenfeldsynthese funktioniert, auf, um es so natürlich wie möglich klingen zu lassen. Die Entwicklung dieser Technik ist die größte Herausforderung dabei.
Was ist eine Wellenfeldsynthese und warum verwendest du diese Technik?
Young Sun Kim: Wellenfeldsynthese ist ein räumliches Audiowiedergabeverfahren mit dem Ziel, virtuelle akustische Umgebungen zu schaffen. Die Synthese erzeugt Wellenfronten, die von einem virtuellen Punkt ausgehen. Surround-Sound-Systeme, die nicht die Technik der Wellenfeldsynthese nutzen, haben einen Sweetspot. Das heißt man bekommt nur einen ausgewogenen Surround-Sound, wenn man sich genau in der Mitte der Lautsprecher befindet. Mit Hilfe der Wellenfeldsynthese könnten aber virtuelle 3D-Sounds erzeugt werden, die viel realistischer klingen, da sie keinen Sweetspot haben und dadurch nicht von der Zuhörerposition im bespielten Raum abhängig sind.
Was erwartet die Besucherinnen und Besucher des Ars Electronica Festivals 2014?
Young Sun Kim: Die Besucherinnen und Besucher sollen das Ergebnis unserer Arbeit zu sehen, oder besser gesagt zu hören, bekommen. Sie werden den Sound aus Sicht kleiner Blumen hören können. Das soll sie dazu anregen über ihre Umgebung und über ihre Verbindung mit der Natur nachzudenken.
Was wird zu hören sein?
Young Sun Kim: Der Sound wird sich in gewisser Weise ähnlich anhören wie jener, den man normalerweise aus Umgebungsgeräuschen kennt. Man wird diese aber ganz anders wahrnehmen als sonst.
Wenn auch Sie den Gefühlen von Pflanzen auf die Spur kommen wollen, haben sie die Möglichkeit beim Ars Electronica Festival 2014, von 4. – 8. September. Zu finden sein wird diese Soundinstallation während des Ars Electronica Festival im Akademischen Gymnasium Linz. Nähere Informationen dazu erfahren Sie bald unter: https://ars.electronica.art/c/programm/