Foto: Martin Hieslmair
Alpen, Mozart, Schnitzel, „Sound of Music“. Wer an Österreich denkt, hat bestimmte Bilder über das Land im Kopf. Bei den Gesprächen mit Menschen, die noch nie in Österreich waren, ist Verena Mayrhofer vielen Stereotypen begegnet, die sie nun in Interviewform gesammelt und als akustische Zeitdokumente in ein Gewürzregal einsortiert hat. Der „Draw:er“ ist derzeit im Rahmen der Ausstellung „TIME OUT .03“ in Zusammenarbeit mit dem Studiengang „Zeitbasierte und Interaktive Medien“ der Kunstuniversität Linz im Ars Electronica Center zu sehen.
Welche Fragen hast du den Menschen gestellt?
Verena Mayrhofer: Ich habe in meinen Interviews eigentlich drei Fragen gestellt. Zuerst wollte ich wissen, welche Bilder den Menschen in den Kopf kommen, wenn sie an Österreich denken. Dann habe ich gefragt, woher sie glauben, dass diese Bilder kommen. Eine weitere Frage war noch, ob sie Persönlichkeiten aus Österreich kennen. Diese Interviews wurden dann in verschiedene österreichische Dialekte übersetzt, von ÖsterreicherInnen gesprochen und als Audiodateien in die Schubladen des Gewürzregals einsortiert. Die Lautstärke der einzelnen Laden ist stufenlos verstellbar – es wird lauter, wenn die Schublade weiter geöffnet wird. Dabei kann man auch andere Laden gleichzeitig öffnen und die Sounds mischen wie man will.
Foto: Florian Voggeneder
Dabei kommen viele typische klischeehafte Bilder über Österreich zu Tage…
Verena Mayrhofer: Natürlich geht es um Vorurteile, aber es geht auch darum, wie man selber damit umgeht. Fühlt man sich persönlich angesprochen mit der eigenen Nationalität, wenn jemand aus einem anderen Land darüber spricht? Es ist deshalb so spannend, weil man nur die Dialektversion des Interviews und hier auch nur die Antworten hört. Kann man dann trotzdem noch erkennen, woher diese Person kommt, wenn sie im Dialekt über Österreich spricht?
Welche Leute hast du interviewt?
Verena Mayrhofer: Menschen aus Namibia sind dabei, aus Neuseeland, Japan, Chile, Hawaii, aber auch aus Europa wie Großbritannien oder Italien. Ich habe versucht, von verschiedenen Regionen der Welt Interviews über Österreich zu bekommen. Es gibt mehr Interviews als Laden. Die SprecherInnen, die im österreichischen Dialekt die unterschiedlichen Antworten vorlesen, habe ich jedoch in meinem persönlichen Umfeld hier in Oberösterreich gefunden. Das hat ziemlich gut funktioniert, selber habe ich auch Antworten eingesprochen.
Warum hast du gerade das Gewürzregal als Gehäuse deiner Audioinstallation gewählt?
Verena Mayrhofer: Dieser Keramikladen ist für mich ein traditionelles Symbol für Österreich. Auf den Schubladen des Gewürzregals, das in vielen Küchen damals nicht fehlen konnte, ist ja immer auch schon vorher beschriftet, was in den Laden drinnen ist. Von Pfeffer angefangen, über Kaffee bis hin zu Zucker. Für mein Projekt war es dann jedoch nur etwas schwierig, das passende Gewürzregal zu finden.
Und warum hat dich das Thema „Nationalität“ interessiert?
Verena Mayrhofer: Auf die Idee des „Draw:er“ bin ich eigentlich auf meiner Asienreise gekommen, als ich immer wieder mit Leuten ins Gespräch kam und ihnen erzählte, dass ich aus Österreich komme. Es war damals die Zeit als in den internationalen Medien über den Inzestfall des Josef F. in Amstetten berichtet wurde, der seine Tochter jahrelang im Keller hielt. „Ach so, du bist auch aus Österreich?“ waren damals die Reaktionen. Und es war auch interessant, wie ich selbst darauf reagiert habe. Auf irgendeine Art und Weise identifiziert man sich dann doch mit der eigenen Nationalität.
Foto: Martin Hieslmair
Warst du von den Antworten überrascht?
Verena Mayrhofer: Von manchen war es relativ klar, dass die Antworten so ausgefallen sind wie sie sind. Viele haben aber auch gesagt, dass sie sich zuvor eigentlich noch nie Gedanken über Europa gemacht haben. Das hat auch mir zu denken gegeben.
Die Ausstellung “TIME OUT .03” ist noch bis Juni 2015 im Ars Electronica Center Linz zu sehen.