netidee: Projekte mit Schneeballeffekt gesucht

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Den Zugang zum Internet und dessen Möglichkeiten in Österreich zu verbreiten und – auch im Sinne einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung – zu fördern, das ist das Ziel der Internet Privatstiftung Austria (IPA). Bis 15. Juli 2015 ist die Organisation mit ihrer netidee auf der Suche nach Initiativen, die das Potenzial haben, das Internet und den Umgang damit qualitativ und quantitativ weiterzubringen. Eine Million Euro für innovative Open-Source-Projekte stehen dazu zur Verfügung, bis zu 50.000 Euro für konkrete Projekte.

Und: die GewinnerInnen können ihre Ideen und Projekte oder Unternehmen beim Ars Electronica Festival 2015, das von 3. bis 7. September 2015 in Linz stattfinden wird, präsentieren und sich mit internationalen ExpertInnen, Entrepreneuren, TechnikerInnen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, AktivistInnen, sowie Künstlerinnen und Künstlern austauschen. Ernst Langmantel, Vorstandsvorsitzender der Internet Privatstiftung Austria, stellt im Interview die netidee vor und denkt offen über die Herausforderungen nach, die sich das Internet in Österreich im Jahr 2015 stellt.

Eine Million Euro für innovative Open-Source-Projekte, die das Internet in Österreich weiterbringen. Wer kann hier einreichen und worauf sollten die EinreicherInnen achten?

Ernst Langmantel: Herzlich eingeladen zu einem Projektantrag sind alle, die eine spannende Internet-Innovation umsetzen möchten: Privatpersonen, Arbeitsgemeinschaften, Vereine und Organisationen, Firmen, Fachhochschulen und Universtäten. Ein „Proof of Concept“ als Projektinhalt ist genauso möglich wie eine Produkt- bzw. Dienste-Entwicklung. Ein detaillierter Geschäftsplan ist nicht erforderlich! Die Rahmenbedingung „Open Source“ bedeutet, dass die Projektergebnisse Dritten zur Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfügung stehen.

Besonders beliebt beim Förderbeirat, der Jury der netidee, sind solche Projekte, bei denen ein „Schneeballeffekt“, also eine virale Verbreitung und Weiterentwicklung möglich erscheint.

Formale Erfordernisse sind ein österreichischer Wohn-, Organisations- oder Firmensitz und Bankkonto, bei Privatpersonen Volljährigkeit. Und Achtung: Einreichschluss für Projektförderungen ist heuer der 15.Juli 2015! Einreichungen für netidee-Stipendien sind bis 21. Oktober 2015 möglich. Alle Details haben wir auf www.netidee.at zusammengefasst.

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„Internet und Umwelt“ sowie „Open Science“ sind zwei Schlüsselbegriffe der netidee in diesem Jahr. Was kann man sich darunter vorstellen und warum sind sie so wichtig für uns?

Ernst Langmantel: Die netidee unterstützt Offenheit, Transparenz und Sharing – das Medium Internet bietet hier in Verbindung mit „Open Source“ eine hervorragende Basis. Diese beiden Sonderpreisthemen der netidee Projektförderung 2015 wurden von November bis März im Rahmen eines Ideenwettbewerbs ermittelt, bei dem auch erste interessante Erfahrungen mit „Crowdsourcing“ gesammelt wurden.

Zu „Open Science“ wurde im Ideenwettbewerb nicht nur die verstärkte Vermittlung von Wissenschaftsergebnissen an breite Bevölkerungskreise thematisiert sondern auch die Beteiligung der Bevölkerung an der Auswahl von Forschungsthemen bis hin zur Mitwirkung in Teilbereichen. Im Bereich der Umwelt brennt in vielen Belangen der ökologische Hut. Hier kann das Internet unter anderem für die einfache und schnelle Verfügbarkeit von Daten aller Art und die Vernetzung von zivilgesellschaftlichen Initiativen und anderen Stakeholdern dienen. Generell hoffen wir aber gerade bei den Sonderpreisthemen auf ganz neue Ansätze und Impulse. Der Innovationsgrad eines eingereichten Projekts ist immer ein wesentlicher Erfolgsparameter für die Zuteilung einer netidee-Förderung.

netidee gibt es bereits seit 10 Jahren. Haben Sie ein paar Beispiele, welche Projekte seit 2005 gefördert wurden?

Ernst Langmantel: Eine Kurzbeschreibung und weiterführende Links aller geförderten Projekte findet man auf der netidee Homepage. Die Breite der Themen ist dabei enorm. Von Educational Games, Lernplattformen, praktischen Services, beispielsweise um Verträge online zu kündigen, von einem Internet Openness Index für Gemeinden, einem NFC-Framework zur einfachen Nutzung von NFC-Technologie in mobilen Apps, einem hochsicher verschlüsselten Chat auf Basis modernster Peer to Peer Technologie, einem Cloud Service für Location Based Content, dem Privacy Game „Data Dealer“, einer Referenzimplementierung für den MPEG-DASH-Videostreaming-Standard bis hin zur Smart Home Plattform, der Erfassung von sensiblen Daten für wissenschaftliche Auswertungen mittels Online-Games, und Open Data Plattformen, Open Educational Ressources und Open Hardware Projekten.

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Die Internet Privatstiftung Austria (IPA) steht hinter der netidee. Dazu gehört auch nic.at, die Stelle in Österreich, die für die Verwaltung der .at-Domains zuständig ist. Welchen Herausforderungen stellt sich das Internet in Österreich eigentlich im Jahr 2015?

Ernst Langmantel: Vielen! Ganz oben in der Prioritätenliste steht für mich persönlich jedenfalls weiterhin der Bereich Sicherheit der Internetnutzung. Einerseits Sicherheit der NutzerInnen vor Betrügern und ihren Attacken und „Werkzeugen“ – wie Malware oder Viren. Andererseits aber auch verlässliche Privacy, also die vertrauliche Behandlung personenbezogener Daten. Nutzungssicherheit und Datenschutz werden durch den anhaltenden starken Trend zu noch mehr Vernetzung – Stichwort „Internet der Dinge“ – künftig noch deutlich kritischer werden. So wird beispielsweise auch das Auto so ein „Ding“ sein.

Sicherheit ist aber bei weitem nicht nur eine technische Frage – Medienkompetenz allgemein zu erhöhen und diesbezügliche Initiativen – besonders auch die Eigeninitiative – zu fördern ist enorm wichtig!

Für die Domainverwaltung selbst und ihre internationalen Fundamente steht eine grundsätzliche Richtungsentscheidung an. Vereinfacht gesagt geht es darum, ob es gelingen wird, an Stelle der formalen Oberhoheit der US-amerikanischen Administration über die Verwaltung fundamentaler Internetdaten, eine Multi-Stakeholder-Lösung zu finden, die ausreichende internationale Akzeptanz findet.

Werden wir mit dem „Internet der Dinge“ künftig auch unseren Kühlschrank, unsere Zahnbürste und den Fahrrad-Tachometer bei Ihnen registrieren?

Ernst Langmantel: In der Regel werden wohl Domain-Namen-Registrierungen für einzelne „Internet-Dinge“ die Ausnahme bleiben. Für die technische Kommunikation werden nur die sogenannten Internet-Adressen (IP-Adressen) und nicht Domain-Namen verwendet. Aber das Internet der Dinge könnte die Sinnhaftigkeit der Registrierung zumindest einer persönlichen .at-Domain verstärken. Der eigene Kühlschrank könnte dann beispielsweise auch von unterwegs mittels der Sub-Domain „kühlschrank.<persönlicheDomain>.at“ im Browser angesprochen und seine Inhalte ausgelesen werden.

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Das Berufsleben begann für Ernst Langmantel nach AHS und einem Studium der Nachrichtentechnik an der TU Wien 1983 mit einem Software-Entwicklungsjob bei Siemens in Wien. Im Bereich Kommunikationstechnik stand das analoge deutsche Mobilfunknetz-C am Programm, wo noch Jubel ausbrach, als der Beschluss bekannt wurde, das System für damals sensationelle 100.000 Teilnehmer zu erweitern. In weiterer Folge wechselte Langmantel in den Bereich der privaten Kommunikationssysteme, wo er mit seinen Mobilfunknetzerfahrungen und einigen Patenten als Projektleiter maßgeblich an den mobilen Funk-Mehrzellen-Erweiterungen für die Telefonsysteme auf Basis des digitalen Schnurlos-Standards DECT beteiligt war. Mit Beginn der EU-weiten Deregulierung öffentlicher Telefonnetze 1998 wechselte Langmantel als Leiter der technischen Abteilung zur österreichischen Regulierungsbehörde für Telekommunikation, später auch für Rundfunk RTR. In dieser Funktion arbeitete er in einem spannenden interdisziplinären Umfeld aus Technik, Wirtschaft und Recht und war in dieser Zeit auch Hauptverantwortlicher für das österreichische Telefonnummernsystem. Die Suche nach neuen Herausforderungen führte 2011 in die Selbstständigkeit als Unternehmensberater im Bereich Kommunikationstechnik mit Projekten bis in den Nahen Osten. Seit Beginn 2013 ist er auch Vorstandsvorsitzender der Internet Privatstiftung Austria – Internet Privatstiftung Austria (IPA) und dort unter anderem für Abwicklung und Weiterentwicklung des netidee-Förderprogramms verantwortlich.

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