Ars Electronica Center Linz, 10. Mai 2016, 10 Uhr. Vier Wochen nachdem hier 20 internationale ExpertInnen ihre Entscheidungen in Linz getroffen haben, wurden die prämierten Projekte der fünf Kategorien des Prix Ars Electronica den MedienvertreterInnen vorgestellt. Werfen Sie mit uns einen ersten Blick auf die GewinnerInnenprojekte!
Computer Animation / Film / VFX: Rhizome
Beginnen wir zunächst mit der Kategorie, die seit Beginn des Prix Ars Electronica 1987 besteht. Die Computeranimation Rhizome von Boris Labbé (FR) hat die Jury mit seiner ganz besonderen Art überzeugt: „Rhizome ist ein sehr komplexes und umfangreiches Kunstwerk, das verschiedene Techniken in eine post-digitale Malerei verschwimmen lässt – wie ein visuelles Gedicht.” In der zunächst Schwarz-Weiß gehaltenen Animation zeigt Boris Labbé eine Welt, die ständig in Bewegung ist und dennoch alles vom kleinsten bis zum größten Element miteinander verbunden ist. Es ist ein sich ständiges Verwandeln von Charakteren, die in Tusche und Wasserfarben gezeichnet, eingescannt und schließlich als wiederkehrende Filmsequenzen animiert und zusammengesetzt wurden.
Interactive Art +: Can you hear me?
“Ein mächtiges und spielerisches Werk, das die Fragen aufgreift, die sich darum drehen, wer den Zugang zu Informationen und Daten hat, und wie es um unsere Privatsphäre und dem aktuellen Stand der Überwachung bestellt ist.” Die Jury war sichtlich begeistert, als sie das Projekt “Can you hear me?“ von Christoph Wachter (CH) und Mathias Jud (CH) beurteilte. Als nach den Enthüllungen von Edward Snowden aufkam, dass die amerikanischen und britischen Geheimdienste das Berliner Regierungsviertel laufend überwachen und ausspionieren, richteten die beiden KünstlerInnen ihre eigenen Antennen ein. Über ein offenes WLAN wurden schließlich alle im öffentlichen Raum eingeladen – von Touristen bis hin zu den Abgeordneten des Deutschen Bundestages -, ihre Nachrichten, Fotos und andere Dateien darüber zu versenden. Die NSA und der GCHQ waren schließlich gezwungen, auch diese Botschaften aufzuzeichnen und diesem Kanal zuzuhören.
Credit: P2P Foundation
Digital Communities: P2P Foundation
Von einer „neuen Generation von Communities, die dabei helfen, neue Communities zu schaffen” spricht die Jury der Kategorie “Digital Communities” über die von Michel Bauwen (NL) gegründete P2P Foundation, die nun mit einer Goldenen Nica ausgezeichnet wurde. Die Abkürzung P2P steht für „Peer-to-Peer“ – eine Netzwerkart, die manche von uns vielleicht schon beim Downloaden von Dateien über Plattformen wie Napster, Gnutella, Kazaa oder BitTorrent kennengelernt haben. In diesen P2P-Netzwerken braucht es keinen zentralen Server, auf dem die Dateien abgespeichert sind – es können alle teilnehmenden Computer des Netzwerks unterschiedliche Rollen einnehmen und gemeinsam das Netzwerk stärken. P2P kann aber mehr als nur Dateien teilen, wie die Wissenssammlung der P2P Foundation, das P2P Foundation Wiki, zeigt.
Credit: Jonas Bodingbauer
u19 – CREATE YOUR WORLD: Die Entscheidung
In der Kategorie, die sich an alle Kinder und Jugendlichen unter 19 Jahren in Österreich richtete, hat es der 17-jährige Jonas Bodingbauer (AT) mit seinem Computerspiel „Die Entscheidung“ geschafft, die Jury zu überzeugen: „Er übt einerseits Kritik daran, wie viele Videospiele funktionieren und was sie mit den SpielerInnen machen, aber diese Kritik lässt sich auch auf alle anderen Lebensbereiche übertragen.“ Während sich eine Person im Spiel um das Leben eines an Krebs erkrankten Menschen kümmert, tritt die oder der andere SpielerIn an, um Credits für das Wachstum des Tumors zu sammeln.
Visionary Pioneer of Media Art: Jasia Reichardt
Die bedeutende Kunstkritikerin und Ausstellungsmacherin Jasia Reichardt (PL/UK), 1933 in Warschau geboren, ist mit dem Titel Visionary Pioneer of Media Art 2016 ausgezeichnet worden. Untrennbar verbunden ist ihr Name vor allem mit einer bahnbrechenden Ausstellung, die 1968 am Londoner Institute of Contemporary Arts und danach in der Corcoran Gallery of Art in Washington, D.C. sowie im Exploratorium in San Francisco gezeigt wurde: „Cybernetic Serendipity“ lautete der Titel dieser aufsehenerregenden Schau, die an Stelle von Menschen plötzlich Computer, Maschinen und Algorithmen als „KünstlerInnen“ in Szene setze. Unter ihrer Leitung arbeiteten damals KünstlerInnen mit MathematikerInnen, IngenieurInnen, TechnologInnen zusammen und schufen gemeinsam eine völlig neuartige Form der Präsentation – lange bevor die Kooperation zwischen Kunst und Wissenschaft wegen ihres großen Potentials an Innovation in aller Munde war.
Goldene Nicas, Auszeichnungen und Anerkennungen 2016
Die vollständige Übersicht aller Goldenen Nicas, Auszeichnungen und Anerkennungen des Jahres 2016 finden Sie zum Nachlesen auf ars.electronica.art/prix/gewinner
Wie geht es weiter?
Im Laufe der kommenden Tage stellen wir Ihnen hier am Ars Electronica Blog die Projekte der Goldenen Nicas 2016 in Interviews mit den KünstlerInnen genauer vor. Folgen Sie uns doch dazu auf Facebook und Twitter oder abonnieren Sie unseren Newsletter. Pünktlich zum Start des Ars Electronica Festival 2016 „RADICAL ATOMS and the alchemists of our time“, das von 8. bis 12. September 2016 in Linz stattfinden wird, können Sie sich schließlich selbst von zahlreichen der prämierten Medienkunstwerken in der CyberArts-Ausstellung im OK im OÖ Kulturquartier Linz ein Bild machen. Das ist dann auch die Zeit, bei der im Rahmen der Ars Electronica Gala die GewinnerInnen der Goldenen Nicas persönlich ausgezeichnet werden, und bei den Prix-Foren öffentlich zu Wort kommen und ihre Arbeiten dem Festival-Publikum persönlich präsentieren.