1979 wurde nicht nur die Klangwolke gegründet, sondern auch das Ars Electronica Festival – ursprünglich als ein zusammenhängendes Event. Im Laufe der Jahre entstanden zwei eigenständige Veranstaltungen, die aber bis heute am selben Wochenende stattfinden und sich nach wie vor ergänzen.
Das Motto der Klangwolke wechselt jährlich. Diesmal ist es „Fluss des Wissens“ – themengebend war die Johannes Kepler Universität, die mit dem Event ihr 50. Jubiläum feiert. Der international renommierte Medienkünstler Salvatore Vanasco übernimmt dafür die Regie und inszeniert das Spektakel am 10. September 2016.
Wir haben uns mit Uwe Buhrdorf, Projektleiter der Klangwolke 2016, Rica Blunck, Choreographin, und Tilo Nest, Schauspieler und eigens erklärter Gaukler, über das Programm und die Vorbereitungen zur diesjährigen Klangwolke unterhalten.
Uwe Buhrdorf, Rica Blunck und Tilo Nest (v.l.n.r.). Credit: Vanessa Graf
Was steckt hinter der Klangwolke 2016 – und dem Thema, „Fluss des Wissens“?
Uwe Buhrdorf: Ich habe von vielen Österreichern und Österreicherinnen gehört, die die Klangwolke als Kinder erlebt haben – das war ein Kindheitserlebnis, auf die Klangwolke zu gehen. Es gibt sie ja auch schon seit sehr vielen Jahren. Es ist Spektakel, aber es ist auch Kunst. Wir versuchen, eine Geschichte zu erzählen. Der diesjährige Namensgeber ist die JKU, auch das Thema „Fluss des Wissens“ ist damit verknüpft. An diesem Thema arbeiten wir: Was ist eine Hochschule, was ist Bildung, was sind die Aufgaben und Herausforderungen von Bildung heute, gerade in einem Europa zwischen Grenzen und Herausforderungen? Man hat viele Komponenten, die wir versuchen, zu vereinen. Die Herausforderung ist diese wahnsinnige Breite der Bühne von 500 Metern. Überall stehen Menschen, die nicht alles sehen können. Wie erreicht man also, dass man eine Geschichte erzählt, die sich trotzdem vermittelt und trotzdem Bilder entwickelt, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln auflösen und erklären?
Die Klangwolke setzt sich aus vielen verschiedenen Komponenten zusammen. Wie waren die Vorbereitungen in den einzelnen Bereichen?
Rica Blunck: Die Vorbereitungen waren zuerst, den Inhalt zu verstehen, und danach, den eigenen Teil dementsprechend zu entwickeln. Ich zum Beispiel arbeite mit drei LKWs, auf denen Tänzer tanzen. Dafür braucht man Tänzer, die damit umgehen können, und natürlich ein Konzept – was passiert auf LKW eins, zwei und drei? Für mich war wichtig, was Wissen und Technologie für den Menschen und für den menschlichen Körper sind. Was hat es mit uns gemacht, wo hat es uns hingeführt, ist es gut, ist es schlecht? Das kann man natürlich in sechs Minuten Tanz nicht unbedingt alles genau auf den Punkt bringen, aber ich glaube, man kann hoffentlich dem Publikum einfach das Gefühl geben, danach mit einem, sehr utopisch gesagt, Drang nach Wissen hinaus zu gehen. Das wäre mein Wunsch.
Ich schreibe mir nichts genau auf, sondern gehe extrem von der Energie aus. Was für eine Energie soll gezeigt werden? Ich glaube, dass Energie, also das heißt reine Körperenergie, und die Energie der Darstellung, unheimlich viel erzählen können. In welchen Abständen wechselt die Energie, in welchen Abständen ändert sich das Bild für den Zuschauer? Ich überlege mir wirklich gar keine Schritte vorher, sondern nur, wie die Zustände auf der Bühne sind, was gibt es für eine Energie, und was glaube ich schon im Voraus zu wissen, kommt rüber beim Publikum. Danach erarbeite ich alles mit den Tänzern zusammen. Man überlegt sich vorher, was passieren muss, damit es beim Publikum vom Bauch aus in den Kopf geht.
Klangwolke 2015. Credit: Tom Mesic
Tilo Nest, wie sehen die Vorbereitungen im Bereich Sprache aus?
Tilo Nest: Der Regisseur ließ mir vor drei oder vier Wochen die Texte zukommen. Es sind eher kryptische, kurze Sätze. Meine Arbeit, oder meine Hausaufgaben, bestehen dann daraus, diese Sätze möglichst zu durchdringen und zu begreifen, gedanklich, damit die Chance besteht, dass das Publikum das in der Kürze der Zeit auch kann. Ich ahne jetzt, vor meinen ersten Proben, dass ich mit dem ersten kurzen Statement so etwas wie die Überschrift über diesen Abend setze, der da heißt: „Nur was wir träumen, sind wir wirklich. Denn alles übrige gehört, weil es verwirklicht ist, der Welt und allen Menschen“. Und dann kann der Abend starten, hat man das Gefühl. Der gedanklich komplizierteste, aber sehr schöne Text ist von Asli Erdogan. Das ist eine längere Passage, die ich da sprechen werde. Sie kommt aus dem erweiterten Familienkreis von Erdogan, sitzt aber jetzt im Gefängnis und schrieb dort einen Text über Freiheit. Er hat sehr starke Bilder, ist aber tatsächlich auch sehr kryptisch. Also ich bin sehr gespannt.
Klangwolke 2014. Credit: Tom Mesic
Ein großer Teil der Klangwolke ist natürlich auch die Musik. Was können Sie jetzt schon verraten?
Uwe Buhrdorf: Der Regisseur, Salvatore Vanasco, arbeitet seit vielen Jahren und sehr erfolgreich immer mit einem ähnlichen Stamm von Künstlern. FM Einheit ist seit vielen Jahren Bestandteil dieser Gruppe, genauso wie Rica Blunck und Stefanie Geiger, die das Kostüm gemacht hat. FM Einheit kommt aus dem Bereich Industrial Punkrock, hat in den letzten Jahren aber sehr viel Film- und Theatermusik gemacht – das ist genau das, was wir hier sehen werden. Es ist eine sehr intensive, reichhaltige Mischung aus Klangcollage, Vorproduziertem und Live-Gespielten.
Rica Blunck: Ich habe schon oft mit FM Einheit gearbeitet und finde einfach, dass er es schafft, Musik zu komponieren und damit Räume zu öffnen, die gehaltvoll sind, die emotional so auf den Punkt kommen, ohne aufdringlich zu sein. Sie besitzen eine irre Kraft. Für mich ist es ein Genuss, mit ihm zu arbeiten, weil jedes einzelne Stück so auf dem Punkt ist, aber gleichzeitig Welten öffnet. Er ist einfach ein fantastischer Theatermusiker. Ich finde, er ist einer der besten Komponisten unserer Zeit – ein großartiger Musiker.
Uwe Buhrdorf: Ich finde seine Musik unheimlich reich – man hört sie oft und sehr gerne, weil einfach immer neue Sachen auftauchen. Ich bin total begeistert davon, dass wir so ein tolles Stück haben.
Was wird bei dieser Klangwolke anders als in den Vorjahren?
Uwe Buhrdorf: Mein Eindruck ist, dass die Klangwolke oftmals an der Kippe zum Scheitern war, weil es eigentlich eine irrsinnig Herausforderung ist und das eigentlich auch gar nicht funktionieren kann, eine so enorme Breite zu bespielen – auf eine Art, dass es alle einigermaßen mitbekommen. Wir haben die Handlung sehr auseinander gezogen, sodass jeder, egal wo er ist, eine Sache sehr im Fokus haben kann. Wir weren die Geschichte auch über Kameras und Live-Bilder vermitteln und sie dadurch noch einmal über die Medien erzählen. Es sind verschiedene Dinge auf verschiedenen Sachen zu sehen, sodass jeder auch seine eigene Geschichte, seine eigene Inszenierung zusammenbauen kann. Danach hat jeder, glaube ich, etwas unterschiedliches erlebt, aber im Idealfall wird das dann doch zu einem Gesamtbild.
Die Visualisierte Klangwolke 2016 findet am Samstag, den 10. September, ab 19:30 statt. Alle Informationen finden Sie auf http://www.klangwolke.at/