Artificial Intelligence – Das andere Ich

Gerfried Stocker,

Symposien, Ausstellungen, Performances, Workshops und künstlerische Interventionen werden sich beim Ars Electronica Festival 2017 dem brandaktuellen Thema Artificial Intelligence zuwenden – ein Thema, das wir Menschen geschaffen haben und das uns vor allem dazu anregt, über unsere eigene Existenz nachzudenken. Warum ist das Thema gerade so brandaktuell und um was ist es eigentlich, dieses andere Ich? Gerfried Stocker gab uns kurz nach der Bekanntgabe des Festivalthemas erste Antworten dazu.

Warum beschäftigt sich das Ars Electronica Festival gerade jetzt mit dem Thema der künstlichen Intelligenz?

Gerfried Stocker: Technologie ist der Themenführer unserer Zeit. Unter den vielen Hypes, die ständig entstehen, ist es jetzt Artificial Intelligence. Auf der einen Seite ist es wirklich das populäre Thema, aber es ist auf der anderen Seite aus gutem Grund so populär, weil in den letzten Jahren mit den lernfähigen und selbstlernenden Maschinen Entwicklungen gemacht wurden, die ein enormes Potential nicht nur versprechen sondern jetzt schon an den Tag legen. Und das Interessante an Artificial Intelligence ist, dass es wirklich so etwas wie eine Projektionsfläche für diese immer sehr ambivalente Beziehung Mensch und Technologie darstellt.

Die Fragen, die wir da hineinprojizieren können – obwohl wir alle ja genau wissen, das wird noch Jahrzehnte dauern, bis es wirklich so weit ist, dass die Maschine klüger oder intelligenter ist als der Mensch – die Fragen, die Ängste, die Hoffnungen, die wir da schon jetzt hineinprojizieren, das sind die essentiellen Fragen unserer Gesellschaft und unserer Zeit. Und ich glaube, über Artificial Intelligence jetzt nachzudenken und zu diskutieren, das heißt letztlich auch, über den Zustand unserer Hightech-Gesellschaft en gros nachzudenken.

Was hat es eigentlich mit dem „anderen Ich“ im Titel des diesjährigen Festivals auf sich?

Gerfried Stocker: Wir haben ja ganz bewusst dieses AI mit dem „anderen Ich“ übersetzt. Und ich glaube, das ist genau der Hinweis darauf, dass es uns um diese metaphysischen Fragen auch geht. Es geht uns um Artificial Intelligence, die lernfähigen Systeme, die autonomen mobilen Roboter. Das ist ein ganzer Themenkomplex, der uns eigentlich umzingelt und der uns natürlich aus unterschiedlichen Richtungen jetzt Fragen zuwirft.

„Es geht uns um die Bälle, die wir aufnehmen wollen, und die wir auch zurückspielen wollen. Es soll also wirklich auch um einen Dialog gehen, der auf diese Fragen eingeht.“

Was bedeutet das für unser Selbstverständnis als Menschen? Wie weit wollen wir gehen? Wie berechtigt sind Ängste und Befürchtungen, die da sind? Und wie können wir damit konstruktiv umgehen? Also eigentlich wollen wir gar nicht so über die Artificial Intelligence als Wissenschaft reden, sondern darüber, welche Dynamiken, Entwicklungen, welche Diskussionen werden dadurch entfacht, dass eine dermaßen spannende technologische Entwicklung plötzlich so im Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses steht?

„Das „andere Ich“ ist eine Referenz auf diese Projektion, dass wir irgendwann einmal etwas, das wie wir Menschen sein kann, dass wir so etwas erschaffen und damit uns natürlich auch eine neue Dimension von Anderssein denken müssen, die für uns äußerst schwierig sein wird.“

Provokant stellen wir auch die Frage: Wie wollen wir denn mit dieser komplett anderen Realität einer künstlichen Intelligenz ernsthaft umgehen und zusammenleben, wenn wir es nicht einmal schaffen mit Menschen, die eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen kulturellen Background haben, einigermaßen würdevoll umzugehen und zusammenzuleben? Und ich glaube das sind die spannenden Herausforderungen, die uns die Technologie auf der kulturellen und gesellschaftlichen Dimension zuwirft – und die sollen bei uns im Mittelpunkt stehen.

Was unterscheidet uns Menschen von einer Maschine mit künstlicher Intelligenz?

Gerfried Stocker: Ich glaube es gibt zwei Dinge, die man sich ansehen müsste, bei dieser Frage, was ist denn das, was dem Menschen vorbehalten bleibt. Das eine ist sozusagen der Blues unserer Existenz: Wir Menschen werden nie wissen, wieso wir leben und woher wir kommen und wohin wir gehen. Wir werden immer nur Möglichkeiten finden, das zu interpretieren, aber wir werden es nie wissen. Die Maschinen werden das immer wissen. Das wird ganz klar in ihrem Logfile stehen. Da gibt es ein genaues Datum, Uhrzeit, Ort, wann ist das System hochgefahren worden. Das wird eine komplett andere Weltsicht mit sich bringen.

Einen anderen interessanten Zugang finde ich dabei, sich nicht mit diesem hierarchischen Denken zu überlegen, wo werden wir besser sein, sondern zu fragen: Was sind die Dinge, die nur wir Menschen brauchen und was diese Maschinen der Zukunft nicht brauchen werden? Das bringt uns auf eine ganz essentielle Frage unserer Zeit: Die Umwelt! Wir werden immer reines Wasser und saubere Luft brauchen. Die Maschinen brauchen ihren Strom und das ist dann schon alles.

Erfahren Sie mehr zum Ars Electronica Festival 2017, das von 7. bis 11. September 2017 in der POSTCITY Linz stattfinden wird, auf ars.electronica.art/ai!

, ,