TIME OUT .07 – Warmes Licht und weiches Wachs

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Die Ausstellungsreihe „TIME OUT“ startete nun schon in die siebte Runde und bietet den BesucherInnen im Ars Electronica Center wieder spannende Einblicke in die studentischen Arbeiten des Studienzweigs „Zeitbasierte und Interaktive Medien” der Kunstuniversität Linz. Das künstlerische Bachelorstudium bietet den Freiraum, sich in kreativer Form mithilfe audiovisueller Mittel auszudrücken, mit digitalen Medien zu experimentieren und eigene Ideen zu verwirklichen. Kuratiert wurde die Ausstellung erneut von Gerhard Funk, Leiter dieses Studiengangs, und Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter der Ars Electronica. Sie wählten insgesamt neun StudentInnen aus, die ihre Arbeiten im Ars Electronica Center präsentieren.

In Domas Schwarz‘ Arbeit „Wachstropf“ bilden sich Zapfen aus Wachs um eine Glühbirne. Sie schmelzen durch die folgende Hitzeentwicklung der eingeschalteten Lampe ab und wachsen bei erneuter Abkühlung wieder als Zapfen heran. Die Installation weist auf die Schönheit natürlicher Vorgänge und die Vergänglichkeit unserer gewohnten Umweltzustände hin und stellt eine Metapher für die Werke der Welt dar – von der Natur und von Menschenhand erzeugt. Domas hat mit uns über seine Arbeit gesprochen.

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Mit der Zeit nimmt das Wachs ungeahnte und faszinierende Formen an. Credit: Magdalena Sick-Leitner

Du stellst deine Arbeiten nicht zu ersten Mal im AEC im Rahmen der Ausstellungsreihe TIME OUT vor. Vielen Besuchern ist dein Zeitraffervideo „Urfixed Light Animation“ noch in Erinnerung oder die von dir entwickelte neue 3-D-Druckmethode „Ceramic pour printing“. Diesmal präsentierst du eine Installation aus Licht und Wachs. Deine Arbeiten sind also sehr vielseitig. Was bewegt dich zur Arbeit mit all diesen unterschiedlichen Materialien, Techniken und künstlerischen Ausdrucksformen?

Domas Schwarz: Mich fasziniert die Unberechenbarkeit von visuellen Eindrücken natürlicher Prozesse, die möglichen Zustandsveränderungen und Formbarkeiten von Materialien und die digitale Aufnahme von Licht. Bei „Urfixed Light Animation“ zeige ich langzeitbelichtete Fotografien vom Linzer Jahrmarkt im Zeitraffer, deren Aussehen ich nur bedingt steuern konnte. Die willkürliche Animation der Fahrgeschäft-Beleuchtung kreierte Lichtmalereien, deren Gestaltung ich nicht genau steuern konnte und die für mich immer wieder für visuelle Überraschungen sorgten. Meine Designreihe „Gitterlinge“ und die damit verknüpfte Entwicklung von 3-D gedruckten Gussformen für die Herstellung von Gipsobjekten, entstand eher zufällig bei Zeitrafferexperimenten mit schmelzenden 3-D-Drucken. Die Ergebnisse und Misserfolge der ersten Experimente brachten mich jedoch auf die neue Idee des „Ceramic/Plaster pour printing“-Verfahrens. Bei „Wachstropf“ verbinden sich diese Interessen: die Arbeit mit Licht, das Experimentieren mit Aggregatzuständen von Materialien und das fotografische Dokumentieren von entstehenden und vergehenden Gebilden.

Meine ursprüngliche Idee diese drei Interessen zu verbinden ist der Zeitrafferfilm. Um das umzusetzen muss ich mich jedoch oft in unterschiedliche Techniken und Materialien einarbeiten, um die zum Teil von mir künstlich erzeugten Prozesse später mit der Kamera einfangen zu können. Während diesen Recherche- und Entwicklungsarbeiten eröffnen sich mir häufig neue Wege und Konzepte für die Umsetzung der ursprünglichen Idee. Das Bauen der „Wachstropf“-Maschine brachte mich dazu das geplante Videoprojekt zu verwerfen und eine Installation zu entwickeln, die den Prozess der heranwachsenden Zapfen in Echtzeit präsentiert. Meine experimentellen Versuche zur visuellen Umsetzung von Ideen bestimmen also schrittweise die von mir verwendeten Techniken und Ausdrucksformen und nicht umgekehrt. Ich versuche mich damit nicht auf ein künstlerisches Handwerk zu beschränken, sondern lasse meine vielseitigen Interessen und Ideen mein zu verwendendes Material und die dazugehörende Technik bestimmen.

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Besucher während der Ausstellungseröffnung. Credit: Magdalena Sick-Leitner

Deine Installation „Wachstropf“ wirkt sehr filigran und veranschaulicht den Kreislauf von Schöpfung, Transformation und Vergänglichkeit. Könntest du das bitte näher erklären?

Domas Schwarz: Das Entstehen von Zapfen ist in der Natur mit speziellen Umweltbedingungen verbunden die meist nur kurz vorherrschen und oft eine baldige Zerstörung des entstandenen Objekts mit sich bringen. Auch in der Kunst begegnet mir das Gestalten und Verwerfen von Ideen, Entwürfen oder Skulpturen als Parallele und Metapher für den evolutionären Kreislauf der Natur, der sich durch eine stetige Wiederholung, Abänderung und Weiterentwicklung auszeichnet. Im Falle von „Wachstropf“ scheinen diese kleinen Änderungen und Abwandlungen anhand der entstehenden Zapfen aus dem immer gleichbleibenden Grundmaterial sichtbar zu werden. Die in der zeitbasierten Installation produzierten Wachszapfen entstehen also immer unter denselben technischen Bedingungen und aus dem konstant temperierten Wachs. Die Formen der Stalaktiten zeigen sich jedoch aufgrund der Mikroklima-Einflüsse der Umgebung als unterschiedlich aussehende skulpturale Gebilde.

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Domas Schwarz nimmt seine Installation in Betrieb. Programmierte Motoren steuern das Eintauchen der Glühbirne. Credit: Magdalena Sick-Leitner

Was hat dich zu dieser Installation inspiriert?

Domas Schwarz: Mein Bruder Michi experimentierte mit dem Eintunken seiner Skulpturen in flüssiges Kerzenwachs. Mich inspirierte es, diesen Prozess mit Glühbirnen auszuprobieren, um Zapfen zu erzeugen, die unter der Hitzeentwicklung der eingeschalteten Lampe zu einem Abschmelzen führen. Das zeitaufwendige und monotone händische Eintunken der Glühbirne entwickelte sich als mühselige und langwierige Arbeit und brachte mich auf die Idee eine automatisierte Lösung für diesen Schritt zu entwickeln.

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Auch die kleinen Besucher bestaunen die „Wachstropf“-Installation. Credit: Magdalena Sick-Leitner

An welchem Projekt arbeitest du jetzt gerade? Was werden wir wohl als nächstes von dir sehen?

Domas Schwarz: In einem meiner aktuellen Projekte versuche ich die Bewegung von lebendigen, organischen Strukturen filmisch zu dokumentieren. Um die faszinierenden visuellen Eindrücke festzuhalten, beschäftige ich mich mit der Aneignung der Lebensbedingungen dieser Lebewesen. Ich entferne mich aber zunehmend von der Idee eines experimentellen Zeitrafferfilmes und bin momentan auf der Suche nach der dafür am besten geeigneten künstlerischen Ausdrucks- und Darbietungsform.

Die Ausstellung TIME OUT .07 wurde am 23.5.2017 eröffnet. Die Arbeiten der Studierenden können jederzeit während der Museumsöffnungszeiten besichtigt werden.

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