WE GUIDE YOU: Durch das Ars Electronica Festival 2017

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Es ist das größte Medienkunstfestival der Welt und damit bis zum Rande voll mit Medienkunstwerken, Events, Konferenzen und vielem mehr: das Ars Electronica Festival. Es zeigt, dieses Jahr von 7. bis 11. September 2017, fünf ganze Tage lang Medienkunst in allen ihren Facetten – bei so viel Programm kann es schwierig sein, sich zurechtzufinden. Besonders für Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist oder die mit einer Beeinträchtigung leben, wird das Festival schnell zur Herausforderung.

Genau aus diesem Grund gibt es WE GUIDE YOU: Das umfassende Angebot an Guided Tours erklärt die Ausstellungen am Festival und gibt einen ersten Überblick. In Highlight Tours erfährt man die Höhepunkte des diesjährigen Festivals, ExpertInnen zeigen ihre Sichtweisen in Expert Tours, Kinder kommen bei den Kids Tours auf ihre Kosten und die Guides der Community Parcours erklären die Kunstwerke in den unterschiedlichsten Sprachen. Zusätzlich zu den Touren in der POSTCITY, dem ehemaligen Postverteilzentrum neben dem Linzer Hauptbahnhof, werden auch Führungen durch andere Locations, wie zum Beispiel das Ars Electronica Center oder die CyberArts Ausstellung, angeboten.

Sonja Schachinger, verantwortlich für das Vermittlungsprogramm des Ars Electronica Festivals, hat sich mit uns über die unterschiedlichen Führungen unterhalten und gibt uns einen ersten Vorgeschmack auf das diesjährige WE GUIDE YOU Programm.

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Sonja Schachinger. Credit: Vanessa Graf

Welche verschiedenen Arten von Touren gibt es beim Ars Electronica Festival 2017?

Sonja Schachinger: Die beliebte Highlight-Tour, die es auch in den Vorjahren gab, wird wieder mindestens dreimal am Tag stattfinden, jeweils auf Deutsch und Englisch. Es wird auch wieder Kids Tours und die kostenlosen Community Parcours geben, die dieses Jahr alle unter der Schirmherrschaft der WKOÖ Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie stehen. Eine besondere Tour zum Thema „Mobilität der Zukunft“ wird außerdem von der ÖBB gesponsert – sie wird ebenfalls auf Deutsch und Englisch angeboten, täglich um 15:30 Uhr. Die Werke, die in dieser Tour gezeigt werden, drehen sich um nachhaltige Entwicklung und Sicherheit der Mobilität. Die Führung zeigt Highlights aus allen Festival-Bereichen, die für das Thema der Mobilität der Zukunft relevant sind.

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Credit: Florian Voggeneder

Die Community Parcours werden speziell für Minderheiten in Linz und Oberösterreich angeboten. Welche verschiedenen Community Parcours gibt es heuer?

Sonja Schachinger: Dieses Mal bieten wir diese Führungen in den Sprachen Italienisch, Russisch, Rumänisch, Türkisch, Arabisch, Persisch, Serbokroatisch und Polnisch an. Ganz neu dazugekommen ist außerdem Deutsch als Fremdsprache. Eine Gebärdendolmetscherin wird auch eine Tour begleiten und für Gehörlose übersetzen, jeweils am Samstag und Sonntag um 13:30 Uhr.

Warum ist es so wichtig, solche Community Parcours bei einem Medienkunstfestival anzubieten?

Sonja Schachinger: Das Ars Electronica Festival steht für Kunst, Technologie und Gesellschaft. Der soziale Raum, der vom Ars Electronica Festival für alle Kulturen und Klassen dieser Welt geöffnet wird, zeigt seine Verantwortung auch in der Integration von Minderheiten. Wir haben hier das größte internationale Medienkunstfestival der Welt. Wir freuen uns auch, dass die Communities aus den heimischen Kreisen durch dieses Angebot der kostenlosen Führungen am internationalen Geschehen teilnehmen können. Viele entdecken so das erste Mal die großartige Gemeinschaft des Ars Electronica Festival. Die Community Parcours sind eine liebgewonnene Tradition, die es dieses Jahr zum vierten Mal gibt. Wir haben jetzt schon fixe Buchungen von treuen Community Besuchern und Besucherinnen erhalten.

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Credit: Tom Mesic

Die Community Parcours werden immer von MuttersprachlerInnen aus den jeweiligen Communities geführt. Wer sind dieses Jahr die Guides?

Sonja Schachinger: Die Guides kommen meistens aus der Community und studieren oft auch Kunst oder Technologie. Pooneh Yekta wird auch dieses Jahr wieder die Führungen auf Farsi übernehmen und studiert zeitbasierte Medien auf der Kunstuniversität. Für Russische Touren konnten wir Elena Selgrad gewinnen, die staatliche geprüfte Fremdenführerin ist. Jerneija Zavec ist in der Linzer Kulturszene sehr aktiv und wird neben den Führungen in Serbokroatisch dieses Jahr auch für das Radio FRO eine  Sendereihe zum Thema Art&Science auf dem Ars Electronica Festival produzieren. Monica Vlad studiert in Linz an der Kunstuniversität am Department für Interface Cultures und wird die Führungen in Rumänisch und Italienisch moderieren. Während der Nightline des Festival wird Monica auch eine Live-Performance mit dem Titel „Lost, but not lost forever“ geben. Die Gebärdendolmetscherin Ulrike Graf ist der Medienkunst sehr verbunden und übersetzt auch im Ars Electronica Center und im Lentos Museum Führungen für Gehörlose Menschen.

Schließlich gibt es auch noch Expert Tours – was ist an diesen Führungen besonders?

Sonja Schachinger: Bei den Expert Tours hat man die Gelegenheit, von Experten und Expertinnen aus Kunst und Wissenschaft persönlich durch das Festival geführt zu werden. Der Künstler Refik Anadol, der selbst zwei Kunstwerke am Festival ausstellt, macht eine Schwerpunkttour zum Thema „Artificial Intelligence“. Aus dem STARTS-Bereich (Science, Technology, and the Arts) konnten wir Anna Dumitriu gewinnen, die in einer Führung ihr Kunstwerk „Controlled Commodity“ vorstellt und darüber hinaus einen Schwerpunkt auf Materialität, Smart Materials und Art & Science setzt. Mit einem Festivalpass erhält man außerdem die Möglichkeit einer gratis Exkursion nach Kremsmünster, wo Chico MacMurtrie seine kinetische Skulptur „Pneuma Fountain“ präsentieren wird. Christophe de Jaeger und Simone Furtlehner führen durch die Ars Electronica Gallery Spaces, die es dieses Jahr zum ersten Mal am Festival gibt. „Expanded Body“ ist auch eine sehr interessante Führung – hier zeigen Manuela Naveau und Christl Baur Werke zu Transformationen des menschlichen Körpers. Welche Mutationsprozesse schleichen sich langsam bei uns ein und werden Alltag? Es gibt einige Kunstwerke, die sich genau mit diesem Thema und Technologien wie Skin Interfaces oder Tissue Engineering befassen. Herr Dr. Friedrich Schwarz vom Botanischen Garten geht in der Tour „Botanical Intelligence“ an die Grenzen unseres Wissens. Es geht um Fragen wie was ist Biodiversität? Was ist im botanischen Leben ein Sinnesleben? Auch zum Sonic Saturday und Music Monday gibt es jeweils eine Guided Tour. Ebenso führen die diesjährigen Featured Artists, Time’s Up, durch ihre Ausstellung im Lentos Kunstmuseum.

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Yen Tzu Chang. Credit: Florian Voggeneder

Unter die Expert Tours fällt auch ein Workshop und eine einzigartige Live-Performance…

Sonja Schachinger: Das Fraunhofer Institut MEVIS veranstaltet einen Workshop, in dem live zum MRT-Labor in Bremen geschaltet wird. Die Künstlerin Yen Tzu Chang ist vor Ort dabei, um den künstlerischen Einsatz der Maschinen zu erklären. Sie zeigt ihre Arbeit „Whose Scalpel“ und gibt einen Eindruck davon, wie Medizin und Kunst zusammentreffen. Die Künstlerin Aoife van Linden Tol wird eine wunderschön poetische sprenggewaltige Live-Performance vorführen, die uns an das magnetische Verhalten und die Lichtproduktion von Sternen erinnern soll.

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Credit: Florian Voggeneder

Was zeigen die Führungen, das man auf eigene Faust vielleicht nicht so schnell erkennt?

Sonja Schachinger: Führungen geben Orientierung und zeigen das Wissen „Behind The Scenes“. Auf einmal bekommt man die Möglichkeit, Verknpüfungen zwischen Kunstwerken erkennen zu können, auf die man alleine nicht gekommen wäre. Es gibt am Festival viele verschiedene Themenbereiche neben dem Hauptthema „Artificial Intelligence – Das andere Ich“ – die erst durch die Guided Tours besser vernetzt werden. Wie reicht das Thema der Künstlichen Intelligenz in den Bereich „Art & Science“, wie ist es mit Brain Computer Interfaces verbunden? Nach einer Highlight-Tour, die einen ersten Überblick verschafft, ist es auf jeden Fall leichter, selbst einen halben oder ganzen Tag durch das Festival zu gehen. Es werden einem auch Fragestellungen mit auf den Weg gegeben. Außerdem lernt man Kunstwerke auf verschiedene Art und Weisen kennen – bei der „Mobilität der Zukunft“-Tour zum Beispiel besprechen wir, wie verschiedene Werke mit diesem Thema künstlerisch und nachhaltig umgehen.

Zu unseren Festivalführungen sind wirklich alle herzlich eingeladen. Dadurch kommen sicherlich auch neue Dialoge zustande. Ein Objekt wird von unterschiedlichen Besuchern und Besucherinnen betrachtet, genau um diese verschiedenen Perspektiven geht es.

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Credit: Magdalena Sick-Leitner

Es geht also nicht nur um die Kunstwerke selbst, sondern auch um die Vermittlung und den Austausch zwischen den BesucherInnen…

Sonja Schachinger: Es geht in der Medienkunst stark um das Interaktive, das Einbeziehen eines jeden Einzelnen und jeder Einzelnen. Jeder und jede hat eine eigene Anschauungsweise, ein eigenes Gefühl und eine eigene Interpretation, die sich gegenseitig befruchten können. Es ist nicht unbedingt wie in der Kunstgeschichte, dass man gewisse Elemente sehr affirmativ an einem Werk feststellen kann. In der Medienkunst sind nur die technischen Aspekte eindeutig zu benennen. Man kann zum Beispiel feststellen: Das ist ein Computer mit einem bestimmten Prozessor. Aber alles, was darüber hinausgeht, dafür benötigt man „Mediation“. Auf Englisch lässt sich das sehr gut ausdrücken: Es ist nicht Art Education, sondern Community Art Mediation.

Sonja Schachinger

Sonja Schachinger weist langjährige internationale Ausstellungserfahrung durch ihre Tätigkeiten bei der Messe Frankfurt vor. Sie absolvierte ein postgraduales Studium an der Donau Universität in Krems, das sie am Department for Image Science im Studienlehrgang „Media Art Histories“ abschloss. Sie hat bereits für das BIO-FICTION Festival und die synth-ethic Ausstellung der Biofaction KG in der Produktionsorganisation gearbeitet. Sie ist im Team der Kunstvermittlung an der Kunstmeile Krems und für das Kulturvermittlungsprojekt denkmalwien des Mauthausenkomittee Österreich tätig.

Die verschiedenen Touren des WE GUIDE YOU Programms werden während des Ars Electronica Festivals 2017 in der POSTCITY von 7. bis 11. September stattfinden. Ein Ticket für die Highlight und Expert Touren ist im Tages- oder Festivalpass inbegriffen, weitere Tickets können direkt vor Ort gekauft werden. Die Community Parcours sind gratis, die Anmeldungen dafür finden auf unserer Website statt. Für mehr Informationen über die Führungen und für Anmeldungen zu den Community Parcours besuchen Sie bitte unsere Website.

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