Mit „Blink: Humanising Autonomy“ präsentierten Adam Bernstein, Raunaq Bose, Leslie Nooteboom und Maya Pindeus bei der STARTS-Prize-Ausstellung des Ars Electronica Festival 2017 eine neue Möglichkeit, die Interaktion zwischen den fahrerlosen und selbstfahrenden Autos und den FußgängerInnen zu erleichtern. Mensch und Maschine kommunizieren dabei über Gesten und Lichtsignalen und tauschen so untereinander ihre Absichten aus. Wir haben mit Maya Pindeus über das Projekt gesprochen, aus dem nach der Anerkennung beim STARTS Prize 2017 ein in London ansässiges Unternehmen entstanden ist.
Maya Pindeus bei den STARTS Prize Talks am Ars Electronica Festival 2017. Credit: Tom Mesic
Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Und wie habt ihr diese dann in die Realität umgesetzt?
Maya Pindeus: Wir glauben, dass die Interaktion zwischen Menschen und autonomen Systemen in der Stadt der Zukunft eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. Zuerst begannen wir damit zu erkunden, wie wir den Stadtraum zu einem angenehmeren und komfortableren Ort für Menschen machen könnten und legten dabei den Fokus auf neue Technologien wie autonome Fahrzeuge. Schnell stellten wir fest, dass unsere Vorstellungen davon im Widerspruch zu dem standen, was viele Konzepte der Automobilindustrie für autonome Autos in unseren zukünftigen Städten beinhalteten; und dass vor allem ein neuer, auf den Menschen ausgerichteter Ansatz der Autonomie benötigt wird.
Wir sind fest der Meinung, dass zwar die notwendige Infrastruktur vorhanden ist, um die Stärken zwischen FußgängerInnen und Fahrzeugen ausgleichen zu können, ein Großteil der derzeitigen Infrastruktur ist jedoch eher auf die Bedürfnisse der Fahrzeuge zugeschnitten. Abgesehen von dem Potenzial autonomer Fahrzeuge – dass in der Stadt weit weniger Unfälle und Todesfälle verursacht werden – bieten sie auch die Möglichkeit, die Dynamik der Mächte auf der Straßen wieder ins Lot zu bringen und den FußgängerInnen in der Stadt gleiches Gewicht zu geben.
Aus diesem Grund haben wir einen Prototyp entwickelt, der eine wechselseitige Interaktion zwischen FußgängerInnen und einem autonomen Fahrzeug ermöglicht. Unser Prototyp hat einen maschinellen Lernalgorithmus entwickelt, der es einer Fußgängerin oder einem Fußgänger ermöglicht, ihre oder seine Absicht durch Handgesten an das Fahrzeug zu richten – dadurch ist es dem Fahrzeug möglich, menschliche Absichten erkennen und verstehen zu können. Der Vorhersagealgorithmus basierte auf einem Datensatz, der auf den Straßen von London gesammelt wurde.
„Unser Ziel war es, Technologien zu entwickeln, die sich an das anpassen, was für die Menschen selbstverständlich ist. Wir möchten intuitive Interaktionen zwischen Mensch und Maschine entwickeln – anstatt in umgekehrter Reihenfolge.“
Was werden die Herausforderungen der menschlichen Kommunikation mit autonomen Autos, Drohnen und anderen beweglichen Dingen im öffentlichen Raum sein?
Maya Pindeus: Städte sind dicht und überfüllt, unerwartete Dinge passieren und verändern sich innerhalb von Sekundenbruchteilen. Es ist sehr herausfordernd, aber gleichzeitig umso wichtiger für jedes autonom fahrende Auto und jedes autonome System im Allgemeinen, die gesamte Bandbreite und Vielfalt menschlichen Verhaltens in Städten zu verstehen, um mit ihnen präzise kommunizieren zu können. Ein Mangel an Vertrauen und gesellschaftliche Akzeptanz für autonome Technologie sind auch zwei der Haupthindernisse für die autonome Fahrzeugentwicklung. Wir sind der Meinung, dass es besonders wichtig ist, Interaktionen und die Kommunikation mit autonomen Systemen zu entwickeln, die sich für uns Menschen natürlich und intuitiv anfühlen und zu unserem Verhalten auf der Straße passen.
„Blink: Humanising Autonomy“ bei der STARTS Prize Ausstellung des Ars Electronica Festival 2017. Credit: Florian Voggeneder
Was ist nach der Anerkennung beim STARTS Prize 2017 passiert? Wie haben Sie Ihr Projekt verbessert und wo haben Sie es bereits präsentiert?
Maya Pindeus: 2017 war ein aufregendes Jahr für uns, denn es war der Beginn unseres Unternehmens „Humanising Autonomy“. Im vergangenen Herbst wurden wir nach unserer Teilnahme beim Ars Electronica Festival 2017 eingeladen, am DART17 in San Francisco teilzunehmen, wo wir einige Zeit damit verbrachten, unsere Firma und unsere Technologie zu entwickeln, und sogar einen Vortrag bei der NASA hielten. Wir sind jetzt in London ansässig, wo wir unsere Technologie weiterentwickeln – eine Plattform, die es autonomen Fahrzeugen ermöglicht, menschliche Absichten besser zu verstehen und vorherzusagen, und wir arbeiten in Pilotprojekten mit der Automobilindustrie zusammen. Wir haben kürzlich eine Zusammenarbeit mit Daimler Mercedes Benz begonnen. Nächsten Monat sind wir eingeladen, gemeinsam mit Daimler und DART17 ein Panel über unseren menschenzentrierten Ansatz für autonome Technologie bei der SXSW zu halten. Wir sind immer auf der Suche nach neuen Projekten und Partnerschaften und wir wachsen auch und suchen nach Menschen, die mit uns natürliche Interaktionen mit autonomen Systemen entwickeln wollen.
Zu guter Letzt: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Vorteile einer Zusammenarbeit der Bereiche Wissenschaft, Technologie und Kunst?
Maya Pindeus: Technologie kann niemals als ein isolierter Prozess gesehen werden. Sie muss immer in einen Diskurs und in einen breiteren Kontext der Gesellschaft eingebettet sein. Menschen müssen in der Lage sein, darauf zu vertrauen, sie zu verstehen und sich darauf einlassen zu können. Interdisziplinäres Arbeiten schafft eine einzigartige Möglichkeit, die verschiedenen Erscheinungsformen von Technologie kritisch zu erforschen. Kooperationen zwischen Wissenschaft, Kunst und Technologie bringen eine einzigartige Umgebung hervor, die unterschiedliche Sichtweisen ermöglicht, Experimente nährt und dabei nie das Gesamtbild vergessen lässt.
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Die Idee zu Blink: Humanising Autonomy wurde von einem interdisziplinären Team entwickelt, das aus vier StudentInnen des MA/MSc-Programms Innovation Design Engineering am Royal College of Art und am Imperial College London besteht: Adam Bernstein (US) verfügt über eine Ausbildung in Elektrotechnik und Erfahrung in der Infrastrukturentwicklung für elektrische Fahrzeuge. Raunaq Bose (UK) ist Maschinenbauingenieur und verfügt über Erfahrung darin, Produkte aus der konzeptionellen Phase zur Marktreife zu bringen. Leslie Nooteboom (NL) absolvierte eine Ausbildung in technischem Industriedesign und verfügt über Erfahrung in den Bereichen Robotik und Entwicklung eines solargetriebenen Rennwagens. Maya Pindeus (AT) studierte Architektur und beschäftigt sich insbesondere mit dem Bereich Mensch-Maschine-Interaktion.
This project has received funding from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 732019. This publication (communication) reflects the views only of the author, and the European Commission cannot be held responsible for any use which may be made of the information contained therein