Campus Exhibition 2018: Taking Care

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Mittlerweile kann schon von Tradition gesprochen werden: Gemeinsam mit der Kunstuniversität Linz lädt das Ars Electronica Festival jedes Jahr eine herausragende internationale Universität dazu ein, eine eigene Ausstellung am Festival, heuer von 6. bis 10. September 2018, zu gestalten. Dieses Jahr ist es das kanadische Forschungsnetzwerk Hexagram, das vor allem durch seinen Ansatz der Research-Creation, also der Verbindung von Wissenschaft und Kunst, bekannt ist.

Was sich hinter Research-Creation versteckt, welche Forschungsschwerpunkte Hexagram setzt und auf welche Arbeiten der Studierenden man sich bei ihrer Campus Exhibition „Taking Care“ freuen kann, hat Kuratorin Anna Kerekes im Interview verraten.

Generative Chorus. Credit: Marine Theunissen

Hexagram präsentiert dieses Jahr eine Ausstellung an der Kunstuniversität Linz im Zuge des Ars Electronica Festivals. Kannst du mir ein bisschen etwas über das internationale Netzwerk erzählen?

Anna Kerekes: Hexagram ist ein internationales Netzwerk, dass sich der Research-Creation in den Bereichen der Medienkunst, Design, Technologie und digitaler Kultur widmet. Das Netzwerk besteht aus über 80 Mitgliedern, die von der Universität Quebec in Montreal und Concordia University arbeiten, mit zusätzlichen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen an der University of Quebec in Chicoutimi, École de technologie supérieure und der McGill University. Das Netzwerk arbeitet mit Organisationen in Quebec, ganz Kanada und auch aus der ganzen Welt zusammen.

Die Qualität und Diversität der wissenschaftlichen und technischen Infrastrukturen, die den Studierenden und Forschenden hier gegeben sind, machen Hexagram einzigartig. Hexagram hat zwei zentrale Ziele: Erstens geht es darum, gemeinsame Arbeiten zwischen Hexagram-Wissenschaftlern und –Wissenschaftlerinnen zu fördern, um theoretische, methodologische Konzepte, Werkzeuge, Prozesse und Praktiken zur Förderung der Research-Creation als emporkommendes Feld zu entwickeln, und zweitens diese Expertise auf einer internationalen Bühne zu verfestigen, auszutauschen und zu exportieren.

Un-weaving. Credit: Eugenia Reznik

Hexagrams Forschungsprogramm basiert auf drei Achsen. Welche sind das und warum wurden sie ausgewählt?

Anna Kerekes: Das Forschungsprogramm für 2014 bis 2020 basiert auf den drei Achsen Sinne, Verkörperung und Bewegung; Materialität; und Ubiquität. Diese Achsen reflektieren die sich verändernde Umgebung der Medienkunst-, Design- und Technologieforschung mit der Einbeziehung von Forschenden aus der Soziologie, Kunstgeschichte, Anthropologie, Spielforschung, Philosophie und Kommunikation und Medienforschung sowie Künstlerinnen und Künstlern aus dem Netzwerk.

Die Achse Sinne, Verkörperung und Bewegung bringt Research-Creation Projekte zusammen, die Assoziationen zwischen dem Körper, Technologie und den Geisteswissenschaften in kontemporärer Kultur und den Medien des Alltags untersuchen. Bei der Erforschung der unausweichlichen Beziehung zwischen Technologie und dem sich bewegenden, denkenden und fühlenden Körper, sowohl menschlich als auch darüber hinaus, konnten drei Themen identifiziert werden: Performativität und Inszenierung, Zeitlichkeit, Dynamiken und Prozessualität, Wahrnehmung und Affekt.

Materielle Handlungsmacht und Praxis ist das zentrale, organisierende Prinzip hinter der Achse der Materialität, im Speziellen das kritische Annullieren des Mensch-Nicht-Mensch-Dualismus der Dinge und Lebewesen. Dieser Forschungscluster hat drei Kernunterthemen: Neue Lebensformen, Making (DIY) Kultur, und dieLives of Things Agency.

Die wachsende Ubiquität von Bildern, Netzwerken, rechnerischen Strategien, Interfaces als konzeptuellen Rahmen und der Wirklichkeit inmitten des technologischen Fortschritts, die das Potential haben, die menschliche Interaktion und Perspektiven auf die Welt zu transformieren, ist der Fokus der dritten Achse, Ubiquität. Die drei Unterthemen hier sind Netzwerke und Archive, transkulturelle Medien und mediatisierte öffentlicher Raum.

SOLA. Credit: Agustina Isidori

Was kann man sich eigentlich genau unter dieser Verbindung von Forschung und kreativem Schaffen, Research-Creation, vorstellen?

Anna Kerekes: Research-Creation ist ein sich entwickelnder Forschungstrend in Kanadas wissenschaftlichem Milieu, der die interpretativen Disziplinen, Geistes- und Sozialwissenschaften, mit kreativen, also Kunst und Design, verbindet. Es beinhält das Schaffen von Wissen in und durch kreatives Material und performative Praxis. Weil Research-Creation grundsätzlich eine Praxis ist, repräsentiert das Netzwerk eine große Diversität an Research-Creation Praktiken unter ihren Mitgliedern. Diesen Frühling wurde eine große Umfrage unter allen Hexagram-Mitgliedern durchgeführt. Wir möchten das Netzwerk dokumentieren, und auch die Praktiken seiner Mitglieder.

ISLAND. Credit: Olivia McGilchrist

Worauf wurde bei der Auswahl der Werke für die Ausstellung am Ars Electronica Festival Wert gelegt?

Anna Kerekes: Die Ausstellung von Hexagram „Taking Care“, wird zwanzig Arbeiten unserer Studierenden zeigen. Die ausgestellten Projekte arbeiten an der Schnittstelle von ethischen und ästhetischen Bedenken. Sie sollen nicht beschreibend sein – das gute Leben beschreiben – sondern vielmehr spekulativ, sie fragen danach, was die Möglichkeiten und Konditionen für Leben in der Gegenwart und Zukunft sein könnten. Ausgedrückt durch eine Reihe von Formen und Medien, inklusive Spiele, Virtual Reality, Performance, Installation, biologische Kunst, Textilien, Sound, Video und Fotografie, beziehen alle Projekte moderne Technologien mit ein. Ihr Fokus liegt dennoch über das Technologische hinaus. Fragen über Rasse, Geschichte, Narrative der Erfahrungen, nicht-menschliche Materialität und Repräsentation werden angeordnet und miteinander verbunden. In einem Moment, in dem unsere Aufmerksamkeit sich der beachtlichen Unsicherheit unserer Zukunft zuwendet, untersucht „Taking Care“, was in den Ideen und Vision der nächsten Generation auf dem Spiel steht.

Nach einem Open Call an Hexagram-Studierende wurden die zwanzig Projekte von einem Auswahlkomitee aus Hexagram Mitgliedern und Partnerinnen, Partnern, außerhalb des Universitäts-Kontextes ausgewählt. Die ausgestellten Projekte veranschaulichen Research-Creation.

Feedback cycles for Oscillographes. Credit: Guillaume Arseneault

Hexagram fördert besonders die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Mitglieder. Gibt es Beispiele, die wir im Herbst am Festival sehen können?

Anna Kerekes: Ja, Kollaboration war ein wichtiges Kriterium in der Auswahl der Projekte für die Campus Ausstellung „Taking Care“. Wir zeigen „Microbiome Rebirth Incubator“ von Francois-Joseph Lapointe und Marianne Cloutier, „Maxwell’s equations“ von Barbara Layne und Loren Osmond, „rustle your leaves to me softly“ von Jess Marcotte und Dietrich Squinkifer, „to the sooe“ von ofian Audry und Erin Gee, wie auch „Temporalité Expressive“ von Marc-André Cossette mit Axelle Munezero. Außerdem hat Hexagram eine Gruppe von multidisziplinären Studierenden geformt, die die Campus Ausstellung 2018 betreuen. Das Team verwaltet alle Aspekte der Organisation der Ausstellung, vom Ausstellungsdesign, der Technik und Produktion, Redaktion und Kommunikation, Kuratieren bis hin zum Koordinieren.

REVOLVE_REVEAL. Credit: Louis-Philippe Rondeau

Welche weiteren Highlights erwarten uns bei Hexagrams Ausstellung für das Ars Electronica Festival 2018?

Anna Kerekes: Dieses Jahr werden die Arbeiten von Hexagrams künstlerischen Mitgliedern in den Räumlichkeiten der Kunstuniversität Linz präsentiert werden, außerdem finden einige Performances und Installationen an anderen Festival-Schauplätzen in der Stadt statt. Eine der Festival-Locations, der Deep Space 8K im Ars Electronica Center, wird die Performance einer der Studierenden zeigen, Suzanne Kita. Dort findet auch ein Vortrag über das Hexagram Netzwerk von Chris Salter, einem der Co-Direktoren, statt. In der Ausstellung an der Kunstuni gibt es außerdem einen Bereich, der Hexagram Struktur zeigt.

Anna Kerekes arbeitet als Kuratorin, Künstlerin und Wissenschaftlerin. Sie konzentriert sich auf Medienkunst und arbeitet an verschiedenen Projekten mit der internationalen Kunstszene zusammen. Nach dem Abschluss des Masters im Kuratieren an der Universität Sorbonne-Paris IV führte ihre Interesse am Kunstschaffen zu einem PhD in Kunstwissenschaften an der University of Quebec in Montreal, wo sie sich auf Research-Creation spezialisiert. Ihre Zusammenarbeit mit Jonas Mekas transformierte die Art und Weise, wie sie die Vorstellung von Erinnerung und Alltagsleben durch künstlerische Praxis assoziiert, was diese Themen zum Hauptfokus ihrer momentanen Arbeit machten.

Die Campus Exhibition „Taking Care“ des internationalen Forschungsnetzwerks Hexagram findet am Ars Electronica Festival, von 6. bis 10. September 2018, an der Kunstuniversität Linz statt. Mehr Informationen erfahren Sie in Kürze auf unserer Webseite.

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