Menschen, Tiere, Pflanzen, Bakterien, Umwelt, Stoffe und Geräte, über das Internet verbunden. Sieben Teile, die sich nacheinander gegenseitig beeinflussen. Internet of Everything: All Connections ist Teil des human (un)limited Ausstellungsprojekts von Hyundai Motorstudio und Ars Electronica, das sich der Erfolgsgeschichte des Menschen samt deren Schwächen, Stärken und vor allem Grenzen widmet. Das Werk hat keinen Start- oder Endpunkt, da alle Teile in einer ineinandergreifenden Schleifenstruktur verbunden sind. Diese Arbeit konstruiert eine Kettenreaktion einer Schleifenkonfiguration, um die miteinander verbundene Beziehung zwischen Organismen, Maschinen und der Natur mittels Netzwerkverbindung auszudrücken.
Was der Künstler Shaun Hu in kleinem Maßstab zeigt, beobachten wir heute auf globaler Ebene: Ob Klimakrise oder Artensterben – unsere Auswirkungen auf das Ökosystem dieses Planeten verursachen weitreichende Kettenreaktionen mit schwerwiegenden Folgen und zerstören immer mehr Lebensgrundlagen der Menschen. Wir haben anlässlich der Schau in Peking, wo er noch bis Ende Februar ausstellt, über die Überwindung von Grenzen und die damit verbundenen Folgen für Gesellschaft und Umwelt gesprochen.
Grenzen überwinden heißt über sich hinauswachsen und vermeintlich Unmögliches möglich machen. Die Frage, ob wir solch eine Herausforderung meistern könnten, treibt uns Menschen immer schon viel stärker an, als die Frage, ob das überhaupt sinnvoll ist, geschweige denn, welche Folgen wir im Falle eines Erfolges zu erwarten hätten. Warum?
Shaun Hu: Es braucht die Phantasie und den Mut der Menschen, um Grenzen zu durchbrechen. Heute müssen wir uns nicht mehr jeden Tag – wie noch unsere Vorfahren – Sorgen um unser Ãœberleben machen, sondern wir können darüber nachdenken, wie wir ein besseres Leben führen können. Die Möglichkeiten der Zukunft faszinieren uns, es fasziniert uns, etwas auszuprobieren, das uns zu Beginn sinnlos erscheint und dafür auch einen Preis zu zahlen. Jedes Mal, wenn wir einen Durchbruch schaffen und neue Möglichkeiten finden, sind wir begeistert und fühlen, dass sich unsere Anstrengungen lohnen. Natürlich gelingt uns nicht immer alles, aber selbst wenn wir scheitern, geben wir anderen eine Vorlage für ihre eigenen Erforschungen.
Paul Crutzen hat den Begriff vom „Antropozän“ geprägt. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, welche ungeheure Macht wir Menschen heute ausüben, aber auch, dass damit große Verantwortung einhergeht. Fällt es uns Menschen leichter den technologischen Fortschritt voranzutreiben als ihn kulturell zu verarbeiten? Wenn ja, warum?
Shaun Hu: Es besteht kein Zweifel, dass der Einfluss des Menschen auf die Erde riesig ist. Die Menschen scheinen nicht damit zufrieden zu sein, mit der Natur zu koexistieren, progressive Wissenschaft und Technologie ist ein Beispiel dafür. Die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie kann uns dabei helfen, „besser“ zu überleben. Technologie entspricht dabei unserem physischen Körper und nur wenn der physische Körper sorgenfrei ist, gibt es die nötige Grundlage dafür, um die geistige Ebene weiterzuentwickeln. Natürlich wird die Kultur die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie fördern, oder in einigen Fällen die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie erfordern. Fortschritte in der Technologie kommen oft aus unseren praktischen Bedürfnissen, wie z.B. bestimmte Werkzeuge für etwas zu entwickeln, oder unserem dringenden Bedürfnis, bestimmte Gesundheitsprobleme zu lösen. Die Kultur braucht jedoch Zeit, um sich zu akkumulieren.
Im Gegensatz zu allen anderen Lebewesen können wir Menschen nur überleben, indem wir die Welt um uns herum verändern, indem wir also in das System einzugreifen und damit unweigerlich – so wie Sie es mit „All Connections“ ja auch zeigen – eine Kettenreaktion auslösen. Gibt es eine Möglichkeit die Folgen unserer Eingriffe zu kontrollieren oder ist das schlicht eine Illusion?
Shaun Hu: Ich bin mir nicht sicher, ob wir Kettenreaktionen, die die Umwelt mit sich bringt, kontrollieren können. Ich denke, wir müssen über mögliche Folgen nachdenken, bevor wir versuchen, in sie einzugreifen. Anstatt also die Folgen zu kontrollieren, wäre es vielleicht sinnvoller, vor dem Eingriff herauszufinden, wie wir handeln sollten.
Werden wir uns in Zukunft wieder stärker als Teil des Ökosystems dieses Planeten begreifen oder wird die zunehmende Technologisierung unserer Welt zu einer weiteren Entfremdung zwischen uns und der Natur führen?
Shaun Hu: Persönlich denke ich, dass der Mensch untrennbar mit der Natur verbunden ist. Obwohl es scheint, dass viele Technologien es uns ermöglichen, die Natur zu beeinflussen, denke ich, dass wir nicht isoliert von der Natur zu sehen sind. Wir Menschen stehen unter der Natur.
Wie begreifen Sie die Rolle der (Medien-) Kunst hinsichtlich des Diskurses zur Zukunft? Was kann, soll die Kunst dazu beitragen?
Shaun Hu: Wir sehen oft den Einsatz von Technologie in der Medienkunst, die ihrerseits wieder die Technologie inspiriert hat und sie sogar in einigen Bereichen eingesetzt hat. Kunst bietet viele Möglichkeiten für die Zukunft. Sie ist in der Lage, die menschliche Kreativität zu manifestieren, indem sie die Vorstellungs- und Lebenskraft des Menschen zeigt.
Shaun Hus Arbeiten erforschen die Beziehung zwischen Mensch und Natur im digitalen Zeitalter. Seine Arbeiten umfassen interaktive Installationen, Klangkunst und andere digitale Medien. Er hat 2014 sein Studium der digitalen Medienkunst an der Central Academy of Fine Arts abgeschlossen und ist nun ein Master-Anwärter mit dem Schwerpunkt Art and Technology.
Internet of Everything: All Connections ist Teil der human (un)limited Ausstellung, eine Ausstellungsreihe von Hyundai Motorstudio und Ars Electronica, die noch bis 29. Februar in Peking, Seoul, und Moskau zu sehen ist.
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