„Den aktuellen Stand der Planetenforschung mit einer Prise Science Fiction zu verbinden“ ist das Ziel, wenn Gernot Grömer zu einer Reise durch das Sonnensystem einlädt. Beim Deep Space LIVE am 2. Oktober heben wir mit ihm ab und erkunden mittels gewaltiger Bildwelten die Weltraumattraktionen, wie wir sie in 200 Jahren im Sommerurlaub erleben könnten: Die Berge des Mars, die Ringe des Jupiter und die Krater der Kometen. Der Astronom und Astrobiologe Grömer ist Direktor des ÖWF, des Österreichischen Weltraum Forums. In dieser Funktion entwickelte er etwa einen Raumanzug für den Mars und erprobt diesen sowie zahlreiche weitere Fragestellungen bei regelmäßig stattfindenden Analog Marsmissionen, wie zuletzt 2018 im Oman.
2020 wird es wieder eine Simulation geben. Was wir uns darunter vorstellen können, wie nahe die erste Marsmission tatsächlich ist und was man zum Beispiel tun soll, wenn im Raumanzug die Nase juckt, das hat uns Gernot Grömer bereits vor seinem Auftritt in Linz und bei Ars Electronica Home Delivery kommenden Freitag verraten.
Wohin nehmen sie uns mit, bei ihrer „Reise durch das Sonnensystem“? Und was sollten wir für diese Reise einpacken?
Gernot Grömer: Bei dieser Reise geht es darum, die atemberaubendsten und spannendsten Orte des Sonnensystems zu besuchen – eine Art interplanetare Version einer Südseekreuzfahrt. Daher gilt auch hier: eine gute Fotokamera einpacken, vor allem aber Neugierde und offen sein für Neues! Die Raumanzüge und sonstigen technischen Hilfsmittel werden zur Verfügung gestellt.
Wann können wir zum Beispiel die Reise zum Mars starten?
Gernot Grömer: Prinzipiell wären wir technologisch so weit, in etwa zehn Jahren mit Menschen zum Roten Planeten aufzubrechen. Mein Buch „Unterwegs im Weltraum“ spielt aber 200 Jahre in der Zukunft – da kann man schon auf mehr Infrastruktur und Annehmlichkeiten zurückgreifen als bei den ersten Marsexpeditionen. Wie wäre es zum Beispiel zum Sonnenuntergang mit herrlicher Aussicht mit einem Luxus-Restaurant auf dem Olympus Mons, dem höchsten Berg des Sonnensystems?
Was sind die größten Herausforderungen, die sich bei einer künftigen Marsmission ergeben werden?
Gernot Grömer: Neben den technischen Herausforderungen – etwa große Massen am exakten Landepunkt zu landen – gibt es eine gänzlich andere, aber noch viel wichtigere Hürde zu nehmen: Nämlich, dass wir als Gesellschaft sagen: „Wir wollen wieder eine Gesellschaft von Forschern und Entdeckern werden!“ Das hieße, dass auch die politischen Rahmenbedingungen für Exploration besser werden.
Welche Erkenntnisse konnten Sie durch die Mars-Analogmission gewinnen?
Gernot Grömer: Bei jeder Mission dokumentieren zahlreiche wissenschaftliche Publikationen diese hunderte von kleineren und größeren Erkenntnissen, die für zukünftige Marsreisen relevant sind: Von technischen Spezifikationen bis hin zum Faktor Mensch – was mache ich zum Beispiel, wenn meine Nase im Raumanzug zu jucken beginnt? Tipp: Ein Schaumstoffstück im Raumanzug, um die Nase daran zu reiben, kann da zum besten Freund der AstronautIn werden.
Wird es heuer wieder eine Mars Simulation geben und wenn ja, wissen Sie schon genaueres? Welche Experimente werden durchgeführt, welches finden Sie persönlich am aussichtsreichsten?
Gernot Grömer: Im Herbst koordiniert das ÖWF zusammen mit dem israelischen Wissenschaftsministerium die internationale Marssimulation „AMADEE-20“. Unter rot-weiß-roter Leitung werden 16 hochkarätige Experimente aus den Bereiche Robotik, Human Factors und Geowissenschaften im Zentrum stehen – diese sind allesamt forschungsmäßig sehr relevant, aber besonders bin ich auf die Ergebnisse unserer RobotikerInnen der TU Graz und der Drohnen-ExpertInnen der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt gespannt.
Welches Team hat Ihrer Meinung nach die besten Karten, die ersten am Mars zu sein, und warum?
Gernot Grömer: Ich denke, das wird eine internationale Mission werden – vergleichbar mit den vielen Ländern, die etwa an der Internationalen Raumstation beteiligt sind. 80 Länder sind da beteiligt, Österreich leider nur am Rande über die ESA. Bei einer Marsmission hoffe ich doch, dass sich auch Österreich deutlich mehr engagieren wird. Inwieweit dabei die private Raumfahrtindustrie wie Elon Musk‘s SpaceX eine Rolle spielen wird, werden wir sehen. Tatsächlich ist aber ein Trend zu sehen, dass auch solche historischen Projekte wie eine Marsexpedition von nichtstaatlichen Organisationen gestaltet werden.
Und zum Schluss: Wie ist das jetzt mit Pluto – Planet oder nicht?
Gernot Grömer: Bei aller Romantik und Polemik: Sorry, er ist kein Planet. Dafür ist Pluto aber der erste klassifizierte Zwergplanet – und das kann schließlich nicht jeder Himmelskörper von sich behaupten!
Dr. Gernot Grömer ist Gründer und Administrativer Direktor des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF) sowie des Spacesuit Laboratory Innsbruck. Geboren 1975, Diplomstudium der Astronomie & Doktoratsstudium im Bereich Astrobiologie an der Universität Innsbruck, International Space University / Space Studies Programme in Houston/Texas, Unterrichtsassistent am Space Physical Science Department der ISU in Cleveland/Ohio. Mitglied im Space Generation Advisory Council (Board of Mentors) und der European Astrobiology Network Association. Diverse astronomische Forschungsaufenthalte in Italien, USA und Chile. Projektleitungsgruppe AustroMars und Mitglied des Management Boards des PolAres-Programmes. Lehr- und Forschungstätigkeit an mehreren Universitäten in Europa. Leitete 12 astronautische Mars-Simulationen darunter in the Dhofar Wüste im Oman, in der nördlichen Sahara, Utah sowie in Südspanien.
Du willst an einer Weltraumreise mit Gernot Grömer teilnehmen? Am 2. Oktober hast du um 19 Uhr beim Deep Space LIVE „Unterwegs im Weltraum“ die Gelegenheit dazu. Außerdem finden, ebenfalls im Deep Space 8K, regelmäßig unsere interaktiven 3D-Flüge ins All mit „Uniview“ statt.