Ein Blick in die Vergangenheit

, Credit: Kepler Sternwarte Linz

Seit Menschengedenken ist der Sternenhimmel für uns eine wesentliche Quelle, um sich ein Bild von der Welt machen zu können. Genaue Kenntnisse über Mond- und Sonnenbahn sowie die Jahreszeiten waren für landwirtschaftliche Kulturen lebenswichtig. Schon in den ersten Hochkulturen, wie etwa im alten Babylonien, wurden ab 3000 v. Chr. Sternkonstellationen beobachtet und diese – ebenso wie die Zeiten von Auf- und Untergängen von Sternen und Planeten – auf Tontafeln festgehalten. Im 15 Jhd. stellte Nikolaus Kopernikus die Vermutung auf, dass sich alle Planeten, inklusive der Erde, um die Sonne drehen. Erklären konnte das aber erst 200 Jahre später der deutsche Astronom Johannes Kepler, der zu der Erkenntnis kam, dass die Bahnen der Planeten keine Kreise, sondern Ellipsen sind. Die genaue Beschreibung gab er in seinen Drei Keplerschen Gesetzen an, die auch heute noch gelten.

Vom Geist der Wahllinzers Johannes Kepler geleitet, formte sich 1947 aus einer von Astronomie begeisterten Linzer Gruppe der astronomische Verein „Kepler Sternwarte Linz“. Ziel des Vereins war es schon damals, eine Sternwarte zu errichten, um astronomisches Wissen in möglichst weiten Bevölkerungskreisen zu verbreiten. Bis zur Erfüllung des Zieles hat es jedoch noch einige Jahre gedauert. Eingebettet im Grünen, ca. 400 m südlich des Senders Freinberg, wurde die Linzer Sternwarte im Jahr 1983 mit Vereinsmitteln gebaut und steht seither als astronomische Volksbildungseinrichtung den Linzer*innen zur Verfügung. Zum 75. Jubiläum präsentiert das Ars Electronica Center die Ausstellung „75 Jahre Public Outreach – astronomische Volksbildung in Linz“, welche den Weg des Vereins bis zur eigenen Sternwarte zeigt. Wir haben uns mit Vereinsobmann Günther Martello getroffen, um uns über die Aktivitäten der Sternwarte und die neue Ausstellung zu unterhalten.

Credit: Kepler Sternwarte Linz

Wie groß ist das öffentliche Interesse an der Kepler Sternwarte und welche Veranstaltungen bietet der Verein?

Günther Martello: In nicht Pandemie-Jahren verzeichneten wir z. B. im Jahr 2018 über 300 Besucher*innen bei den monatlich stattfindenden Vortragsabenden im Wissensturm der Volkshochschule Linz, 1.100 Besucher*innen bei über 100 Sternführungen in der Sternwarte, 100 Eltern und Kinder bei den Erlebnisabenden im Monat August. Die wöchentlich jeden Donnerstag stattfindenden Clubabende wurden von ca. 630 Mitglieder besucht. Einmal im Jahr findet der Vereinsausflug zu anderen Sternwarten mit im Durchschnitt ca. 50 Personen statt. Im Frühjahr und Herbst bieten wir Einsteigerkurse für Teleskopbesitzer*innen an, die heuer im Zuge der Ausstellung am Wochenende im Ars Electronica Center stattfinden. Bei besonderen Ereignissen wie z. B. der totalen Mondfinsternis im Jahr 2018 wurde die Sternwarte von über 1.000 Besucher*innen gestürmt.

Was sind bzw. waren die Höhepunkte des Astronomie-Jahres 2022?

Günther Martello: So richtige Höhepunkte gab es bis jetzt noch keine. Der wirkliche Höhepunkt wird die Partielle Sonnenfinsternis am 25. Oktober 2022 sein, die im Zuge der Ausstellung vor dem Eingang des Ars Electronica Center mit mobilen Teleskopen für die Bevölkerung, frei zugänglich, bei Schönwetter beobachtet werden kann.

Credit: Kepler Sternwarte Linz

Wie hat sich die Lichtverschmutzung seit dem Bau der Sternwarte verändert?

Günther Martello: Während der ersten Jahre war eine sinnvolle Beobachtung des Sternenhimmels noch direkt aus der Stadt möglich. Später wurde im Botanischen Garten eine Beobachtungsstation errichtet. Die Sternwarte im Arboretum am Freinberg schütz uns ein wenig vom immer stärker werdenden Streulicht der Stadt Linz. Die Lichtverschmutzung in den letzten Jahrzehnten ist so stark angestiegen, dass eine Beobachtung der Milchstraße mit freiem Auge nicht mehr möglich ist. Deshalb wurde für unsere Mitglieder eine Außenstelle in Gramastetten errichtet. Doch auch hier sind die Umweltveränderungen spürbar: So war die Nebelgrenze früher immer unterhalb, jetzt durch die Erderwärmung steigt der Dunst von der Donau immer öfter bis und über den Standort. So wichen wir auf noch höher gelegene Standorte aus und errichteten auf der Hohen Dirn (Losenstein) ein Observatorium, das nächstes Jahr den Betrieb aufnehmen wird. Dieses Remote-Teleskop wird Bilder von der ausgezeichneten Dunkelheit auch direkt in die Sternwarte Linz übertragen.

Credit: Kepler Sternwarte Linz

Was wird man in der neuen Ausstellung erwarten können?

Günther Martello: Die Ausstellung zum Jubiläum „75 Jahre Public Outreach – astronomische Volksbildung in Linz“ präsentiert als Highlight das erste Vereinsteleskop aus dem Jahr 1948, das als Leihgabe von der Arbeitsgruppe Astronomie am Haus der Natur in Salzburg für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt wird. Neben der historischen Entwicklung wird natürlich auch der Bezug zu Johannes Kepler dargestellt. Ein weiterer wichtiger Punkt der Ausstellung ist zu zeigen, dass es auch heute noch möglich ist, als Amateurastronom*innen wissenschaftliche Entdeckungen zu machen.

Die Ausstellung „75 Jahre Public Outreach – astronomische Volksbildung in Linz“ wird von 20. Oktober bis 03. November 2022 im Foyer des Ars Electronica Center zu sehen sein. Am Freitag (21.10.2022) wird der Deep Space zum Schauplatz der größten und wichtigsten Meteoriteneinschläge auf der Erde. Samstag und Sonntag (22. & 23.10.2022) wird es einen Teleskopkurs der Linzer Astronomischen Gemeinschaft geben, welcher praktische Astronomie mit dem Teleskop erklärt. Höhepunkt wird die Beobachtung der partiellen Sonnenfinsternis am Dienstag (25.10.2022) vor dem Ars Electronica Center. Spezielle Teleskope der Kepler Sternwarte Linz stehen mit erfahrenen Beobachtern bereit, um dieses Himmelsphänomen gemeinsam mit euch zu beobachten.

Günther Martello ist seit 1976 Mitglied des Vereins „Kepler Sternwarte Linz“ und seit 1980 Obmann des gleichnamigen Vereins.

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