Technische Ausfälle, eine mangelnde Mitarbeiter*innenanzahl, sowie ein unberechenbarer Eigentümer ließen Twitter 2022 immer mehr an Beliebtheit verlieren und viele Nutzer*innen nach einer Alternative suchen. Mastodon, eine Open-Source-Plattform, die 2016 von Eugen Rochko gegründet wurde, gewann dabei immer mehr an Popularität und wurde als die beliebteste Twitter-Alternative gehandelt. Mehr als 500.000 neue User strömten in wenigen Tagen auf die Plattform, die Aktivität explodierte. Auch wir sahen uns nach alternativen Möglichkeiten um und wurden nach einigen Nachforschungen auf das soziale Netzwerk aufmerksam. Doch was genau ist Mastodon, wie unterscheidet es sich zu Twitter und wie nutzen wir die Social-Networking-Plattform für unsere Inhalte? Im Folgenden geben wir einen kleinen Überblick.
Mastodon vs. Twitter: Was ist anders?
Das Fediverse oder Fediversum bezeichnet ein Netzwerk föderierter, voneinander unabhängiger sozialer Netzwerke, Mikroblogging-Dienste und Webseiten für Online-Publikation oder Daten-Hosting.
Benannt nach einem ausgestorbenen, elefantenähnlichen Wesen, das zuletzt vor mehr als 10.000 Jahren auf der Erde lebte, bietet Mastodon eine dezentrale Struktur. Während Twitter von einem einzigen Unternehmen kontrolliert wird, ermöglicht Mastodon Einzelpersonen oder Organisationen, einen Server (eine sogenannte Instanz) einzurichten und Benutzer*innen darauf zu hosten. Diese Server repräsentieren oft geografische Regionen oder Interessengebiete. Sobald User einem Server beigetreten sind, können sie mit anderen Personen auf diesem Server chatten oder in das gesamte „Fediverse“ posten. Nachrichten, die auf den meisten Servern verfasst werden, können von der gesamten Mastodon-Gemeinschaft gelesen werden, es sei denn, die Verfasser*innen des Beitrages entschieden sich dagegen.
Im Gegensatz zu Twitter, wo Nachrichten auf 280 Zeichen begrenzt sind, bietet Mastodon je nach Serverinstanz bis zu 11.000 Zeichen pro Nachricht an (standardmäßig sind es jedoch nur 500 Zeichen). Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht darin, wie Nutzer*innen auf Inhalte stoßen: Auf Mastodon gibt es keine algorithmischen Empfehlungen wie bei Twitter. Stattdessen hängt das, was User sehen, davon ab, wem sie folgen und was diese Personen teilen. Bis zum jüngsten Zustrom war die Mastodon-Gemeinschaft klein und sorgfältig kuratiert. Sie bestand hauptsächlich aus Menschen mit einer „geekigen“ Neigung. Aus diesem Grund unterscheiden sich die Interaktionen auf Mastodon ein wenig von denen auf Twitter, da die Gespräche viel intimer wirken.
Ein weiterer Vorteil von Mastodon ist die Möglichkeit, auf verschiedenen Serverinstanzen zu posten und so leichter mit Gleichgesinnten zu sprechen. Mastodon hat einen natürlichen Zustand der Konversation, während Twitter eher auf Performativität ausgerichtet ist. Es ist jedoch unklar, ob sich die Kultur auf Mastodon langfristig bewahren lässt, insbesondere nach dem jüngsten Zustrom von Nutzer*innen, die ihre Gewohnheiten von Twitter mitbringen. Einige User befürchten, dass dies zu einem Wandel in der Art der Umgangsformen führen könnte, der denen auf Twitter stärker ähnelt. Einige Journalist*innen, die sich daran gewöhnt haben, ihre Arbeit mit anderen zu teilen, ohne sich allzu oft an Konversationen zu beteiligen, wurden bereits von alteingesessenen User ermahnt.
Alles besser?
Obwohl Mastodon für viele Anwender*innen eine attraktive Alternative zu anderen Social-Media-Plattformen darstellt, gibt es auch einige Aspekte, die auf Mastodon nicht so gut funktionieren. Zum Beispiel ist die Plattform aufgrund der dezentralen technischen Struktur und nicht unkomplizierten Account-Erstellung alles andere als barrierefrei und erschwert den Einstieg, insbesondere für diejenigen, die es gewohnt sind, sich auf zentralisierten Plattformen wie Twitter und Facebook zu bewegen. Die Tatsache, dass Mastodon aus vielen verschiedenen Instanzen besteht, auf denen unterschiedliche Regeln und Verhaltensrichtlinien gelten können, kann für neue Nutzer*innen schwierig zu navigieren sein. Darüber hinaus kann die Tatsache, dass sich die Nutzer*innen auf unterschiedlichen Instanzen befinden, dazu führen, dass manche Gespräche oder Themen fragmentiert oder aufgeteilt werden, was die Zusammenarbeit und den Austausch von Ideen erschweren kann. Da die Plattform ein gewisses Verständnis für technische Aspekte erfordert, wird das Fediverse hauptsächlich von gut ausgebildeten, tendenziell technisch versierten Menschen vorwiegend aus Europa und Nordamerika besiedelt.
Ein weiteres Problem auf Mastodon ist, dass es aufgrund der geringeren Anzahl von Mitglieder und der dezentralen Struktur schwieriger sein kann, eine breite Reichweite und Sichtbarkeit für Inhalte und Beiträge zu erzielen. Auf Plattformen wie Twitter und Facebook können Beiträge schnell viral gehen und von Millionen von Usern gesehen werden. Auf Mastodon kann es hingegen schwieriger sein, eine große Nutzer*innenbasis zu erreichen und dadurch auch eine breitere Wirkung zu erzielen. Insbesondere für Nutzer*innen, die Mastodon als Marketinginstrument oder zur Förderung ihrer Marke nutzen möchten, kann es schwierig sein, eine ausreichend große und engagierte Zielgruppe auf der Plattform zu finden.
Warum wir uns für Mastodon entschieden haben
Als Ars Electronica haben wir uns letztes Jahr im November dazu entschieden, Mastodon als weitere Social-Networking-Plattform zu nutzen, da wir die Möglichkeit schätzen, uns einer kleinen, aber engagierten Gemeinschaft von Gleichgesinnten anzuschließen. Im Gegensatz zu Twitter und anderen Plattformen kommunizieren wir auf Mastodon hauptsächlich durch mehrteilige Stories, die über den Tag hinweg gepostet werden und sich zeitlich voneinander unterscheiden. Dies liegt daran, dass Mastodon keinen Algorithmus verwendet, um Beiträge nach Gewichtung zu sortieren und Nutzer*innen unabhängig vom Zeitpunkt der Veröffentlichung anzuzeigen. Wenn die Plattform jedoch besonders aktiv ist oder ein Beitrag zu einem ungünstigen Zeitpunkt veröffentlicht wird, kann es vorkommen, dass der Beitrag im Fluss der Timeline verloren geht und nicht die gewünschte Aufmerksamkeit erhält.
Die dezentrale Struktur und die Betonung auf Inklusivität und Vielfalt trägt dazu bei, dass die Mastodon Community eine breitere Palette von Stimmen und Perspektiven repräsentiert als andere soziale Medien-Plattformen. Durch die Möglichkeit, eigene Instanzen zu erstellen und ihre eigenen Communities zu bilden, die auf spezifische Interessen oder Gruppen ausgerichtet sind, entsteht eine größere Vielfalt an Perspektiven und Erfahrungen, die von verschiedenen Nutzer*innen geteilt werden. Dadurch richtet sich der Fokus der Plattform eher auf den Austausch von Ideen und Gesprächen als auf die schnelle Verbreitung von Inhalten.