Von der Kunst des Neuerfindens: Eine Universität beginnt

founding lab 9, FOUNDING LAB closing ceremony, photo: Patrick Münnich

Fortwährend dringen neue Arten des Wissens, neue Arten des Handelns und neue Arten der Fürsorge für andere Menschen und die Natur in unseren Alltag ein. Und entgegen der offiziellen Erzählung hat das, was da im Hintergrund geflüstert wird, längst und unbestreitbar Einfluss auf unser gegenwärtiges Leben genommen. Ungeachtet dessen sind unsere auf festen Grundlagen errichteten Institutionen unverändert geblieben. Vor Jahrhunderten gegründet, haben sie sich kaum weiterentwickelt. Bei näherer Betrachtung aber zeigen sich Risse. Und in diesen Lücken und Spalten, zwischen Beton, Marmor und Bronze gedeihen neue Formen, die Welt zu betrachten und zu deuten.

Ein Neuanfang …

In unserer von Hektik und Unsicherheit geprägten Gegenwart ist das tradierte Konzept Universität unzureichend geworden und muss dringend überarbeitet werden. Nur dann kann die Hochschulbildung zu einer Zukunft beitragen, die anders und besser ist als jene, die bloß unserer kollektiven und von Krisen aufgeschreckten Projektion entspringt.

… der alles in Frage stellt, …

Alles müssen wir bei dieser Überarbeitung in Frage stellen, alles ins Wanken bringen. Es ist entscheidend, dass wir uns – gedanklich – an den Abgrund begeben, denn Ruinen und Ödland sind die besten Ausgangspunkte für die große imaginative Übung, die vor uns liegt. Im Zentrum dabei ist Universität, die nicht bloß der nächste utopische Vorschlag sein darf. Sie muss und wird Realität werden. Im Moment handelt es sich noch um eine „vorzeitige“, eine „vorläufige“ Universität, die voller Möglichkeiten steckt und von Zweifeln durchzogen ist. Welche Lehrmethoden sollten an dieser neuen Universität Priorität haben? Sollten praktische und kollaborative Projekte im Vordergrund stehen? Sollte es Noten geben? Wie stark sollten die Studierenden und die Institution miteinander verflochten sein? Wie können ihre Hörsäle so inklusiv wie möglich werden?

… um zu anderen Antworten zu finden

Trotz ihrer gegenwärtigen Probleme und Unzulänglichkeiten ist die Universität ein unverzichtbares Dach, das Forschende vor Stürmen schützt. Sie ist ein unersetzbarer und einzigartiger Raum für den Austausch und die Entwicklung von Wissen. Ihre Vergangenheit, ihre Unbeweglichkeit und ihre aktuellen Risse zeugen von der Notwendigkeit eines ebenso komplexen wie dringenden Gesprächs. Im Rahmen des FOUNDING LAB haben Ars Electronica und das Institute of Digital Sciences Austria 75 Studierende aus aller Welt damit beauftragt, eine neue Universität zu imaginieren. Eines wurde dabei rasch klar: Diese Universität wird auf Kritik setzen müssen, sie wird Platz für diejenigen schaffen müssen, die die Risse im Dach aufzeigen, lange bevor es einzustürzen droht. Das wiederum bedeutet, Interdisziplinarität, Durchlässigkeit und Zusammenarbeit zu fördern und zu stärken. im Rahmen des FOUNDING LAB haben Studierende genau diese Praktiken am Beispiel konkreter Themen getestet.

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