Persistent Time Sink Resonance ist die künstlerische Auseinandersetzung mit Realitätsvolumen unter Verwendung von 3D Gaussian Splatting. Diese neuartige Rasterisierungs-Technik ermöglicht die digitale räumliche Rekonstruktion von Objekten und unserer Umgebung im Computer. Persistent Time Sink Resonance ist eines der beiden prämierten Projekte des internen Ideenwettbewerbs Ideas Expedition des Ars Electronica Futurelab 2024.
Persistent Time Sink Resonance wird als audiovisuelles Archiv digitaler Daten und gesammelter Steine als physische Symbole präsentiert. Diese Artefakte stellen Erinnerungsanker für gescannte Orte in der Natur dar. Scannen bezieht sich hier auf die Methodik, einen Ort durch Fotografie und Audioaufnahmen zu erfassen. Die Künstler produzierten Tausende von Bildern und stundenlange Tonaufnahmen als Datensätze, die maschinell im Computer rekonstruiert wurden. Durch Fotogrammmetrie und Gaussian Splatting verarbeitet, ergeben sich holistische Realitätsvolumen ausgehend von Steinen als jeweiliges Zentrum des realen Ortes. Gefunden wurden diese in der Umgebung von Linz/Oberösterreich zwischen März und Juli 2024.
Realität ist ein andauerndes Zeit-Loch. Etwas Unaufhörliches und Fortbestehendes – dabei Unmengen an Zeit verschluckend. Resonanz ist in der Physik die selektive Reaktion eines Objekts oder Systems, das von einer außen einwirkenden Kraft zum Schwingen gebracht wird. Die Künstler versuchen, diese Kraft zu sein. Die Realität in Bewegung zu versetzen, sie zu erfassen und zu verstehen, um sie als digitale Erinnerungen festzuhalten. Unser Gedächtnis besteht aus Prozessen, die in unseren Gehirnen ablaufen. Sich an etwas zu erinnern, kann als aktive Rekonstruktion angesehen werden. Dies kann verlustbehaftet sein oder sogar völlig andere Erinnerungen im menschlichen Geist erzeugen. Die Künstler stellen diesen Rekonstruktionseffekt in den Kontext visueller und auditiver maschineller Erinnerung, um ihn letztendlich als Kunstwerk zu simulieren.
Reality Capture ist eine aktive Form der Aufnahme von Objekten oder Orten, zum Beispiel mit einer Fotokamera, zur Rekonstruktion im digitalen Raum. In diesem Projekt werden die Realitätsvolumen mittels Gaussian Splatting erstellt. Die Technik ermöglicht Echtzeit-Darstellung dreidimensionaler, fotorealistischer Szenen, maschinell gelernt und aus Bildinformationen entnommen. Die Realitätsvolumen von Persistent Time Sink Resonance neigen dazu, an dem Punkt zu zersplittern und sich aufzulösen, an dem Informationen fehlen oder absichtlich zurückgehalten wurden.
Gaussian Splatting wird in diesem Projekt nicht nur für die direkte visuelle Übertragung von räumlichen Daten verwendet. Vielmehr geht es darum, in den Zwischenräumen der maschinellen Interpretation zu verweilen, die sich bei der Erfassung der Realität mit dieser Rendering-Technik öffnen. Diese neigt dazu, wie Erinnerungen unscharf zu werden. Objekte brechen auf und Farben verstreuen sich wie Glassplitter im 3D-Raum. Hier verweilen wir, während die digitale Realität auseinanderbricht, und es offenbart sich die maschinelle Ausdruckskraft in der räumlichen Ästhetik.
Dieses Projekt war Teil des Open Futurelab am Ars Electronica Festival 2024.
Credits
Ars Electronica Futurelab: Johannes Pöll, Raphael Schaumburg-Lippe, Arno Deutschbauer
Persistent Time Sink Resonance ist ein Gewinnerprojekt der Ars Electronica Futurelab Ideas Expedition 2024