Soft Collision, Performance with the membrane / Anna Schaeffner (FR), Photo: Michelle Mantel

S+T+ARTS Exhibition

Wo Künstler*innen der Innovation Form geben

Masha Zolotova (RU) / Co-Curator STARTS Exhibition

Das Dreieck aus Wissenschaft, Technologie und Kunst bietet einen fruchtbaren Nährboden für kreative Lösungen und alternative Visionen für unsere Gegenwart und Zukunft. Warum? Weil es—und vor allem die Kunst—die disruptiven Innovationen ermöglicht, die wir benötigen, um einfühlsamer und entschlossener mit den drängenden Problemen unserer Zeit umzugehen. Wie können wir eine Kultur fördern, in der die Künste, Wissenschaft und Technologie als miteinander verbundene und sich gegenseitig bereichernde Methoden des Forschens, des Wissens und des Entdeckens gedeihen?

Die STARTS-Ausstellung zeigt in diesem Jahr die vielfältigen Formen und Funktionen künstlerischer und kreativer Zusammenarbeit. Vor allem möchten wir deren Potenzial, uns als Inspirationsquellen und treibende Kräfte des Fortschritts zu dienen, ins Zentrum stellen—heute und jetzt sofort, aber auch in der Zukunft. Wir präsentieren Projekte von einzelnen Künstler*innen, aber auch institutionelle Initiativen, die durch ihre innovativen Ideen und ihr Engagement aktiv Veränderung bewirken.

Die Ausstellung beginnt mit Calculating Empires: A Genealogy of Power and Technology, 1500–2025, einem großformatigen visuellen Manifest von Kate Crawford und Vladan Joler. Diese Arbeit ist nicht nur eine Landkarte unserer technologischen Gegenwart, die eine sich über fünf Jahrhunderte erstreckende Geschichte abbildet, sondern ermutigt uns auch, unsere Beziehung zu den sozialen, politischen und technologischen Systemen dieser Gegenwart zu überdenken. Indem sie danach fragen, wie wir hier gelandet sind, fordern uns die Künstler*innen auch dazu auf, über unsere nächsten Schritte nachzudenken.

POSTCITY
MI 4. Sept. – SO 8. Sept. 2024
Der Zugang zu dieser Ausstellung im 1. Stock der POSTCITY ist kostenlos.

Ein Weg nach vorn

Aber ist das der einzige Weg, in unsere Vergangenheit zu blicken und über unsere Zukunft nachzudenken? Es gibt keine singuläre Sichtweise auf die Geschichte, sondern immer eine Vielzahl von Perspektiven. Um als Gesellschaft auch von jenen Perspektiven lernen zu können, die bisher unterdrückt wurden, müssen wir die bislang ungehörten Stimmen als neue Impulse des Dialogs und als Ideengeberinnen für neue gesellschaftliche Strategien begreifen.

Technologie eröffnet Künstler*innen die Möglichkeit, ihr reichhaltiges kulturelles Wissen auf die globale Bühne zu bringen und es in offenen, transparenten Strukturen zu archivieren und zu erhalten. So können wir als Publikum Verständnis gewinnen, eine Verbindung zu uns bislang unbekanntem Kulturerbe aufbauen und so zum Nachdenken, vielleicht sogar zum Handeln angeregt werden. Die präsentierten Werke stellen nicht nur alte Erzählungen der Geschichte in Frage, sondern ermächtigen Gemeinschaften dazu, aktiv gegen Unrecht anzukämpfen. Das Projekt Balot NFT etwa stellt ein radikales Modell vor, die Rückgabe von sowohl gestohlener Kunst als auch besetztem Land zu bewirken. Indem wir verstehen lernen, dass Wissen immer situiert ist, können wir neuen Erfindungsgeist entwickeln und Innovationspotenziale erkennen, und indem wir historische Machtstrukturen hinterfragen, finden wir neue Wege, mittels Technologie neue Geschichte(n) zu erzählen und eine inklusivere Zukunft zu entwerfen.

Künstlerische Perspektiven

Was sind die nächsten Schritte? Künstlerische und kreative Communities können einen Paradigmenwechsel nicht nur entwerfen, sondern auch herbeiführen, indem sie alternative Perspektiven im öffentlichen Diskurs verankern. Sie hinterfragen etablierte Normen und gestalten Entwürfe einer inklusiveren, zugänglicheren und einfühlsameren Welt.

Kreative Lösungsansätze und kunstgetriebene Innovation können verschiedenste Dimensionen haben, wie die Ausstellung zeigt: von künstlerischen Einzelprojekten, Do-it-yourself-Prototypen und Bottom-up-Experimenten bis hin zu disziplinenübergreifenden Kooperationen und groß angelegten langfristigen Partnerschaften. Allen gezeigten Projekten gemein ist, dass sie den technologischen Status quo mit künstlerischen Mitteln in Frage stellen und alternative Ansätze vorschlagen. Diese reichen von weniger umweltschädlicher Technologiegestaltung über Schutzmechanismen für Schlüsseltechnologien bis zur Verschränkung von Technologieentwicklung und historischer Methodik. Die Künstler*innen ermöglichen uns auch Einblicke in—häufig mystifizierte—technologische Abläufe und Funktionsweisen und tragen so zur Technologiekompetenz unserer Gesellschaft bei, besonders im viel diskutierten Bereich der Künstlichen Intelligenz. Dies ist besonders wichtig in Zeiten, in denen technologische Entwicklung und soziale und wirtschaftliche Innovation einander bedingen.

Infrastrukturen der Macht und Fürsorge

Wer kann den Künstler*innen in diesem Bestreben helfen? Institutionelle Unterstützung spielt eine entscheidende Rolle, um innovative Ansätze zu verstetigen und Raum für neue Experimente zu schaffen. Diese Unterstützung kann etwa die Form institutionalisierter Räume für den Dialog zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie annehmen. Sie kann auch so weit reichen, dass zu physischen Infrastrukturen wie dem CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, oder verschiedenen Hochleistungsrechenzentren Zugang geschaffen wird. Langfristig angelegte Initiativen wie STARTS oder Programme wie Arts at CERN und FUNKEN Academy demonstrieren eindrucksvoll, wie Förderstrategien und stabile Rahmenbedingungen eine Verstetigung alternativer Modelle der Wissensproduktion ermöglichen und Begegnungen und Zusammenarbeit zwischen Expert*innen unterschiedlichster Disziplinen dauerhaft etablieren können. Diese Infrastrukturen sind entscheidend, um grenzübergreifende Kollaboration zu institutionalisieren und die Sichtbarkeit sicherzustellen, die für ihre Weiterentwicklung von großer Bedeutung ist.

[Kollaborative] Lösungen

Was könnte das Ergebnis dieser Zusammenarbeit sein? Begegnungen zwischen Kunst, Technologie, Wissenschaft und Industrie können zu bahnbrechenden neuen Erkenntnissen führen, nicht nur aus der Perspektive der Künstler*innen, sondern auch aus jener der Industrie, von Unternehmen, Politiker*innen und der Gesellschaft im Allgemeinen. Diese Ausstellung zeigt inspirierende Beispiele solcher Zusammenarbeit, die mit ihren überraschenden Ergebnissen dazu beitragen, neue Modelle der Integration kreativer Ansätze in industrielle Entwicklung zu entwerfen, neue Praktiken mit fortschrittlichen 3D-Drucktechnologien zu entwickeln und neue Lösungen zu finden, konventionelle industrielle Robotik weiterzuentwickeln.

Gerade diese zukunftsweisenden Ansätze und die damit verbundenen Paradigmenwechsel möchte die Europäische Kommission mit ihrer STARTS-Initiative—Science, Technology, Arts—fördern. Ars Electronica beteiligt sich derzeit an drei STARTS-Projekten: STARTS Ec(h)o, STARTS in the City und STARTS4Africa, die vom Horizon-Europe-Programm der Europäischen Union und von DG CNECT finanziert werden. Diese Ausstellung zeigt nicht nur Ergebnisse dieser Projekte, etwa die STARTS-Preisträger*innen und die Gewinner*innen des STARTS Prize Africa, sondern auch die im Rahmen der Residency-Programme STARTS4Africa und STARTS in the City entwickelten Arbeiten sowie Ergebnisse des Projekts FUNKEN Academy, das durch das Creative-Europe-Programm der Europäischen Union kofinanziert wird. Ein Teil der Ausstellung wird im Rahmen von Label4Future präsentiert, das von der Europäischen Union finanziert wird.

Linz Center of Mechatronics (LCM) (AT)

Die Linz Center of Mechatronics GmbH (LCM) ist ein Zentrum für angewandte Forschung im Grenzbereich der Mechatronik. Es transferiert Forschungsergebnisse in die Industrie, von hydraulischen und elektrischen Antrieben, Simulationen und digitalen Zwillingen bis hin zu Sensorik und Kommunikation. Das LCM unterstützt Unternehmen beim Übergang zu Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.

Credits

Presented with the support of STARTS Ec(h)o, STARTS4Africa, STARTS in the City, Label4Future and FUNKEN Academy.

STARTS Ec(h)o is funded by the European Union under Grant Agreement No. 101135691.

STARTS4Africa has received funding from the European Commission’s Directorate-General for Communications Networks, Content and Technology under Grant Agreement No. LC-01960720.

STARTS in the City has received funding from the European Commission’s Directorate-General for Communications Networks, Content and Technology under Grant Agreement No. LC-01984766.

Label4Future is funded by the European Union (European Innovation Council and SMEs Executive Agency EISMEA) under grant agreement No. 101133162).

FUNKEN Academy is co-funded by the Creative Europe Programme of the European Union.