Kinderforschungslabor, Mirages & miracles, AI x Music

Das neue Ars Electronica Center, zweiter Teil

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Preview-Video der neuen Ausstellungen
Compass – Navigating the Future / Ausstellungen

(Linz, 24.6.2019) Das Unsichtbare sichtbar machen, das Stillleben von Steinen, das sich in magische Fantasiewelten verwandelt, musizierende Maschinen aus verschiedenen Epochen, komponierende KI-Systeme und ein Kinderbuch über einen Überlebenskünstler – im Rahmen der zweiten großen Eröffnungsetappe präsentiert das neue Ars Electronica Center drei weitere faszinierende Ausstellungen.

Bislang ein Fernrohr, das den Blick in die Zukunft eröffnete, wandelt sich das Ars Electronica Center zum Kompass, um in dieser Zukunft navigieren zu können. 4 Millionen Euro investieren die Stadt Linz (2,5 Millionen Euro) und Ars Electronica (1,5 Millionen Euro) in das neue Museum der Zukunft. „Die zweite große Eröffnungsetappe des neuen Ars Electronica Center feiert die Neugierde, Fantasie und Kreativität des Menschen“, so Gerfried Stocker, Künstlerischer Leiter von Ars Electronica. „Im neuen Kinderforschungslabor können unsere jüngsten und neugierigsten Besucherinnen und Besucher Technologien wie Künstliche Intelligenz spielerisch ausprobieren. Die Ausstellung ‚Mirages & miracles‘ inszeniert Augmented Reality auf virtuose wie fantasievolle Weise und die Schau ‚AI x Music‘ zeugt davon, dass unsere Kreativität seit jeher vor allem auch in der Musik zum Ausdruck kommt –im Versuch, Musik mit Automaten künstlich zu erzeugen.“

Und dann ist da noch ein Highlight und Novum: „Unsere Infotrainerinnen und Infotrainer haben erstmals ein wundervolles Kinderbuch gestaltet“, so Gerfried Stocker. „Im Mittelpunkt dieses Buches steht Tardi, ein Bärtierchen, das zufällig bei uns im BioLab entdeckt wird. Als der kleine Überlebenskünstler entwischt, beginnt seine abenteuerliche Reise quer durch das neue Ars Electronica Center. Was Tardi dabei alles erlebt und wo er am Ende landet, sei an der Stelle aber noch nicht verraten!“

Mehrwöchiges Eröffnungsprogramm
Die zweite große Eröffnungsetappe des neuen Ars Electronica Center dauert bis einschließlich Sonntag, 21. Juli 2019, dem 50. Jahrestag der Mondlandung. Bis dahin steht jedes Wochenende unter einem anderen, speziellen Motto. Das Team von Ars Electronica sowie zahlreiche Expertinnen und Experten aus Kunst und Wissenschaft laden zu Spezialführungen durch die Ausstellungen, halten Workshops in den neuen Labs und geben Einblick in aktuelle Trends ihrer Disziplinen:

DO 27. Juni bis SO 30. Juni:
Die Optimierung unseres Körpers – sind Cyborgs die besseren Menschen?

DO 4. Juli bis SO 7. Juli:
Das Gehirn des Menschen – die Evolution in Vollendung?

DO 11. Juli bis SO 14. Juli:
50 Jahre Mondlandung – die Neuerfindung der Zukunft

SO 21. Juli:
50. Jahrestag der Mondlandung

Compass – Navigating the Future:
Im neuen Kinderforschungslabor – spielerisch die Welt entdecken

Wer sich für die Zukunft begeistert, entwickelt eine Vorstellung, wie sie aussehen sollte. Wer sich für die Zukunft begeistert, will sie mitgestalten. Wer sich für die Zukunft begeistert, will mitreden, welche Rolle Technologie spielen soll – und welche nicht.

Das neue Kinderforschungslabor will junge – und junggebliebene – Besucherinnen und Besucher für die Zukunft begeistern, ihre Neugierde befeuern und sie ermuntern, die Potentiale neuer Technologien spielerisch auszuloten.

Dieses Kinderforschungslabor ist eine Spielwiese. Mittels Künstlicher Intelligenz kann hier jede und jeder ganz einfach Musik komponieren, es können Roboter programmiert und gesteuert, Wesen aus Lego-Steinen gebaut und zu virtuellem Leben erweckt und geheimnisvolle Lebensformen unter dem Mikroskop entdeckt werden. Wesen wie Tardi, das Bärtierchen, das auf der Reise seines Lebens nicht zuletzt im Kinderforschungslabor vorbeikommt…

Trax – Interactive Musical Experience
Was Computer Generated Imaginery (CGI) für den Film darstellt, will „Trax“ für die Musik leisten. Die ebenso einfach wie spielerisch zu bedienende Musikplattform nutzt Künstliche Intelligenz, um Kreative bei der Komposition von Musik zu unterstützen. Auf einer visualisierten Tonspur werden Musikinstrumente und Noten platziert, die anschließend abgespielt werden. Mehrere Spuren und Instrumente zusammen bilden ein kleines Orchester.

nonvisual-art
„nonvisual-art“ ist ein Bild, das sichtbar und unsichtbar zugleich ist. Naturwissenschaft wird dabei zum bildnerischen Werkzeug: Zunächst unsichtbares Licht wird per Polarisationsfilter in sichtbare Farben zerlegt und anschließend zu einem Bild geformt. Durch eine 3D-Brille betrachtet wird das Bild sogar zum Raum. Lisa Buttinger heißt die junge Künstlerin, die diese Zauberwelt Stück für Stück akribisch zusammengebaut hat. 2017 erhielt sie dafür die Goldene Nica des Prix Ars Electronica in der Kategorie u19 – CREATE YOUR WORLD.

Augmented Reality Sandbox
Die „Augmented Reality Sandbox“ erweitert einen herkömmlichen Sandkasten um 3D-Visualisierungen und veranschaulicht so geowissenschaftliche Konzepte. Auf Sandhaufen und -gruben werden in Echtzeit topografische Höhenlinien projiziert und der Sandkasten damit zur Höhenfarbenkarte inklusive simulierter Wasserflächen.

Robo-Spielplatz
Auf diesem Spielplatz tummeln sich … Roboter! Kleine Alleskönner zum Spielen, Zeichnen und Musizieren. Aber nicht nur Spiel und Spaß allein stehen hier im Mittelpunkt: Kinder können hier spielerisch in die Welt des Programmierens eintauchen.

Animaker

Der „Animaker“ ist eine interaktive Installation, bei der die Grenze zwischen realer und virtueller Welt aufgelöst wird. Aus Lego-Bausteinen werden erst Tiere und andere Kreaturen gebaut, mittels Künstlicher Intelligenz werden diese dann in einer virtuellen Umgebung „zum Leben erweckt“.

Da ist Tardi: Ein Bärtierchen im Ars Electronica Center
Idee und Geschichte: Ulrike Mair / Konzept und Umsetzung: Katharina Hof / Illustration: Nini Spagl
Tardi ist ein Bärtierchen. Und deshalb etwas Besonderes. Warum? Er hat den „Dsup-Faktor“, der ihn quasi „unkaputtbar“ macht. Kochendes Wasser? Kein Problem! Flüssiges Helium bei minus 272 Grad? Auch kein Problem! 6000 Bar Druck? Richtig! Kein Problem. Selbst die Kombination aus Vakuum und kosmischer Strahlung im Weltall, kann Bärtierchen wenig bis gar nichts anhaben. Denn: Wird es ihnen zu ungemütlich, verfallen sie in eine Art Todeszustand, aus dem sie erst wieder erwachen, wenn sich die Bedingungen gebessert haben. Wie Bärtierchen das machen war lange ein Rätsel. Zunächst fanden Forscherinnen und Forscher bloß heraus, dass sich Bärtierchen im Laufe ihrer Evolution vieler Stressreaktionen entledigten und gleichzeitig Gene anhäuften, die sie nun vor negativen Einflüssen schützen. Dann aber stießen japanische Expertinnen und Experten auf ein im Tierreich einzigartiges Gen: Bärtierchen verfügen über ein Protein – die Forscherinnen und Forscher nennen es „Dsup“ („Damage Supressor“) – das ihre DNA vor harter Strahlung schützt. So einfach ist das.

Doch zurück zu Tardi. Tardi ist der Held des ersten Kinderbuchs, das Infotrainerinnen und Infotrainer des Ars Electronica Center geschrieben haben. Es erzählt die abenteuerliche Geschichte eines Bärtierchens, das bei einem Experiment im Biolab des Ars Electronica Center von Kindern zufällig entdeckt wird. Es entwischt, tappt staunend durch das Museum der Zukunft und begegnet hier allerhand Unerwartetem: Mucki, der Muskelzelle, einem Marionettenroboter, einem sehr eleganten Wurm, ja sogar der Künstlichen Intelligenz höchstpersönlich. „Da ist Tardi: Ein Bärtierchen im Ars Electronica Center“ ist ab sofort im Museum der Zukunft erhältlich.

Mirages & miracles by Adrien M & Claire B
„Mirages & miracles“ zelebriert Augmented Reality auf ebenso virtuose wie magische Weise. Seinen Ursprung hat das fantasiegeladene Feuerwerk des französischen KünstlerInnenduos Adrien M & Claire B dabei stets in einer „Silence of Stones“.

Steine sind unbelebte Materie. Steine bewegen sich nicht, sie sind stumm. Steine sind ein Sinnbild dessen, was real und konkret ist. Und genau hier kommen Adrien M & Claire B ins Spiel. Ihre Steine bilden den skulpturalen Ausgangspunkt für eine Reise in eine Augmented Reality voller Poesie: Sobald man diese Steine durch die Kamera eines Tablets betrachtet, erwachen sie zum Leben und werden Teil einer fantastischen Welt voller Poesie und Fantasie. Plötzlich tanzen da kleine Figuren anmutig über kunstvoll gelegte Reihen von Steinen hinweg, balancieren entlang von Linien, lösen sich in Punktwolken auf, nehmen wieder Gestalt an und beginnen ihren Tanz von neuem. Aus den Strukturen der Steine lösen sich Linien und Punkte, die wiederum dreidimensionale Wirbel, Schwärme, Objekte formen bevor sie sich wieder zurückziehen und ebenso schnell verschwunden sind, wie sie auftaucht waren. Mit „Mirages & miracles“ spielen Adrien M & Claire B mit der Grenze zwischen leblos und lebendig, künstlichem Wunder und echter Illusion. Und sie zeigen, welch wundervolle Welten wir dank unserer Fantasie aus schmuckloser Materie zu formen vermögen.

AI x Music
Die Ausstellung „Artificial Intelligence meets Music“ handelt von der Begegnung von Künstlicher Intelligenz und Musik und jener von menschlicher Kreativität und technischer Perfektion.
Musik ist die vielleicht emotionalste Kunstform, die wir Menschen hervorgebracht haben, und gleichzeitig tief verbunden mit der Mathematik und der Physik. Ihre Geschichte ist deshalb eine der Menschen, die sie komponierten und intonierten, und eine jener Instrumente, Werkzeuge und Apparate, die zu ihrer Aufführung, Aufzeichnung und Wiedergabe notwendig waren. Diese Geschichte beginnt mit den ersten Saiten- und Blasinstrumenten der Antike und reicht bis zu den digitalen Synthesizern unserer Tage, sie erzählt von den Wachswalzen und rußbedeckten Glasplatten der Vorläufer des Grammophons genau wie von den digitalen Streaming Diensten im Internet. In all diesen Epochen waren Komponistinnen und Komponisten, Musikerinnen und Musiker daher immer auch Pionierinnen und Pioniere hinsichtlich der technologischen Möglichkeiten ihrer jeweiligen Zeit. Mit Machine Learning und anderen Methoden von KI erhalten Künstlerinnen und Künstler heute völlig neue Möglichkeiten der kreativen Gestaltung, deren Potential sich gerade erst abzeichnet. Mit der Ausstellung „AI x Music“ blickt das neue Ars Electronica Center zurück in die Kultur- und Technologiegeschichte der Musikautomaten und nach vorn, in eine Zukunft, in der die Musikindustrie von KI-Anwendungen geprägt sein wird. Ob nun gestern oder morgen – stets ging und geht es nicht bloß um Technologie, sondern um grundlegende Fragen der Beziehung von Mensch und Maschine.

Das Instrument, das von selbst spielt
Banū Mūsā ibn Shākir, Liang Zhipeng (CN), ZKM | Zentrum für Kunst und Medien (DE)
„Wir möchten erklären, wie ein Instrument […] geschaffen wird, das fortwährend jegliche Melodie […], die wir wünschen, von selbst spielt, manchmal in einem langsamen Rhythmus […] und manchmal in einem schnellen Rhythmus, auch können wir von Melodie zu Melodie wechseln, wann immer wir dies wünschen.“
Diese Zeilen stammen nicht etwa von KI-Forscherinnen und -Forschern der Gegenwart. Unglaublich, aber wahr: Diese Zeilen wurden vor mehr als 1000 Jahren geschrieben. Das Manuskript „al-Āla allatī tuzammir bi-nafsihā der Banū Mūsā ibn Shākir“ datiert um die Mitte des 9. Jahrhunderts. Imad Samir beschreibt darin einen universalen Flötenspieler, bei dem es sich um das allererste, programmierbare, universale Musikinstrument der Menschheitsgeschichte handelt. Mit Hilfe einer Stiftwalze, die später zum mechanischen Herzstück sämtlicher europäischer Musikautomaten werden sollte, sollten beliebige Melodien und Instrumente gespielt werden können.

Im Rahmen einer Ausstellung präsentierte das ZKM | Karlsruhe 2015 zum ersten Mal eine komplette deutsche Übersetzung des Originaltextes von Imad Samir. Meisterstück der Schau war jedoch die mechanische Rekonstruktion des spielenden Automaten, dessen Funktionsweise zudem anhand einer Animation von Liang Zhipeng dargestellt wurde. Beides ist im neuen Ars Electronica Center zu sehen.

Walzenklavier
Federwerk, Münzeinwurf, 10 Melodien, Poupart, Ciocca, Mancier; Reims, Frankreich 1900
Ende des 19. Jahrhunderts waren Spieldosen und andere Automaten weit verbreitet. Sie imitierten Musikinstrumente wie auch die menschliche Stimme. Etwa zur gleichen Zeit erfand man auch mechanische Klaviere und Orgeln. Bedient wurden sie durch das Drehen einer Kurbel an der Vorderseite, die durch eine Schneckenschraube im Inneren verlängert wurde.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden dann Walzenklaviere, deren Spiralfedermotoren erst mit einer Kurbel aufgezogen und dann durch eine Münze ausgelöst wurden. An einem Holzzylinder waren 20.000 bis 30.000 Nägel oder Stifte befestigt, die zur richtigen Zeit einen Hammer betätigten, der wiederum auf eine Klaviersaite traf und so den gewünschten Klang erzeugte.

Flötenspiel
Flötenwerk mit Kurbel und Stiftwalze um 1795 Fa. Clavis; Wien
Auch das Flötenwerk bringt eine bestiftete Walze zum Einsatz. Das Orgelwerk dieses Musikautomaten besteht lediglich aus Lippenpfeifen und wird mit einer Kurbel und einem Metallgewicht betrieben. Die ersten Flötenwerke wurden wahrscheinlich in Deutschland gebaut und vermutlich in den 1780er Jahren erstmals im Müllerschen Kunstkabinett in Wien vor Publikum präsentiert. Kleinere Flötenwerke mit nur rund 20 bis 30 Pfeifen wurden damals auch in Uhrgehäusen oder in Unterkästen von Uhren eingebaut, größere Exemplare mit über hundert Pfeifen fanden in Möbeln aller Art Platz. Ob klein oder groß, Flötenwerke waren teure Luxusgegenstände und bildeten nicht zuletzt ob ihrer äußeren Erscheinung einen Glanzpunkt biedermeierlicher Wohnkultur.

Die Mechanische Klangfabrik Haslach
Sowohl das Walzenklavier als auch das Flötenspiel sind Leihgaben der „Mechanischen Klangfabrik Haslach“. 1994 eröffnete Erwin Rechberger dieses erste österreichische Museum für Musikautomaten, dessen einmalige Sammlung er gemeinsam mit seinem Sohn im Laufe von Jahrzehnten aus ganz Europa zusammengetragen hat. Mit ihren mehr als 160 Exponaten lädt die Mechanische Klangfabrik Haslach seither zum Streifzug durch die Geschichte der Musikautomaten, vom Barock bis in die Zwischenkriegszeit.

Seamoons, Mr. Knocky, Knockman Family
Maywa Denki (JP)

Er mache „mechanische Musik“, sagt Nobumichi Tosa aka Maywa Denki. Seine Instrumente heißen „Seamoons“, „Mr. Knocky“ und „Knockman Family“ und sind allesamt sogenannte Nonsens-Instrumente.
„Seamoons“ ist eine Maschine, die dem menschlichen Stimmapparat nachempfunden ist. Ein Motor treibt einen Blasebalg an, der Luft zwischen Gummibändern durchpresst und so einen singenden Ton erzeugt. Durch die Rückkopplungen des Motors ändert sich die Spannung der künstlichen Stimmbänder, wodurch die Tonhöhe variiert.

„Mr. Knocky“ ist ein Spielzeug, das ganz ohne Strom den Mechanismus des Klopfens reproduziert. Die trommelnde Spielzeugfigur ist über einen Draht mit zwei Sticks verbunden. Schlägt man diese wie zwei Drumsticks, wird diese Bewegung auf Mr. „Knockys“ Arme übertragen, der dann auf seine Trommel schlägt.

Die „Knockman Family“ besteht aus mehreren kleinen mechanischen Instrumenten, die wie bei einem Aufziehspielzeug mittels Feder aufgezogen werden und anschließend durch kleine Bewegungen entweder hämmern, schellen oder Saiten streichen.

The Berlioz Project
Brucknerorchester Linz (AT), SILK Fluegge (AT), Silke Grabinger (AT), Gergely Dudás (HU), Elias Choi Buttinger (AT), Ursula Neugebauer (DE), KUKA GmbH (DE), Wacker Neuson (AT), Johannes Braumann (AT), Peter Freudling (AT), Cori O´Lan (AT)

Sonntag, 9. September 2018: Es ist das zweite Mal, dass Markus Poschner als Chefdirigent des Bruckner Orchester Linz den Konzertsaal mit der Gleishalle der POSTCITY tauscht und gemeinsam mit Ars Electronica zur Großen Konzertnacht lädt. „The Berlioz Project“ verspricht eine einmalige Begegnung von Tradition und Moderne. Das Bruckner Orchester spielt die Symphonie fantastique von Hector Berlioz, ein Werk, das fast 200 Jahre alt ist und damit den Bogen von der Digitalen Revolution zurück in eine Zeit spannt, in der die industrielle Revolution gerade erst beginnt. Es wird auch getanzt an diesem Abend und zwar von Menschen – dem Tanzkollektiv SILK Fluegge – und Maschinen – einem Kuka KR 600-Industrieroboter mit 2,5 Tonnen Gewicht und einer Höhe von 3,5 Metern. Über eine eigene Programmschnittstelle wird der Roboter direkt von der Musik gesteuert und ist zudem mit den digitalen Echtzeitvisualisierungen auf den drei im Raum verteilten Panoramaprojektionen synchronisiert. Eingerahmt wird dieses Szenario von Ursula Neugebauers motorgesteuerten roten Kleider, die sich wie Derwische drehen und vom Dirigentenpult aus gelenkt werden können.

Simple Harmonic Motion #5, #5r, #9l
Memo Akten (TR)

Der Medienkünstler Memo Akten wuchs in der Metropole Istanbul auf. Eine Stadt, die vor Gegensätzen strotzt. Unterschiedliche Kulturen, Ethnien, Religionen, Ideologien, Lebensstile und Wertvorstellungen treffen hier auf engstem Raum aufeinander und formen zusammen ein komplexes Chaos. Es ist diese „Istanbul-Erfahrung“, die Memo Akten zu „Simple Harmonic Motion“ inspirierte. Aus dem Zusammenspiel einzelner, einfacher Rhythmen entsteht eine schier unüberschaubare Komplexität, in der sich sowohl Chaos als auch Ordnung finden. Bilder wie Töne dieser Serie werden von den mathematischen Prinzipien und Algorithmen angetrieben: einem komplexen Signal, das in seine Grundelemente zerlegt ist und mit unterschiedlichen Frequenzen arbeitet. Dieses Prinzip – auch bekannt als die Fourier-Reihe – ist zwar ein rein abstraktes mathematisches Theorem, gleichzeitig aber für unser Verständnis fast aller Aspekte der physikalischen, biologischen und sozialen Welt verantwortlich.

Making Techno with Music Robots
Moritz Simon Geist (DE)

Eine aus Relais gebastelte Snare-Drum, eine elektronische Kalimba, eine pneumatische Hi-Hat – bei „Making Techno with Music Robots“ kommen ziemlich schräge Musikinstrumente zum Einsatz. Moritz Simon Geist ist Musiker, Medienkünstler und Robotikingenieur und baut alle seine Instrumente selbst. Gesteuert werden sie allesamt über ein MIDI-Keyboard, kleine Piezomikrofone nehmen die Sounds auf und geben sie über einen Verstärker wieder. LEDs an den Instrumenten sorgen für stroboskopische Visuals. Das Ergebnis ist akustisch wie optisch einmalig und mehr als tanzbar.

Bösendorfer 290 Imperial CEUS

Ein „Bösendorfer 290 Imperial“ ist etwas Besonderes. Seit 1909 verfügt der Konzertflügel über einen Tonumfang von 8 vollen Oktaven und 97 Tasten. Viele Musikstücke können nur auf einem „Bösendorfer 290 Imperial“ originalgetreu wiedergegeben werden.

Nicht zuletzt dank des Knowhows der ExpertInnen der Technischen Universität Wien wurde aus dem „Bösendorfer 290 Imperial“ 2005 der „Bösendorfer 290 Imperial CEUS“. Seither kann dieser Konzertflügel auf ihm gespielte Musikstücke aufnehmen und reproduzieren. Selbst die kleinsten Bewegungen der Hammer und Pedale, genau wie die präzise Stärke der Anschläge werden registriert und gespeichert. In der Ausstellung „AI x Music“ gibt der „Bösendorfer 290 Imperial CEUS“ „Ma Mère l’Oye“ von Maurice Ravel zum Besten. Eingespielt wurde das Stück von Dennis Russell Davies und Maki Namekawa.

Ma Mère l’Oye – Maurice Ravel
Maki Namekawa (JP), Dennis Russell Davies (US), Cori O‘Lan (AT)

Die ursprüngliche vierhändige Klavierfassung wurde von Maurice Ravel zwischen 1908 und 1910 komponiert und erzählt Geschichten, die von Charles Perraults Märchensammlung „Tales of Mother Goose“ inspiriert sind. Dornröschen, Däumling, die Kaiserin der Pagoden und die Schöne und das Biest sind die Märchenfiguren hinter den einzelnen Teilen von „Ma Mère l’Oye“, die mit einem großen Finale im Garten der Feen abgeschlossen werden.

2016 produzierte Ars Electronica gemeinsam mit dem Abu Dhabi Festival und dem LA Philharmonic eine großformatige Visualisierung für die Orchesterfassung von „Ma Mère l’Oye“. Auf sieben hinter sowie über dem Orchester verorteten Projektionen wurden abstrakte Bildwelten inszeniert, die sich nicht an der Handlung, sondern an den Klangfarben des Stücks orientierten. Wesentlichen Einfluss auf Farben und Formen hatte dabei das Orchester selbst. Sämtliche Bewegungen wie auch die Schatten der Musikerinnen und Musiker wurden mittels verschiedener Trackingsysteme eingefangen und von einer eigens programmierten Software in Echtzeit in abstrakte Bilder übersetzt. Das Werk wurde im Februar 2016 in der Walt Disney Music Hall in Los Angeles unter der Leitung von Esa Pekka Salonen mit dem LA Philharmonic uraufgeführt.
Aufgrund der sehr großen klanglichen Unterschiede des Klaviers gegenüber dem gesamten Orchester, aber auch wegen der unterschiedlichen Interpretationen, wurde für die Aufführung mit Dennis Russell Davies und Maki Namekawa ein völlig neuer Satz von Visualisierungen geschaffen.

Open Soundstudio
Einfach mal ausprobieren! Wenn es darum geht, ob neue kreative Werkzeuge dabei helfen können, eigene Ideen umzusetzen, hilft nur eins: Ausprobieren! Genau dieses Motto gilt im neuen Open Soundstudio. Unzählige Tools zur Sounderzeugung können hier genutzt – und/oder einfach mal ausprobiert – werden. Wie Googles „Magenta“, eine auf Musik spezialisierte Anwendungen von TensorFlow. Oder „Ableton“, eine professionelle Digitale Audio Workstation (DAW) für Studioproduktionen und Live-Performances. Im Rahmen von Workshops und Kursen kann hier jede und jeder lernen, wie man mit dem Computer komponieren, Musik produzieren oder neue Klangwelten erschaffen kann. Plus: Auch in die Welt der Musikvisualisierung kann man hier schnuppern und mächtige Tools auf einfache Weise selbst ausprobieren. Tools wie „Line Rider“ von Boštjan Čadež (SI), das eigentlich ein Computerspiel ist, das Künstlerinnen und Künstler aber mittlerweile als Programm verwenden, um einfache aber wirkungsvolle dynamische Grafiken für Musikstücke zu gestalten. Oder „Music:Eyes“, ein ausgereiftes System, das Melodien oder ganze Partituren in interaktive Computeranimationen verwandelt.

Photo:
Mirages & miracles / Adrien M & Claire B / Fotocredit: Ars Electronica – Robert Bauernhansl / Printversion / Album

Photo:
AIxMusic / Fotocredit: Ars Electronica – Robert Bauernhansl / Printversion

Photo:
Augmented Reality Sandbox / Fotocredit: Ars Electronica – Robert Bauernhansl / Printversion / Album

https://www.flickr.com/photos/arselectronica/collections/72157708781776178/