Who Owns the Truth?

Who Owns the Truth?
Wem gehört die Wahrheit?
Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft
6. bis 10. September
Linz, Österreich

(Linz, 17.4.2023) Von 6. bis 10. September 2023 lädt Ars Electronica Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Entwickler*innen, Designer*innen, Unternehmer*innen und Aktivist*innen aus aller Welt wieder nach Linz, Österreich. Die Frage, die Europas größtes Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft dabei in den Fokus nimmt, lautet: Who Owns the Truth? – Wem gehört die Wahrheit?. Zentraler Schauplatz wird – noch einmal – die legendäre POSTCITY, in der das Festival schon von 2015 bis 2019 gastieren durfte.

Wieder in der POSTCITY

Sag niemals nie. Nachdem man sich 2019 „endgültig“ von ihr verabschiedet hatte, wird die legendäre POSTCITY 2023 doch noch einmal zur Bühne für Europas größtes Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft. „Die Post AG ist seit vielen Jahren ein Partner der Ars Electronica“, sagt Christl Baur, Head of Ars Electronica Festival. „Als wir unsere diesjährigen Kooperationsgespräche aufnahmen, stand plötzlich die Möglichkeit einer nochmaligen Bespielung der POSTCITY im Raum – ein Angebot, das wir nicht ablehnen konnten!“

Warum, ist leicht erklärt: Die POSTCITY ist groß, sie ist spektakulär und sie liegt mitten in der Stadt. Mit 80.000 Quadratmetern Nutzfläche auf mehreren Ebenen, einer 4.000 Meter langen Paketverteilanlage, dem Speicher für 10.000 Pakete, einer ganzen Batterie von 12 Meter hohen Wendelrutschen und einer rund 240 Meter lange Gleishalle für ein- und ausfahrende Eisenbahnen bietet das 2014 aufgelassene Postverteilerzentrum schier unbegrenzte Möglichkeiten für künstlerische Inszenierungen Marke Ars Electronica.

„Nirgends sonst konnte sich das Festival so entfalten und weiterentwickeln wie in der POSTCITY“, sagt Martin Honzik, Chefkurator des Ars Electronica Ausstellungs- und Festivalteams. „Die riesigen Hallen und weitläufigen Katakomben fordern Kuratorinnen und Künstlerinnen geradezu heraus, sich besondere Dinge einfallen zu lassen. Es gilt, einen stillgelegten, unproduktiven und kalten Industriebau in ein lebendiges und inspirierendes Labor der Zukunft zu verwandeln, in dem sich ein breites Publikum und Expert*innen aus allen möglichen Disziplinen, Branchen, Kulturen und Ländern treffen und ins Gespräch kommen können.“

Festivalmeile in der Linzer Innenstadt

Die POSTCITY wird die zentrale und zugleich südlichste Location einer Festivalmeile bilden, die entlang der Landstraße quer durch die Linzer Innenstadt führen wird. Bespielt werden der Mariendom im Domviertel, die Tabakfabrik, die Kunstuniversität am Hauptplatz, das LENTOS Kunstmuseum an der Donaulände, das Atelierhaus Salzamt, die Anton Bruckner Privatuniversität am Fuß des Pöstlingbergs sowie die Stadtwerkstatt und das Ars Electronica Center am nördlichen Ufer der Donau.

Festival-Partner*innen aus aller Welt

An all diesen Locations werden Ausstellungen, Konzerte, Performances, Screenings, Vorträge und Konferenzen zu erleben sein, die wiederum von Künstlerinnen und Institutionen aus aller Welt gestaltet und nach Linz gebracht werden. „Die Liste der mitwirkenden Partnerinnen ist lang – und sie wird jeden Tag länger“, freut sich Christl Baur.
Unter den diesjährigen Kooperationspartner*innen aus Kunst und Kultur finden sich klingende Namen wie das Museo Nacional del Prado und das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, beide in Madrid, das Grand Palais Immersif in Paris, die Salzburger Festspiele oder die Biennale Musica 2023 Venezia. Weiters werden das MEET Digital Culture Center aus Mailand, die WRO Media Art Biennale aus Breslau, Leonardo – The International Society of Arts, Sciences, and Technology, die Arizona State University. Ebenso sind die beiden Europäischen Kulturhauptstädte Bad Ischl 2024 als auch Oulu (Finnland) 2026 im Herbst mit dabei.

„Im Rahmen kommissionierter Projekte arbeiten wir mittlerweile auch ganzjährig für und mit Kunst- und Kulturinstitutionen in aller Welt zusammen“, sagt Christl Baur. 2023 sind das etwa die Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO) in Miami, der Arts Council Korea (ARKO) in Seoul, der Swiss Arts Council Pro Helvetia in Zürich, das Institut Ramon Llull aus Barcelona oder das Ministerio de las Culturas, las Artes y el Patrimonio sowie das Ministerio de Relaciones Exteriores de Chile in Santiago de Chile. Ein weiteres internationales Netzwerkprojekt ist „State of the (ART)ist“, das in Kooperation mit dem Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten durchgeführt wird.

Die zwischen 2020 und 2022 vertiefte Zusammenarbeit mit der Johannes Kepler Universität Linz wird weitergeführt und auch in diesem Jahr Teil des Festivalprogramms sein. Freuen können sich die Besucher*innen des Festivals auch auf eine weitere große Konzertnacht in den Hallen der POSTCITY, die in Zusammenarbeit mit dem Brucknerorchester Linz zur Aufführung gebracht wird.

„Eine wichtige Kooperationsplattform hat sich rund um den renommierten Prix Ars Electronica gebildet, der auch dieses Jahr die tragende Säule des Festivals ist. Zum S+T+ARTS Prize, dem großen Preis der Europäischen Kommission für Innovation an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Wissenschaft, den Ars Electronica seit 2016 ausrichtet, sind weitere attraktive Awards und Wettbewerbe dazugekommen“, freut sich Veronika Liebl, die für den großen Erfolg der Europa-Kooperationen von Ars Electronica verantwortlich ist.

Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei der hochdotierte „European Union Prize for Citizen Science“ ebenso wie „Klasse! Lernen. Wir sind digital.“ und der „Digital Humanity Prize“ ein.

Das internationale Kooperationsnetzwerk, das rund um den Prix Ars Electronica aufgespannt wird, umfasst BOZAR, WAAG, La French Tech Grande Provence, INOVA+, die Frankfurter Buchmesse, das King’s College London, die European Science Engagement Association (EUSEA), NESTA, Science for Change (SfC), T6 Ecosystems srl und ZABALA INNOVATION CONSULTING, S.A., das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) und das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten.

Immer weiter und dichter verzweigt präsentiert sich auch das europäische Netzwerk von Ars Electronica. Allein das vom European Institute of Innovation and Technology (EIT) initiierte Konsortium for Culture & Creativity bündelt 60 Institutionen aus 15 europäischen Ländern. Erste Zwischenergebnisse der dabei angestrebten „Next Renaissance“ werden im September in Linz präsentiert.

Ebenfalls vorgestellt werden dann künstlerische Projekte, die im Rahmen der European Media Art Platform entstanden sind und durch Partner*innen wie IMPAKT in Utrecht, Onassis Stegi in Athen, Werkleitz in Halle, LABoral Centro de Arte y Creación Industrial in Gijón oder dem WRO Art Center in Breslau möglich gemacht wurden. Gemeinsam mit Waag in Amsterdam und der europäischen Initiative More-than-Planet wird eine Ausstellung zum Festival nach Linz gebracht. Last but not least wird hier auch der Kick-off zum neuen „European Digital Deal Netzwerk“ erfolgen, das Ars Electronica mit 12 europäischen Partnerorganisationen wie Kersnikova in Ljubljana, der Zaragoza City of Knowledge Foundation, Culture Yard in Helsingör oder dem Center for the Promotion of Science in Belgrad initiiert hat.

Der 2002 mit der Linzer Kunstuniversität initiierte Ars Electronica Campus wiederum zieht Universitäten aus aller Welt an. Im Mittelpunkt steht diesmal die Taipei National University of the Arts, darüber hinaus haben die University of Auckland, die University of Applied Sciences Berlin, das Art & Technology Studies Department of the School of the Art Institute of Chicago, die Korea National University of Arts | K-ARTS, die Hong Kong University of Science and Technology, die Universidad Austral de Chile, die Vilnius Academy of Arts, das ECAL École cantonale d’art de Lausanne und Hexagram aus Montreal ihre Teilnahme bereits zugesagt.

Große internationale Anziehungskraft übt das Linzer Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft auch auf Innovatorinnen aus Wirtschaft und Industrie aus. Zu den diesjährigen Partnerinnen zählen abermals die große japanische Medienagentur HAKUHODO Inc. Tokyo, die Art Collection der Deutschen Telekom oder die Hyundai Motor Group aus Korea sowie das „Accelerator Program“ der CultTech Association.

Das Ars Electronica Festival 2023 wird gefördert von der Stadt Linz, dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport sowie dem Land Oberösterreich und zahlreichen Sponsoren und Partnerinstitutionen.

Gerfried Stocker
Artistic Director Ars Electronica
Who Owns the Truth?
Wem gehört die Wahrheit?

Das Thema der Ars Electronica 2023, dieses Jahr als Frage formuliert, zielt ohne Umschweife auf zentrale Brennpunkte unserer Zeit: Wahrheit und Eigentum, Deutungshoheit und Souveränität. Kann man Wahrheit besitzen? Gibt es ein Recht auf Wahrheit und wenn sie jemand gehört, welche Verfügungsgewalt und welche Verantwortung wären damit verbunden?

Wie stellen wir uns diesen Fragen im Zeitalter der globalen Vernetzung und der sich atemberaubend entwickelnden Leistungsfähigkeit der sogenannten Künstlichen Intelligenz? In einer Zeit aber auch, in der sich einige wenige in neo-feudalistischer Weise die Bewirtschaftung des kollektiven Wissens unter den Nagel gerissen haben und wir auch gute Gründe haben, die Vision von Technologie als Lösung unserer Probleme in Frage zu stellen.

Dahinter steht die zentrale Frage, wie wir die großartigen Errungenschaften von Wissenschaft und Technologie für ALLE Menschen zugänglich und auch nutzbar machen können. Es reicht nicht aus, nur darüber nachzudenken, wie wir verhindern können, dass KI-Systeme jemandem schaden (auch wenn das von zentraler Wichtigkeit ist). Ein Werkzeug, das so sehr auf dem global-kollektiven „Rohstoff“ von Wissen, Kreativität etc. basiert, muss auch allen einen Nutzen bringen.

In den letzten Jahren haben wir viel über „Digitalen Humanismus“ nachgedacht, es ist an der Zeit, über einen „Digitalen Sozialismus“ nachzudenken, also über ein „Gemeinwesen“ und einen „Gesellschaftsvertrag“, mit dem wir die tief- und weitgreifenden Veränderungen des digitalen Zeitalters und vielmehr noch die global-kollektiven Konsequenzen des Klimawandels bewältigen können.

Zugegeben, eine schier unbewältigbare Herausforderung, aber gerade dafür soll und kann ein Festival wie die Ars Electronica stehen. Ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Festival, bei dem seit mehr als vier Jahrzehnten unter der Formel „Kunst, Technologie und Gesellschaft“, nicht nur reflektiert wird, wie Technologie unsere Gesellschaft verändert, sondern immer auch aufgezeigt wird, wie Kunst und Gesellschaft die Technologie gestalten können.

Ars Electronica 2023 – worum gehts?

Es geht um Wahrheit als Manifest von Deutungshoheit und Souveränität, um den Umgang mit dem Verlust des Anspruchs auf „die“ Wahrheit und damit, dass wir uns daran gewöhnen müssen, Wahrheit als Plural zu denken.
Es geht um Wahrhaftigkeit als Grundlage unserer Wertvorstellung von „echt“ und „original“ und wie sich diese Begriffe im Digitalen bereits transformiert haben.

Es geht um die kollektive Synchronisation von Wahrnehmung als Strategie für Fake und Verschwörung in den Social Media und um die Machenschaften der Lobbies und Großindustrie, von der Beeinflussung der wissenschaftlichen Grundlagen des menschengemachten Klimawandels bis zu den Betrügereien des Dieselskandals.

Es geht um Rede- und Meinungsfreiheit, darum, wie wir mit offensichtlichen Lügnerinnen bis hinauf in die höchsten politischen Ämter umgehen und wie wir mit Menschen, die unangenehme Wahrheiten veröffentlichen umgehen, wie z.B. Edward Snowden und Julian Assange. Es geht darum, ob die Wahrheit den Menschen zumutbar ist und um die Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnis und Evidenz. Es geht um den Eigentumsbegriff und das Recht auf die Profite von geistiger Arbeit und intellektueller Leistung im Übergang von der Automatisation der Maschinen zur Autonomisation der Wissens- und Inhaltsgenerierung – vom digitalen Copy & Paste bis zu Cultural Appropriation in einer global vernetzten Welt.

Intellectual Property und Copyright, als bislang zentrale Säulen der Content- und Kreativwirtschaft, können schon die Veränderungen der digitalen Vernetzung nicht mehr gerecht abbilden, geschweige denn all das, was jetzt mit den Systemen von OpenAI und Co auf uns zukommt. Es geht aber auch um den Eigentumsbegriff der Natur, über die jahrhundertealte philosophische und rechtswissenschaftliche Debatte hinaus, um die faktische Realität der Ausbeutung und Zerstörung der Natur als gnadenlose Hypothek an die nächsten Generationen. Und es geht natürlich um all das, wovon wir glauben, fürchten oder hoffen, das sich durch die sogenannte Künstliche Intelligenz ändern wird.

Im Kern aber geht es darum zu zeigen, wie Künstlerinnen aus der ganzen Welt, in Zusammenarbeit wie auch Konfrontation mit Technologie und Gesellschaft dieses Thema bearbeiten. Mit den Preisträger*innen des Prix Ars Electronica, den Projekten, aus den vielen lokalen, europäischen und internationalen Kooperation und Netzwerken, der kuratierten Themenausstellung und neuen Auftragsarbeiten, Konzerten und Performances, Symposien und Workshops.

Das Ars Electronica Festival

Seit 1979 begleitet Ars Electronica die fortschreitende Digitalisierung unserer Lebenswelt. Sie fragt nach den politischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen und spekuliert über die zukünftigen Ausprägungen des technologischen Fortschritts. Eingebettet in ein weltweites Netzwerk von Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Entwicklerinnen, Designerinnen, Unternehmerinnen und Aktivistinnen treibt Ars Electronica diese Recherche stets in und mit einer möglichst breiten Öffentlichkeit voran. Ob mit Ausstellungen, Konferenzen, Konzerten, Performances oder Interventionen – Ziel ist es immer, einen Diskurs anzustoßen und inklusive und nachhaltige Zukunftsvisionen zu befördern.

Festival-Website: https://ars.electronica.art/who-owns-the-truth/de/

Sujet Ars Electronica Festival 2023 / Foto: Created with the AI-System DALL·E2

Die POSTCITY / Foto: Ars Electronica / Martin Hieslmair

In der POSTCITY / Foto: Florian Voggeneder

In der POSTCITY / Foto: Florian Voggeneder