State of the ART(ist) 2024 – Kunstschaffende prämiert  

(Linz/Wien, 22.7.2024) In einer Welt voller Konflikte und Krisen, in der klimatische Veränderungen Gesellschaften weltweit herausfordern, ist Humanität wichtiger denn je. Je mehr sie durch autoritäre Regime, die Menschenrechte missachten, oder durch Regierungen und Unternehmen, die die Natur rücksichtslos ausbeuten, unter Druck gerät, desto mehr Menschen leiden und verlieren ihre Existenzgrundlage, Gesundheit oder sogar ihr Leben.

„Kunst- und Meinungsfreiheit sind fundamentale Bestandteile jeder freien und pluralistischen Gesellschaft. Deren Entfaltung ist jedoch nicht überall auf der Welt selbstverständlich. Mit dem gemeinsamen Projekt ‚State of the ART(ist)‘ bieten wir Künstlerinnen und Künstlern eine Bühne, die unter oft schwierigen Bedingungen arbeiten. Wir haben es uns zum Ziel gemacht, Meinungsfreiheit zu stärken, diesen kreativen Stimmen Gehör zu verschaffen und ihre Botschaften von Linz aus in die Welt zu tragen.“

Alexander Schallenberg, Außenminister der Republik Österreich

„Besonders im globalen Superwahljahr 2024 setzen Kunstschaffende ein Zeichen für mehr Menschlichkeit, Demokratie, Frieden und Umweltschutz. Die Initiative State of the ART(ist) möchte hierzu einen Beitrag leisten, indem sie Kunstschaffende unterstützt, die sich politischen, sozialen oder ökologischen Bedrohungen ausgesetzt sehen und sich dagegen einsetzen.“

Gerfried Stocker, Künstlerischer Leiter von Ars Electronica

State of the ART(ist) wurde 2022 vom österreichischen Außenministerium und Ars Electronica als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Leben gerufen.

311 Einreichungen aus 46 Ländern

Zwischen dem 15. April und dem 20. Mai 2024 hatten Kunstschaffende die Möglichkeit, ihre Werke einzureichen. Insgesamt gingen 311 Einreichungen aus 46 Ländern ein. Eine international besetzte Fachjury sichtete alle Projekte und vergab zwei Hauptpreise, jeweils dotiert mit 3.000 Euro, sowie acht Anerkennungspreise, jeweils dotiert mit 750 Euro.

Die Jury setzte sich 2024 aus Kamya Ramachandran (IN), Oyindamola (Fakeye) Faithful (UK), Marita Muukkonen (FI) und Ivor Stodolsky (DE/FI), Simon Mraz (AT) und Christl Baur (DE) zusammen. Die Austragung des Open Calls wurde unterstützt von einem Netzwerk an Advisors, bestehend aus internationalen Kunstschaffenden, Kuratorinnen und Kuratoren.

Erstmals hatten Einreichende neben dem vom österreichischen Außenministerium unterstützten State of the ART(ist) Award die Chance auf eine zusätzliche Auszeichnung: Die europaweite und EU-kofinanzierte Initiative Digital Deal vergab den Digital Deal Award, der mit 2.000 Euro dotiert ist und die künstlerische Auseinandersetzung mit neuen Technologien und deren Auswirkungen auf Demokratie und Meinungsfreiheit prämiert.

Preise für Kunstschaffende aus der Ukraine, dem Sudan und Indien

Nina Bulgakova (UA), Anastasiia Mostova (UA) und Kateryna Zhuravlova (UA) wird der „State of the ART(ist) – Main Prize“ für Fertility Performance zugesprochen. Die Tanzperformance ergründet die rituellen Zusammenhänge von Weiblichkeit, ewiger Erde und Fruchtbarkeit; und fokussiert dabei auf individuelle Lebensgeschichten.

Said Ahmed Mohamed Alhassan (SD) erhält den „State of the ART(ist) – Main Prize“ für seine Installation Haawriya, die mit visuellen und auditiven Elementen dem zivilen Protest für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit während der sudanesischen Revolution (2019) nachspürt.

Der Digital Deal Award 2024 wird an Rafiul Alom Rahman (IN), Rachita Sai Barak (IN) und Maniza Khalid (IN) für The Queer Muslim Project verliehen. Die Plattform vereint eine Community von mehr als 70.000 Menschen und verschafft den unterrepräsentierten Stimmen der muslimischen LGBTQIA+ Community Gehör.

Virtuelle Kunsthalle und Ars Electronica Festival

Alle prämierten Werke sind ab sofort in einer virtuellen Kunsthalle zu erleben.

Eine Auswahl der Projekte wird im Rahmen des Ars Electronica Festival 2024 vor Ort in Linz präsentiert. Zusätzlich kommen eingeladene Kunstschaffende und Jury-Mitglieder in einem Panel zusammen, um sich vor Publikum über ihre Positionen und Perspektiven auszutauschen.

State of the ART(ist) 2024 – 2 Main Prizes

Fertility Performance / Nina Bulgakova (UA), Anastasiia Mostova (UA), Kateryna Zhuravlova (UA)

“[…] The Fertility Performance was created just two months before the Full-scale Invasion of Russia into the artists country began. Today the female members of the dance company live in Finland, while their founder remained in Ukraine. By awarding this project with the Main prize the jury manifests an unbroken solidarity towards Ukrainian artists suffering from the brutal war going on in their home country and being split apart as an artist collective”

Jury-Statement

Drei Frauen, drei große Steine, die an Seilen hängen, und eine Bühne: Fertility Performance stellt zuallererst Fragen: Wer sind die Frauen? Wohin und warum schleppen sie ihre Steine? Und weiter: Was muss eine Frau durchmachen, um zu gebären? Welche Prüfungen muss die Göttin auf dem Weg zur Schöpfung bestehen? Inszeniert werden Leidenschaft und Obsession, Schwesternschaft, innere Kämpfe, Demut und Ungehorsam – all das ohne pompöses Bühnenbild, sondern mit Tanz und wenigen Requisiten. Ausgangspunkt ist der Kreislauf des Lebens: „The old must die, because only death can give birth to life. A stalk of wheat dries under the scorching rays of the July sun, its grain sprouts through the warm, soft earth … and the dance begins.” (Auszug aus dem Statement der Dance Company)

Fertility Performance beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Weiblichkeit und der ewigen Erde, indem sie das Konzept der Fruchtbarkeit erforscht und die rituelle Natur erkennt, die in diesen Zusammenhängen steckt. Jede Tänzerin trägt ihren eigenen Stein mit sich, der von der individuellen Lebensgeschichte geprägt ist und für einzigartige und dynamisch entstehende Beziehungen steht. Das lange Seil, an dem die schwere Last hängt, symbolisiert ihre Vergangenheit, gesammelte Erfahrungen und Wissen. Der Stein soll außerdem die komplexe Dynamik mit Männern sowie die weibliche Rolle im „heiligen Prozess der Schöpfung neuen Lebens“ und in der Pflege fruchtbaren Bodens ausdrücken.

Die Inszenierung mit allen symbolischen Details wurde von Ukrainerinnen und Ukrainern geschaffen, deren Geschichte in der Kultivierung des Bodens verwurzelt ist, und spiegelt tiefe Ehrfurcht vor der Fruchtbarkeit wider – insbesondere in Zeiten der Knappheit.

Für Fertility Performance werden Nina Bulgakova (UA), Anastasiia Mostova (UA) und Kateryna Zhuravlova (UA) mit dem „State of the ART(ist) – Main Prize“ ausgezeichnet.

Credits
Fertility Performance was staged by choreographers Nina Bulgakova and Vadym Yesaulenko (Ethno Contemporary Ballet) in Kharkiv (UA) in 2022.
Duration: 65 min, without intermission / Stage Directors and Choreographers: Vadim Yesaulenko and Nina Bulgakova / Artists: Anastasiia Mostova, Nina Bulgakova, Kateryna Zhuravlova / Musical Accompaniment: Dakha Brakha (UA), Laboratorium Pieśni (PL)

Haawriya / حاورية) حاوية+ حرية) / Said Ahmed Mohamed Alhassan (SD)

The word “haawriya” in Arabic means both “freedom” and “container”. Standing for freedom, the nonviolent protesters of the Sudanese Revolution overthrew Omar al-Bashir in 2019, and then faced the repressive military. Likewise carved into memory is the image of the shipping container, with hundreds of dead inside, believed to be victims of the brutal ‚Sit-in Massacre‘. Ali’s art is a form of resistance, ranging from participatory works such as this, to powerful murals and mosaics.”

Jury-Statement

Haawriya ist eine Installation, die sich mit kulturellem Widerstand im Sudan beschäftigt, wo 2019 gewaltlose Proteste zunächst zum Sturz des Präsidenten Omar al-Bashir und anschließend zu einer militärischen Offensive mit einer Unzahl an Toten in der Zivilbevölkerung führten.

Im Mittelpunkt des Werkes von Said Ahmed Mohamed Alhassan steht ein mit Farben und Symbolen bemalter Frachtcontainer, der ringsum mit versteckten Lautsprechern ausgestattet ist, aus denen die Klänge des zivilen Protests ertönen. Im Sudan sind Container wie dieser historisch aufgeladen: Er wurde während der Ausschreitungen als Leichenhalle genutzt, um Hunderte nicht identifizierte Leichen zu lagern, und diente dazu, Brücken zu blockieren und Demonstrierende daran zu hindern, sich zu versammeln. Die Bewegungs- und damit die Meinungsfreiheit der prodemokratischen Protestbewegung wurde eingeschränkt.

Said Ahmed Mohamed Alhassan inszeniert den Container als ein Symbol, das nicht länger für die Lagerung und den Transport von Waren steht, sondern für die Blockade der zivilen Protestbewegung und Zerstörung des Traums von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit.

Für Haawriya wird Said Ahmed Mohamed Alhassan mit dem „State of the ART(ist) – Main Prize” ausgezeichnet.

Credits
Project supported by Goethe-Institut, Khartoum and funded by the German Federal Foreign Office. Installed and displayed at Al Malaz Exhibition NEXT LEVEL within the ART MEETS CULTURAL POLICIES project at Omdurman Cultural Center 2022.

Digital Deal Award 2024

The Queer Muslim Project / Rafiul Alom Rahman (IN), Rachita Sai Barak (IN), Maniza Khalid (IN)

The Queer Muslim Project (TQMP) serves as a leading force in Asia’s LGBTQIA+ community, connecting over 70,000 individuals globally via digital and cultural platforms. It empowers underrepresented voices by challenging harmful stereotypes and increasing visibility for queer and diverse identities. TQMP not only confronts but also subverts oppressive usage of technology to safeguard freedom of expression. The Digital Deal Award recognizes TQMP’s pioneering use of digital storytelling to drive social change, bolster civil society resilience, and shift perceptions of marginalized communities. The jury acknowledges TQMP’s role in reshaping the digital landscape, advocating for human rights, and advancing cultural diplomacy through innovative digital media practices.” 

Jury-Statement

The Queer Muslim Project fördert die Repräsentation von Storytellern aus der LGBTQIA+ Gemeinschaft. Die Plattform bietet Werkzeuge, Ressourcen und Netzwerke, um queere muslimische Stimmen durch Kunst, Kultur und digitale Medien hörbar zu machen. Ihre Standpunkte und Perspektiven sollen dazu beitragen, gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen sowie negative Stereotypen und Normen zu hinterfragen. Zu den Programmen des Projekts gehört „Language is a Queer Thing“, ein internationales Poesieforum, das vom British Council unterstützt, sowie das „QueerFrames Screenwriting Lab“, das von Netflix gefördert wird.

Für den inklusiven Ansatz und kontinuierlichen Einsatz für Menschenrechte wird The Queer Muslim Project von Rafiul Alom Rahman, Rachita Sai Barak und Maniza Khalid mit dem Digital Deal Award 2024 ausgezeichnet.

Credits
Founder and Director: Rafiul Alom Rahman / Communications Lead: Rachita Sai Barak / Program Lead: Maniza Khalid. This project is presented in the context of the European Digital Deal project co-funded by the European Union’s Creative Europe programme under grant agreement No. 101100036.

State of the ART(ist) 2024 – Honorary Mentions

A Woman’s Odyssey / Leila Samari (IR), Maryam Sehhat (IR)

A Woman’s Odyssey portrays the journey of a woman facing the harshest conditions, transforming herself to survive and nurture life. The jury was profoundly moved by the symbolic narrative and the powerful imagery of this handmade analogue animation. The goldfish, a symbol of life, embodies resilience as it carries a human embryo, embraced by the woman. This journey of struggle and rebirth resonates with the artists‘ own experiences of being forced to leave Iran and their ongoing fight for freedom and expression in exile.”

Jury-Statement

A Woman’s Odyssey zeigt eine innere Reise; eine persönliche Geschichte und Auseinandersetzung mit der Außenwelt, die einen Ausweg aus dem Leid findet. Das Leiden und Paradoxien wie Tod und Leben, Dunkelheit und Licht, schlechte und gute Dinge sowie der Prozess, der einen zu dem macht, was man ist, stehen im Fokus.

Leila Samari und Maryam Sehhat schufen eine symbolische Erzählung über die Kämpfe einer Frau und ihren Weg in die Freiheit; sie stirbt viele Male und wird in einer neuen Gestalt wiedergeboren. Das Videoprojekt ist eine Kombination aus Poesie, visuellen und symbolischen Elementen, die zeigt, dass wir uns mit der Natur vereinen und sie respektieren sollten.

A Woman’s Odyssey beinhaltetEinflüsse der alten iranischen Kultur: Das zeigt sich zum Beispiel an der Verbindung von Mensch und Tier bei der Erschaffung der Hauptfigur. Die ursprüngliche Fassung von A Woman’s Odyssey wurde vor Jahren als Gedicht geschrieben. Die persönliche Migrationserfahrung und die „Women, Life, Freedom“-Bewegung im Iran hatten jedoch später maßgeblichen Einfluss auf die Arbeit in ihrer jetzigen Form.

Die Erzählung zeigt auf, wie Krieg, Diskriminierung und Unterdrückung in einem diktatorischen Regime einen Menschen zermürbt und zur Veränderung zwingt, um zu überleben.

Credits
Leila Samari: Story, Storyboard, Characters, Backgrounds
Maryam Sehhat: Animation, Sound, Edit

Heating Season / Vasya Dmytryk (UA)

“Inspired by a creative community at an Odesa shipyard, Heating Season explores the intersection of organic and mechanical solidarities, and semantic connections between industrial systems and the natural environment. The repetitive ‘tracing’ of rusted nails, recovered from the artist’s studio as “traceogram,” demonstrates the gradient of the gestures of the found objects‘ movement. As the nails make their way across the paper, programmed social behaviors start to appear, referencing Madeleine Akrish’s ideal laboratory observation, which describes “sociality” in terms of “scripts or situations” for creating connections between human or non-human actors.” 

Jury-Statement

Der ukrainische Künstler Vasya Dmytryk nutzt Nägel aus der Asche seines Ofens als materielles Zeugnis des Winters 2022-2023, um nach Bedeutungsbeziehungen zwischen industriellen Systemen (wie Mechanik und Technik) und der natürlichen Umwelt zu suchen.

Mit einem von ihm entwickelten „Tracegraph“, einem System aus beweglichen Magneten, setzt er die Nägel in Bewegung und zieht sie über austauschbare Papierbögen. Zurück bleiben nicht nur sichtbare mechanische Spuren von Reibung und unvollständig verbrannter Materie, sondern zugleich auch Spuren menschlicher Handlungen und sozialer Verhaltensweisen.

Die kinetische Installation rekonstruiert Madeleine Akrichs Konzept der idealen Laborbeobachtung, das vorschlägt, Sozialität in Form von Skripten oder Situationen zu beschreiben, die Verbindungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteurinnen und Akteuren darstellen. Das Konzept eines solchen Skripts ist vergleichbar mit Programmiersprachen, in denen Wörter und Codes Aktionen repräsentieren.

Inspiriert von soziologischen und anthropologischen Methoden zeigt die Installation nur die Veränderungsfaktoren und deren Zwischenresultate. Wie Bruno Latour fragte: Handeln Dinge auf der gleichen Ebene wie Menschen?

Credits
Project Curator: Cyrill Lipatov / Technical Curator: Roman Klymenko, Coszhey Lab. The project was created under the program of the European Union EU4Culture and Goethe-Institut Ukraine. Program’s applicators: NGO Museum For Change, Odesa; NGO Asortymentna Kimnata; Ivano-Frankivsk.

Immersive Sky Experience / Paribartana Mohanty (IN)

Bringing into conversation the visual poetics of the sky, machine learning technology and community agency amidst the increasingly precarious lives of coastal inhabitants, Mohanty shifts away from the singular envelope narrative of the sky. His commendable attempt to elaborate the subjectivity and wisdom of the ever-changing skies using collective community efforts in algorithmic archiving and the local language of Odia, reignites trust in its ability to foretell addressing climate disasters.” 

Jury-Statement

Immersive Sky Experience ist eine öffentliche und interaktive Plattform, die mittels KI bzw. maschinellem Lernen Klimaveränderungen in mikrogeografischen Gebieten im Küstenstaat Odisha künstlerisch aufbereitet. Wer die Webanwendung aufruft, greift auf eine digitale Ansicht des Himmels zu, die eine Vielzahl an Stimmen und Erfahrungen einschließt.

Die Oberfläche speist sich aus Fotos, Videos, Aufnahmen und Berichten von Freiwilligen, die eine einmalige Perspektive auf Sprache und Kultur der Menschen in Odisha eröffnen. Hinzu kommen Bodenmessungsdaten. Ein spezieller Algorithmus analysiert die Bilder, erkennt Muster, extrahiert Daten und fügt die Elemente zu einem einzigartigen Mosaik zusammen.

Paribartana Mohanty, selbst aus dem Bezirk Puri, rief die Immersive Sky Experience ins Leben, um den vom Klimawandel bedrohten Gemeinden in Odisha die Möglichkeit zu geben, ihre Umweltgeschichten und -erfahrungen zu kommunizieren. Tropische Wirbelstürme, Tsunamis und Landerosion setzen den Gemeinschaften nämlich immer mehr zu. Immersive Sky Experience ist die künstlerische Antwort auf diese Ungewissheiten und Risiken.

Das Projekt sammelt, archiviert und untersucht Daten – insbesondere Fotos von Umweltkatastrophen –, um Klimaentwicklungen zu dokumentieren und anhand künstlerischer Mittel persönlich erfahrbar zu machen. Momentan ist die Seite im Aufbau und wird ständig erweitert.

Credits
Conception and Creation: Paribartana Mohanty / Text and Translation: Paribartana Mohanty and Gita Nandan Ballabha Das / Research Assistance: Jyoti Ranjan Sahoo, Gita Nandan Ballabha Das, Satyabadi Biswal / Technical Assistance: Jyoti Ranjan Nayak (Sigma Analytics and Computing Pvt Ltd, Odisha) / Finance and mentorship supported by Sharjah Art Foundation Production Program 2023 and Prince Claus Mentorship Award for Cultural & Artistic Responses to Environmental Change 2022-23.

Nanna Langa / Indu Antony (IN)

“Sharing their deepest stories of violence, oftentimes domestic, the act of collective sewing of multiple narratives creates a larger-than-life skirt, Nanna Langa. Capturing the poignancy of the lives of structurally marginalized women who gather at Namma Katte, a safe space that allows for a resting female body in India’s hostile public spaces, this provocative work invites you within its space, to encounter the sheer resilience of women, and the transformative potential of shared experiences.” 

Jury-Statement

Nanna Langa („mein Rock“ auf Kannada; gesprochen im Süden Indiens) ist eine transformative Kunstinstallation, die aus einem etwa sieben Meter langen Rock besteht, der mit den intimen Geschichten von Frauen von Namma Katte, einem Freizeitzentrum in Bengaluru, Indien, „verwoben“ ist. Das Projekt fängt die Essenz von 547 Lebenswegen – oder einzigartigen Reisen – ein, die zusammen ein vielschichtiges Geflecht von Stärke, Verletzlichkeit und kollektiver Ermächtigung ergeben. Jeder Nadelstich des Rocks steht für eine Erzählung, die von den Frauen von Namma Katte beigesteuert wurde, einem inklusiven Raum, der Solidarität fördert, Vielfalt feiert und persönliche Erfahrungen aufgreift.

Nanna Langa gibt den individuellen Geschichten Raum, die nicht oft erzählt werden und wenn, dann ungehört bleiben. Die Kraft des Erzählens wird als möglicher Schlüssel zur zwischenmenschlichen Verbindung und Heilung begriffen: Lässt sich das Publikum auf den Rock, den Stoff, ein, eröffnet sich ein Kaleidoskop an Emotionen und Einblicken. Dieses bringt das reiche Geflecht zum Vorschein, welches Frausein und Gemeinschaft ausmacht.

Credits
Indu Antony in collaboration with the women of Namma Katte. This project is supported by Wellcome Trust, London and Museum of Art and Photography, Bengaluru.

Poisonous Meadow / Saddam Jumaily (IQ)

Jumaily’s powerful and playful exhibition is a critique of fundamentalist religion’s role in distorting societies and destroying lives in the Middle East. “Many do not dare to criticise religious power” he writes, which “in reality is a poisonous meadow.“  Jumaily experienced this poison on his own skin, with murders in his close circle. This work’s “détournement” of a ruinous clergy, which relies on “holy petrol”, violence, and the cruel repression of freedom, has elicited furious threats on Iraqi TV.” 

Jury-Statement

Die Ausstellung Poisonous Meadow zeigt die Folgen extremer Autorität, die von religiösen männlichen Führern ausgeht. Saddam Jumaily verdeutlicht die zunehmende Politisierung und den Missbrauch von Religion in Gesellschaften des Nahen Ostens – im Irak, in Afghanistan und dem Iran. Auf ironische Weise eröffnet die Ausstellung einen Erfahrungsraum, um den moralischen Verfall im Kern des religiösen Denkens spürbar zu machen. Die Gemälde des Künstlers zeigen, wie Religion Leben zerstören und Gesellschaften verzerren kann, indem sie die Freiheit insbesondere von Frauen einschränkt und ihre Menschenrechte missachtet.

Jumaily beobachtet im Nahen Osten eine gesellschaftliche Negativentwicklung – belastet durch politische Religion und gekennzeichnet durch die Unterdrückung der Frauen. Seine Gemälde sind Ausdruck sowohl kritischer Reflexion als auch furchtloser Kühnheit.

Credits
All artworks by Saddam Jumaily / Grant from The Finnish Cultural Foundation, Finland.

Swimming Lesson / Vardit Goldner (IL)

“Vardit Goldner’s Swimming Lesson mockumentary style video, depicts the artist teaching young Bedouin girls to swim in a “waterless pool,” capturing the peculiarities of facilitating where there is little or no access to the resource. Through an element of humour Goldner highlights the severe lack of accessible swimming pools for Bedouins in the Negev region of Israel, insufficient swimming lessons and subsequent high frequence of drownings. Additionally, the piece addresses broader themes of discrimination and foresees a future where global warming and drought may lead to severe water shortages, exacerbating the issue.” 

Jury-Statement

Swimming Lesson ist eine Videoinstallation und Mockumentary-Film zugleich und zeigt, wie Beduinenmädchen in einem leeren „Pool“ schwimmen lernen. Die Erzählung von Vardit Goldner macht darauf aufmerksam, dass den rund 200.000 Beduininnen und Beduinen in der israelischen Negev-Region der Zugang zu Schwimmbädern – und damit zum Schwimmunterricht – verwehrt wird. Erst 2017 wurde in der Beduinenstadt Rahat das erste – und bislang einzige – Schwimmbad eröffnet. Die Videoarbeit thematisiert diese Form der religiösen Diskriminierung und deren weitreichende Folgen – etwa, dass die Gefahr des Ertrinkens im Meer für Beduininnen und Beduinen und ihre Kinder massiv steigt. Gleichzeitig lenkt sie den Blick auf zukünftige Herausforderungen wie Wasserknappheit infolge der globalen Erderwärmung und Dürreperioden.

Credits
Artistic Adviser: Einat Weizman / Scriptwriters: Vardit Goldner, Hadar Aviel / Arabic and Hebrew Subtitles: Fatin Abu Ghosh / English Subtitles: Tal Haran / Filming: Violetta Datskovsky / Filming Assistant: Adi Sav Sound / Recording: Keren Or Menahem / Actresses: Vardit Goldner, Zohar Shitrit, Fatma Abu Madegam, Arakib Abu Madegam, Saeda Abu Madegam, Hadel Abu Madegam, Aseel Abu Madegam, Njood Abu Madegam, Alia Abu Madegam, Hakma Abu Madegam, Marem Abu Madegam, Najwa Abu Madegam, Sabah Abu Madegam, Astabrak Abu Madegam, Sojood Abu Madegam

The Days Before The Silent Spring 寂靜春天來臨前 / Lai Lai Natalie Lo (HK)

“With her multi-channel video installation The Days before Silent Spring artist Lai Lai Natalie Lo allows us to learn about a diverse group of activists and farmers working together under the name “Sangwoodgoon”, practicing farming as a way of artistic expression, and living a deeper sense of personal relationship with the land they are working with. In their work the artists-farmers negotiate a new balance between humans and nature respecting the dignity of both. The work represents an approach relevant not only as a contribution to the topic of this year’s Ars Electronica Festival edition, but also stand in the core of interest of both Ars Electronica and the Austrian Foreign Culture policy.” 

Jury-Statement

The Days Before The Silent Spring ist eine Mehrkanal-Videoinstallation, in der unterschiedliche Perspektiven zu einer Erzählung zusammenfinden. Es ist eine Hommage an die jahrzehntelange Arbeit des Bäuerinnen- und Bauernkollektivs Sangwoodgoon und Reflexion von miteinander verbundenen Welten und neuen Lebensformen, die sich aus der landwirtschaftlichen Praxis ergeben. Die Künstlerin Lai Lai Natalie Lo, selbst Teil von Sangwoodgoon, greift mit ihrer Arbeit außerdem die Kämpfe der Bäuerinnen und Bauern im Hongkong der 2010er und 2020er Jahre auf.

„Der stumme Frühling“ wurde von der US-amerikanischen Meeresbiologin Rachel Carson († 1964) geprägt, die bereits vor über 60 Jahren vor einer Krise der Artenvielfalt warnte. Heute haben wir mit den Folgen jahrzehntelanger Umweltzerstörung zu kämpfen. Doch wenngleich Ackerland vielerorts ausgelaugt und kraftlos erscheint; die Bakterien, Arten und Gemeinschaften, die es beherbergt, trivial wirken, könnte durch ihre Symbiose eine vielversprechende neue Ära eingeläutet werden.

Lai Lai Natalie Lo dokumentiert nicht nur Nutzpflanzen, Flora und Fauna, sondern fokussiert sich vor allem auf Bäuerinnen und Bauern, wie sie selbst eine ist. Ihre so unterschiedlichen Erfahrungen und Probleme, ihre Forderungen und Hoffnungen spiegeln dabei das zähe Wesen zwischenmenschlicher Verhandlungen wider, stärken gleichzeitig aber das Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Project Team
Cinematographer: Lo Lai Lai Natalie, Wong Yik Fung / Editing: Lo Lai Lai Natalie / Calligraphy: Tsang Wai Yee / Music: Wong Hing Yan / Sound Design: Fiona Lee Wing Shan / Subtitles Editor: Nin Chan, Yentl Tong / Subtitles: Rene Ng / Research Assistant: Mark Li Man Chung, Rita Wong Yin Ping, Wong Yik Fung / Writer, Editor: Quchang / Project Manager: Zoie Yung / Lead Technician: Lonely Lau / Sound Technician: Fiona Lee Wing Shan / Designer: Jian Yang / Translation: Alvin Li, Jason Chen
Acknowledgements
WYNG Foundation, Para Site Artspace, A Rapture Workshop, Choi Yuen Village Sangwoodgoon
Funding
WMA Hong Kong, WYNG Foundation Hong Kong

The Red Macadam / li li k.s.a (MM)

The Red Macadam draws attention to the ongoing struggles and the heavy toll exacted on those opposing oppression in the context of Myanmar’s turmoil. The installation’s sensitive use of technology to memorialize fallen protesters creates an emotionally charged sensory experience linking distant events and global awareness. Li Li K.S.A’s journey from Yangon protests to Paris exile, his personal experiences during the military coup and ongoing commitment to supporting fellow persecuted artists by establishing an artist shelter at the China-Myanmar border underscore the critical role of art in cultural diplomacy and the defense of freedom of expression.” 

Statement der Jury

li li k.s.a hat eine Installation entworfen, die dazu auffordert, barfuß über einen Weg aus 3.000 zerbrochenen Steinen zu gehen – sie alle haben unterschiedliche Größen und sind durch die Farbe Rot miteinander verbunden. Jeder Stein symbolisiert einen Menschen, der während der Proteste von 2021 bis 2023 in Myanmar auf tragische Weise ums Leben gekommen ist. Betritt man den Weg, erfasst ein Bewegungssensor die Schritte, ruft eine Datensammlung mit Namen der getöteten Menschen auf und macht sie wahrnehmbar. Manchmal sind die Vibrationen der Geräte spürbar, manchmal werden die Namen geflüstert, manchmal laut vorgelesen. Unterschiedliche Klangfarben intensivieren die emotionale und sinnliche Erfahrung dieser Installation.

Jeder Tag ist eine Wanderung mit einer Last, die mich niederdrückt. Ein Neuanfang in einem fremden Land, in einer Kultur, die mir unbekannt und doch tröstlich erscheint. Trotz der Entfernung halte ich an den Fäden fest, die mich mit meinen Liebsten zu Hause verbinden. Sie sind eine Lebensader, eine ständige Erinnerung an den fortwährenden Kampf, auch aus der Ferne. Dies ist die Geschichte eines Exilanten, eines Künstlers, der für immer an seine Sache gebunden ist. Es ist eine Geschichte der Widerstandskraft, des Tragens der Last der Wahrheit und der Suche nach einem neuen Ort der Zugehörigkeit.“ (li li k.s.a über die persönliche Exil-Erfahrung)

Credits
aa-e (l’atelier des artistes en exil), PAUSE (PROGRAMME D’AIDE À L’ACCUEIL EN URGENCE DES SCIENTIFIQUES EN EXIL), HEAR (Haute école des arts du Rhin Mulhouse — Strasbourg)

Fertility Performance / Nina Bulgakova (UA), Anastasiia Mostova (UA), Kateryna Zhuravlova (UA)

Photo: Leo Ollikainen

Haawriya / حاورية) حاوية+ حرية) / Said Ahmed Mohamed Alhassan (SD)

Credit: Said Ahmed

The Queer Muslim Project / Rafiul Alom Rahman (IN), Rachita Sai Barak (IN), Maniza Khalid (IN)

Photo: The Queer Muslim Project

Nanna Langa / Indu Antony (IN)

Photo: Philippe Kalia