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- Best Of zum Ars Electronica Festival
- HOPE – who will turn the tide
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- Ars Electronica Blog: Interviews, Hintergrundberichte und Reportagen zum Festival
(Linz, 4.9.2024) „HOPE – who will turn the tide“ lautet das Thema der Ars Electronica 2024. Im Mittelpunkt stehen Menschen und Initiativen, die uns trotz aller Krisen Grund zur Hoffnung geben. Nicht, weil sie uns mit einfachen Lösungen oder Durchhalteparolen glauben machen wollen, dass alles schon irgendwie gut wird. Sondern weil sie mit ihrer Kreativität und Kompetenz, ihrem Respekt, Mut und Engagement zeigen, dass wir aktiv Einfluss nehmen können. Weil sie uns bewusst machen, dass es überall auf der Welt hoffnungsvolle Menschen gibt. Und weil sie uns daran erinnern, dass jede/r von uns beitragen und den Unterschied machen kann.
Mehr als 1.200 Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Entwickler*innen, Unternehmer*innen und Aktivist*innen aus 67 Ländern sind im Rahmen des diesjährigen Ars Electronica Festival in Linz zu Gast. Sie stellen Ideen und Visionen vor, präsentieren Prototypen und Initiativen, denen gemein ist, dass sie einen hoffnungsvollen Blick nach vorne richten und die Ungewissheit der Zukunft als das begreifen, was sie ist: die Chance auf einen Kurswechsel, die Möglichkeit zur Veränderung. Allen voran sind es die S+T+ARTS-Ausstellung und die Schau zum Festivalthema, die von diesem Geist erfüllt sind. Beide Ausstellungen sind von 4. bis 8. September im Rahmen des Ars Electronica Festival 2024 in der POSTCITY zu sehen. Der Besuch der S+T+ARTS-Ausstellung ist kostenlos.
Platform Europe
Ars Electronica ist in zahlreiche EU-Projekte eingebunden, die von Konsortien europäischer Institutionen aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft realisiert werden. All diese Initiativen basieren auf respektvoller und konstruktiver Zusammenarbeit über Länder-, Sprach- und Kulturgrenzen hinweg und wollen ein stärker vernetztes und zukunftsfähiges Europa fördern. Mit der neuen „Platform Europe“ bündelt Ars Electronica diese Projekte, die den technologiegetriebenen Wandel durch die Kunst neu denken und ein Zeichen dafür setzen wollen, wie demokratiebildende Zusammenarbeit am Vorbild der EU auch in Kunst, Forschung und Technologie umgesetzt werden kann.
S+T+ARTS Ausstellung
S+T+ARTS ist eine der wichtigsten Initiativen. Der Name steht für „Science, Technology, and Arts“ und repräsentiert ein großangelegtes Projekt der EU-Kommission, die damit sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Innovationen fördern will. Ein zentraler Bestandteil dieser Initiative ist der S+T+ARTS Prize, der herausragende Projekte an der Schnittstelle von Wissenschaft, Technologie und Kunst ins Rampenlicht rückt. Seit 2016 ist Ars Electronica mit der Durchführung dieses Wettbewerbs beauftragt.
Im Jahr 2023 initiierte die EU-Kommission S+T+ARTS4Africa, ein Programm, das darauf abzielt, Innovation in Afrika zu fördern und den Austausch sowie die Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika zu stärken. Auch in dieser Initiative spielt ein Wettbewerb eine zentrale Rolle, dessen Durchführung ebenfalls von Ars Electronica geleitet wird.
Die S+T+ARTS-Ausstellung beleuchtet die Rolle und das Potenzial künstlerischer und kreativer Gemeinschaften für die gesellschaftliche Weiterentwicklung. Präsentiert werden Projekte und Initiativen von Einzelkünstler*innen sowie großen Institutionen, die mit ihren innovativen Ideen und Aktionen aktiv und erfolgreich Veränderungen vorantreiben. Die Ausstellung umfasst Werke der Gewinner*innen des S+T+ARTS Prize und des erstmals verliehenen S+T+ARTS Prize Africa. Zusätzlich werden Projekte vorgestellt, die im Rahmen von S+T+ARTS4Africa, S+T+ARTS in the City und der FUNKEN Academy entstanden sind. Ein Teil der S+T+ARTS-Ausstellung wird von Label4Future kuratiert.
Sechs Projekte im Überblick
Calculating Empires: A Genealogy of Power and Technology, 1500-2025 / Kate Crawford (AU), Vladan Joler (RS)
Calculating Empires ist ein visuelles Manifest von Kate Crawford und Vladan Joler, das sich kritisch mit der Beziehung zwischen Technologie und Macht in den vergangenen fünf Jahrhunderten auseinandersetzt. Es beginnt seine Untersuchung um 1500 – einer Zeit des Umbruchs in der europäischen Geschichte, in der der Buchdruck erfunden wird, wissenschaftliche Instrumente entwickelt werden, neue Handelsrouten entstehen, die skrupellose Aneignung von Grund und Boden sowie die systematische Auslöschung indigener Bevölkerungen ihren Lauf nimmt. Kate Crawford und Vladan Joler sehen in den Technologie- und Militärindustrien des 21. Jahrhunderts eine Widerspiegelung dieser frühen und anhaltenden Formen der Machtausübung und nehmen dies zum Anlass, die Entwicklungen weiter zu verfolgen.
Ergebnis ihrer akribischen Arbeit ist ein 24 x 3 Meter großes, unglaublich vielschichtiges Diagramm, das gesellschaftlichen Machtkonstruktionen im Laufe der Zeit nachspürt. Konzipiert ist es als Diptychon: Die eine Hälfte der visuellen Datenaufbereitung konzentriert sich auf die Entwicklung von Kommunikationsgeräten, Infrastrukturen, rechnerischen Architekturen von Algorithmen und Hardware. Die andere Hälfte beleuchtet die Geschichte von Kontrolle und Klassifizierung in verschiedenen Bereichen: im Bildungswesen, in der Polizeiarbeit, in Gefängnissen, in Militärsystemen, im Umgang mit Körpern und Biometrie, bis hin zur Astrosphäre.
Zusammengeschlossen veranschaulichen beide Karten, wie sich technologische und soziale Strukturen über Jahrhunderte hinweg gemeinsam entwickelt und gegenseitig getragen haben. Die Künstler*innen brechen die traditionelle Darstellung der Technologiegeschichte auf und zeigen, wie man die Gegenwart durch die Linse der Vergangenheit „berechnet“.
Credits
Calculating Empires: A Genealogy of Technology and Power, 1500–2025
Artists: Kate Crawford and Vladan Joler (2023)
Arts at CERN
Arts at CERN ist das Kunstprogramm der europäischen Organisation für Kernforschung in Genf (CERN) in der Schweiz. Dort, wo Physiker*innen und Ingenieur*innen mit komplexen wissenschaftlichen Instrumenten versuchen, das Universum besser verstehen zu lernen, wird seit 2012 ein nachhaltiger Dialog mit Kunstschaffenden gefördert. Das Laborsetting wird dabei zum kollaborativen Feld, auf dem sich theoretische Modelle, mathematische Formeln und künstlerische Zugänge verbinden.
Geleitet von der Vision, dass Wissenschaft ein integraler Bestandteil der zeitgenössischen Kultur ist, pflegt und forciert Arts at CERN die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen und kulturellen Organisationen weltweit. Ziel ist die künstlerische Reflexion des wissenschaftlich-technologischen Fortschritts und seiner Auswirkungen auf unsere Welt und Gesellschaft; sowie der Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft. Darüber hinaus geht es um das Potenzial interdisziplinärer Zusammenarbeit, die Reflexion des sozialen Gefüges des Wissenschaftsbetriebes sowie um historische Narrative und Besonderheiten, die CERN zu einem einzigartigen Ort für künstlerische Forschung machen.
Credits
Arts at CERN is supported by the CERN and Society Foundation.
Balot NFT / Cercle d’Art des Travailleurs de Plantation Congolaise—CATPC
Während Museen im Globalen Norden NFTs dafür nutzen, um die Privatisierung von Kunstobjekten weiter voranzutreiben, setzt die Initiative Cercle d’Art des Travailleurs de Plantation Congolaise–CATPC (Kunstkreis der kongolesischen Plantagenarbeiter*innen) sie zur Re-Kollektivierung geraubter Kunstwerke ein.
Im Zentrum steht dabei die Balot-Skulptur, die 1931 von aufständischen Pende geschnitzt wurde: Nach Jahren der Unterdrückung und Ausbeutung durch belgische Plantagenbesitzer hatte die Vergewaltigung der Ehefrau eines Pende-Häuptlings eine Revolte ausgelöst, in deren Verlauf der Kolonialverwalter Maximilien Balot von der aufgebrachten Menge getötet, enthauptet und zerstückelt wurde. Bevor der mehrere Monate andauernde Aufstand von der belgischen Armee brutal niedergeschlagen wurde, schnitzten die Pende eine rund 60 Zentimeter große hölzerne Figur, die spirituelle Kräfte einschließen und der Gemeinschaft dienen sollte. Nach dem Aufstand verschwand die Statue, tauchte 1972 wieder auf und wurde von Herbert F. Weiss, damals Politikwissenschaftler an der City University of New York und Sammler von Kunstgegenständen, gekauft. 2017 verkaufte Weiss die Statue dem Virginia Museum of Fine Arts (VMFA), in dessen Besitz sie heute ist.
Seit 2020 hat CATPC mehrfach Leihanfragen gestellt, um die Skulptur im White Cube Museum in Lusanga auszustellen. Weil diese Anfragen allesamt zurückgewiesen oder nicht beantwortet wurden, begann CATPC nach alternativen Wegen zu suchen, um die Skulptur und damit ihre Bedeutung für die Nachfahren der Pende zurückzufordern.
Mitglieder von CATPC nutzten Fotos von der Website des VMFA, um eine digitale Balot-Skulptur zu erstellen, die über dem Fragment einer Zeichnung von Ced’art Tamasala schwebt. Die Zeichnung kartiert globale Wertströme von Kapital, Waren und kultureller Ausbeutung. Das digitale Werk wurde in NFTs verwandelt, die man zum Kauf anbietet. Mit den Erlösen dieser NFTs kauft CATPC Pende-Land zurück, das 100 Jahre lang von kolonialen Plantagenbesitzern ausgebeutet wurde. Ziel ist es, den heiligen Wald ihrer Vorfahren wiederherzustellen. Jeder NFT wird deshalb zum Preis von einem Hektar Land verkauft und hilft, den ursprünglichen Zweck der Balot-Skulptur zu verfolgen: die Gemeinschaft und das Land der Pende zu schützen bzw. wiederherzustellen.
2024 erreichte CATPC eine temporäre Leihgabe der Balot-Skulptur, um sie im White Cube auszustellen. Die Skulptur ist vom 20. April bis zum 24. November 2024 im Lusanga zu sehen und gleichzeitig über einen Livestream mit dem Rietveld-Pavillon bei der Biennale di Venezia 2024 verbunden.
Balot NFT ist ein innovatives Modell für kollektives Eigentum – insbesondere jenes von indigenem Wissen und kulturellem Erbe – in der digitalen Welt. Darüber hinaus steht es für eine neue und proaktive Form der Restitution. CATPC plädiert dafür, dass Museen und Kunstinstitutionen weltweit die Versöhnung unterstützen und mit indigenen Gemeinschaften zusammenarbeiten sollen. Mit dem Verkauf der Balot-NFTs und der temporären Rückgabe der Balot-Skulptur fordert die Bewegung von CATPC das zurück, was ihr gehört: nicht nur Kunst, sondern auch Land.
Credits
The Balot NFT is created by CATPC and supported by Human Activities.
Human Activities takes care of the technical, legal, and financial production.
All sale proceeds and resale royalties, minus gas fees, go to CATPC for the acquisition and restoration of land.
Revolution Refridge / Rojava Center for Democratic Technology & Dani Ploeger (AANES/SY/NL)
Das Gerät vereint traditionelle Kühlmethoden mit moderner Solarenergie und kombiniert dabei die Ästhetik von Science-Fiction mit regionaler Folklore.
Im nordsyrischen Rojava ist die Stromversorgung wegen Kriegsschäden, türkischer Bombardements und allgemeiner Brennstoffknappheit stark eingeschränkt. Um Kühlschränke nach europäischem Standard betreiben zu können, sind daher große Solarsysteme notwendig, deren Preis oft den Gegenwert eines Jahreseinkommens übersteigt. Gleichzeitig werden günstige Alternativen, die auf historischen Methoden basieren, abgelehnt und als „primitiv“ angesehen.
Der Revolution Refridge bietet eine Lösung: Er kombiniert die auf Verdampfung basierende Kühlung mit moderner Solartechnologie und repräsentiert durch sein Design eine alternative, regionale Zukunft, die Science-Fiction-Elemente mit Tradition verschmilzt. Die Form des Geräts ist von Weltraumraketen und regionaler Architektur inspiriert, während seine goldene Oberfläche, die mit Fragmenten kurdischer Teppiche verziert ist, sowohl an traditionellen Schmuck als auch an High-Tech-Schaltkreise erinnert.
Credits
Concept, design and proto-type construction: Rojava Center for Democratic Technologies (Basil, Ciwana, Dani, Khalil, Siham, Jihan)
With support from: University of Rojava (Qamishlo, Autonomous Adminstration of North and East Syria), The Royal Central School of Speech and Drama (University of London, UK)
How (not) to get hit by a self-driving car / Tomo Kihara (JP), Daniel Coppen (GB)
How (not) to get hit by a self-driving car ist eine Spielinstallation, die am Beispiel selbstfahrender Autos bewusst machen will, wie Trainingsdaten den Output von KI-Systemen beeinflussen, und dass dies mitunter katastrophale Folgen haben kann. Als Spielfeld nutzen Tomo Kihara und Daniel Coppen ein abgesperrtes Straßenstück oder einen Parkplatz, auf dem Asphalt bringen sie die charakteristischen weißen Streifen eines Schutzweges auf. An einem Ende dieses Schutzwegs starten die Spieler*innen, ihnen gegenüber, auf der anderen Straßenseite, parkt ein LKW mit einem riesigen Screen, der die Perspektive einer KI-gesteuerten Kamera wiedergibt. Sobald die Spieler*innen den Schutzweg betreten, werden sie von der Kamera erfasst und sind auf dem Screen zu sehen. Während die Menschen versuchen, den Schutzweg zu überqueren, berechnet das KI-System mit welcher Wahrscheinlichkeit es sich um eine*n Fußgänger*in handelt. Werden die Spieler*innen erkannt, bevor sie ans andere Ende der Straße gelangen, gewinnt die Maschine, wenn nicht, verliert sie. Ob mit einem Leitkegel auf dem Kopf, versteckt hinter einem Kinderwagen oder am Boden robbend – wollen die Spieler*innen für das KI-System „unsichtbar“ bleiben, dürfen sie nicht mit den Mustern seiner Trainingsdaten übereinstimmen.
Credits
Music: Plot Generica
Support: Saki Maruyama (Playfool)
Photography: Luke O’Donovan, Playable City Bristol July 2023; Daniel Coppen
Videography:
Jon Aitken, Playable City Bristol July 2023
Jack Offord, Playable City Bristol July 2023
Jacob Gibbins, Playable City Bristol July 2023
Daniel Coppen, Playfool
Commissioned by: Playable City Sandbox 2023 supported by MyWorld
Soft Collision / Anna Schaeffner (FR)
Soft Collision (2024) beschäftigt sich mit der sicheren physischen Interaktion von Menschen und Robotern. Basierend auf den Erkenntnissen aus fünf europäischen Pilotprojekten mit Industrierobotern entwickelte Anna Schaeffer eine formbare pneumatische Membran, die den komplexen Bewegungen eines Roboters folgt und es ihm ermöglicht, sich bei Kollisionen problemlos an die physische Umgebung anzupassen. Dieser Vorgang funktioniert, indem die Oberfläche flexible Sensoren enthält, die die Bewegungen des Roboters direkt steuern und anpassen können. Inspiriert von natürlichen Bewegungen, beispielsweise derer von Raupen, strebt das Design eine Veränderung in der Art und Weise an, wie wir Roboter betrachten und mit ihnen interagieren.
Credits
Artist: Anna Schaeffner
Performer: Michela Filzi
VOJEXT S+T+ARTS Art Residence 3: Social Robots Residence lead by VOJEXT PARTNERS: Fondazione Istituto Italiano Di Tecnologica (IIT), Universdidad Politécnica de Madrid (UPM), Universidad Nebrija (UNNE) and WAAG
Alle Projekte der STARTS-Ausstellung.
Themenausstellung
HOPE: the touch of many
Die große Ausstellung zum Thema der Ars Electronica 2024 verwandelt den weitläufigen Bunker der POSTCITY in einen Raum für gemeinsame Erlebnisse und künstlerische Erkundungen. Die Schau lädt zu einer sinnlichen und emotionalen Reise durch konzeptuelle Kunst ein. Im Zentrum steht die „Hoffnung“ – nicht als Glaube oder passiver Optimismus, sondern als Grundlage für konkretes Handeln. Die Ausstellung beleuchtet die Rolle von Künstler*innen, deren Projekte Hoffnung entfachen, Gleichgültigkeit herausfordern und dazu inspirieren, eine Zukunft zu denken und zu gestalten, die auf Empathie und Zusammenarbeit baut. Gezeigt werden 24 Werke, die wie Octavia Butlers „neue Sonnen“ andere Horizonte und Landschaften sichtbar machen und über das Bestehende hinausblicken und -denken lassen.
Neu in diesem Jahr sind die „Artist Spotlights“: Vier ausgewählte Räume laden dazu ein, durch die die Brille der Künstler*innen Tega Brain (AU) und LaJuné McMillian (US) zu blicken, die Ansätze des Kollektivs Time’s Up (AT) sowie Perspektiven der Studierenden von Anab Jain (IN/GB) von Superflux kennenzulernen. Die „Artist Spotlights“ demonstrieren innovative Denk- und Arbeitsweisen und regen dazu an, anhand fantasievoller Vorschläge das Wirkungspotenzial künstlerischer Forschung zu erkennen. Die Themen reichen von neuen, nachhaltigen Energiekonzepten über aktive Sichtbarmachung vielfältiger Geschichten bis zum Umgang mit persönlichen Erinnerungen in einer digitalen Welt. Alle Stationen verbindet die Frage, wie wir ökologischen und gesellschaftlichen Problemen begegnen können – und welche Alternativen denkbar sind.
Präsentiert im Rahmen des Projekts European Digital Deal, werden Teile der Schau vom Programm Creative Europe der Europäischen Union kofinanziert. Zu sehen sind Kunstwerke von EMAP (The European Media Art Platform), die im Rahmen des European Media Artist in Residence Exchange (EMARE) entstanden sind, Projekte der CIFO x Ars Electronica Awards, die von der Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO) unterstützt werden, und ein Werk, das vom Institut Ramon Llull gefördert wird. Die Ausstellung umfasst zudem Arbeiten, die mit dem ArTS (Art, Technology, Society) Production Grant for Swiss Artists ausgezeichnet wurden, ein von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia unterstütztes Stipendium und ein Projekt, das mit dem Ars Electronica Award for Digital Humanity ausgezeichnet wurde, der vom österreichischen Außenministerium unterstützt wird. Eine weitere Arbeit wurde von Ars Electronica und dem National Taiwan Museum of Fine Arts koproduziert, ein Projekt wurde im Rahmen des TAICCA x Ars Electronica Art Thinking Programms entwickelt.
Acht Projekte im Überblick
Just asking for a friend / Time’s Up (AT)
Die Linzer Künstler*innengruppe Time’s Up regt mit Just asking for a friend dazu an, Hierarchien und Privilegien kritisch zu reflektieren, wenn es um gemeinsame Zukunftsgestaltung geht. Die raumfüllende Lichtprojektion gibt eine provokante Frage an die Besucher*innen weiter: „How dare you maintain hopeful visions in times like these?“. Gemeint ist die Herausforderung, positive Visionen entstehen zu lassen, während die Auswirkungen ökologischer, ökonomischer und sozialer Krisen die Existenzgrundlage vieler Menschen weltweit ernstlich bedrohen. Das Projekt soll als Aufforderung verstanden werden, mutig-visionäres Denken aufrechtzuerhalten und einen Dialog darüber zu führen, wer sich der Hoffnung wie nähert, sich ihrer annimmt, wer wie über sie spricht, sprechen darf und wer sie wofür einsetzt.
Credits
This project emerged from audience interactions with the exhibition “Dr Ruhsam: or how we learnt to love sleep” in Romania and reflections within the FWF funded arts-based research project “Curiouser and Curiouser Cried Alice.”
Solar Protocol / Tega Brain (AU), Alex Nathanson (US), Benedetta Piantella (US), Solar Protocol Collective (INT)
Das Solar Protocol ist ein globales Netzwerk solarbetriebener Server, die von Freiwilligen auf der ganzen Welt installiert und gewartet werden. Diese Server hosten gemeinsam die Solar Protocol-Webplattform und stellen sie jeweils von dem Standort aus zur Verfügung, der aktuell das meiste Sonnenlicht und damit die meiste Energie sammelt. Die Steuerung erfolgt automatisch und berücksichtigt dabei Jahreszeit, Tageszeit und Wetterbedingungen. Solar Protocol ist ein algorithmisches System, das neue Perspektiven auf Intelligenz und Automatisierung eröffnet und die Frage aufwirft, wie Internet-Infrastruktur und Webdesign nachhaltig gestaltet werden können.
Credits
The Solar Protocol Collective is led by Tega Brain, Alex Nathanson, and Benedetta Piantella and includes project contributors and stewards: Anne Pasek, Caddie Brain, Brendan Phelan, John Samoza, Camilo Rodriguez Beltran, Daniel Ñuñez, Alejandro Rebolledo, Graham Wilfred Jnr, Tim Chatwin, Bridgit Chappell, Baoyang Chen, Denzel J. Wamburu, Cyrus K, Chris Stone, Jesse Li, Zoë Horsten, Jarl Schulp, Crystal Chen and Jonathan Dahan.
Cold Call: Time Theft as Avoided Emissions / Sam Lavigne (US), Tega Brain (AU)
Cold Call: Time Theft as Avoided Emissions ist ein unkonventionelles CO2-Kompensationsprogramm, das die fossile Brennstoffindustrie mit Methoden der Arbeiter*innensabotage stören will. Zeitdiebstahl erfolgt durch vorgetäuschte Krankheitstage, Schlafen am Arbeitsplatz, verlängerte Pausen oder nicht arbeitsbezogene Aktivitäten – also durch jedes Verhalten, das die Produktivität eines Unternehmens verringert, weil Arbeitnehmer*innen ihre (Arbeits-)Zeit verschwenden und dafür bezahlt werden. Genau das ist auch das Ziel von Cold Call. Die Installation simuliert ein Callcenter, in dem Führungskräfte der fossilen Brennstoffindustrie angerufen und möglichst lange am Telefon gehalten werden sollen. Die ihnen gestohlene Zeit wird anschließend als CO2-Gutschrift quantifiziert.
Credits
Commissioned by the STRP Festival, Eindhoven with support from Creative Capital.
Presented in the context of the European Digital Deal project. *European Digital Deal* is co-funded by the Creative Europe Programme of the European Union and by the Austrian Federal Ministry for Arts, Culture, the Civil Service and Sport.
Iron 56 / Carlos Sfeir Vottero (CL/ES)
Das Universum wird von vier fundamentalen Kräften bestimmt: der starken Wechselwirkung, der schwachen Wechselwirkung, dem Elektromagnetismus und der Schwerkraft. Iron 56 lädt dazu ein, diese grundlegenden Kräfte zu erkunden. Von der Decke hängende Kompasse versuchen sich auszurichten, werden jedoch durch die Masse und das Magnetfeld ihrer Nachbarn gestört. Das Ergebnis ist ein ständiges Hin- und Herschwingen der Nadeln, die einen komplexen Tanz zwischen Synchronizität und Drift aufführen.
Credits
Fabrication – Iron and Electricity
Interaction – Gravity and Electromagnetism
Text – Matteo Rapini
Install – Rebekka Jochem
Organism + Excitable Chaos / Navid Navab (IR/CA), Garnet Willis (CA)
Excitable Chaos ist ein dreifaches, robotergesteuertes Pendel, das chaotisch hin und her schwingt, Organism wiederum ist eine robotergesteuerte Orgel, die von ebendiesem Excitable Chaos dirigiert wird. Was hier (als Bewegung) zu sehen ist, ist dort (als Klang) zu hören. Mit ihrer Installation erzeugen Navid Navab (IR/CA) und Garnet Willis (CA) chaotische Klangmuster, die durch die wechselnden Verhältnisse von Masse und Periodendauer der drei beweglichen Arme moduliert werden. Danach demontieren sie die sozio-historische Tonalität der Orgel und machen lange verdrängte Klangfarben wieder hörbar. Wie die Natur ist das Werk ein nicht-lineares System, in dem selbst Ereignisse kleinster Größenordnung unerwartete Reaktionen hervorrufen können, deren nächste Zustände stets unbekannt sind.
Credits
Concept, composition, sculpture, programming, design, electronics, sonification: Navid Navab // Engineering, design, sculpture, electronics: Garnet Willis // Research partners: SAT Montréal with Québec Ministry of Innovation, Topological Media Lab with Fonds de Recherche du Québec, X-IO Technologies UK // Assistance: Charles Bicari, Camille Desjardins, Jean-Michaël Celerier, Eric L’Ecuyer // Residency: Recto-Verso, Hexagram, Milieux
Support: Canada Council for the Arts, Conseil des arts et des lettres du Québec, Conseil des arts de Montréal, Le Salon Richmond 1861
FLOCK OF / bit.studio (TH)
FLOCK OF kombiniert Kunst und Technologie, um unsere Wahrnehmung zu hinterfragen und Neugierde zu wecken. Mit Helium gefüllte Ballons in Form eines Fischschwarms schweben in der Luft und empfangen kontinuierlich Signale von Sensoren. Diese Daten werden an einen zentralen Server gesendet, der wiederum die Bewegungen der Ballons in Echtzeit steuert. Die Installation bringt Vernetztheit und Anpassungsfähigkeit des Lebens zum Ausdruck und spiegelt die sich ständig verändernde Natur unseres Daseins wider.
Credits
bit.studio was responsible for the development, design, and implementation of all aspects of the project.
Mutualidad de Fantasmática Electrónica / Federico Gloriani (AR)
Mutualidad de Fantasmática Electrónica (Wechselseitigkeit der elektronischen Fantasmatik) ist ein performatives und relationales Projekt, das darauf abzielt, elektronische Geräte aus städtischen Abfallcontainern in Rosario (Argentinien) zu sammeln und wiederzuverwenden. Ausrangierte Mikrowellen, Toaster und Bügeleisen werden zerlegt und ihre noch brauchbaren Komponenten gesammelt. Aus diesen Komponenten wiederum bauen Künstler*innen vier Overhead-Projektoren, die in der Ausstellung gezeigt werden und hier Bilder der ursprünglichen Geräte an die Wand projizieren. Videos und Texte dokumentieren und erläutern den gesamten Prozess. Alle im Rahmen von Mutualidad de Fantasmática Electrónica gewonnenen Komponenten werden zudem der argentinischen Künstler*innen-Community zur Verfügung gestellt, die ihnen in neuen Werken ein zweites Leben gibt.
Credits
Curatorship: Clarisa Appendino
Gathering and Disassembly: Buan Binario, Juan Ignacio Cabruja, Belén Céspedes, Lara Ferré
Inventory: Abril Contreras, Iñaki Solá
Design and Construction of overhead projectors: Guido Bertos
Photography: Sofía Desuque
Video: Federico García
Acknowledgements: Biblioteca y Archivo América Elda Nancy, Julia Levstein, Damián Monti Falicoff, Johana Celman + Belén Antola (Ula Lab)
The project has been produced as part of the CIFO x Ars Electronica Awards, a cooperation between Ars Electronica Festival and Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO).
Black Movement Library / LaJuné McMillian (US)
Die Black Movement Library ist ein Archiv für Aktivist*innen, Performer*innen und Künstler*innen, die an XR-Projekten arbeiten. Ziel ist es, durch Performances, XR-Erfahrungen, Workshops, Gespräche und das Entwickeln von Tools eine engagierte Gemeinschaft aufzubauen. Ein zentrales VR-Erlebnis der Black Movement Library ist Movement Portraits, ein abstrakter Dokumentarfilm, der in die Bewegungs- und Lebensgeschichten von fünf Schwarzen Performance-Künstlerinnen aus New York City eintaucht. Spirit and Child begleitet die innere Reise von LaJuné McMillian (US), die durch Meditation und Gebet eine alternative Realität erforscht.
Credits
Production Credits: Movement Portraits / Creator: LaJuné McMillian / Performers: Roobi Gaskins, Lamb, Renaldo Maurice, Roukijah Rooks, RaFia Santana
Alle Projekte der Themenausstellung „HOPE: the touch of many“
Statements
„Ob in der großen Ausstellung zum Festivalthema oder in der STARTS-Schau – hier wie dort wird spürbar, welche entscheidende Rolle die Kunst für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft spielt. Sie fordert uns heraus, aus gewohnten Denkmustern auszubrechen, ermutigt uns, aufeinander zuzugehen und den Austausch zu suchen. Dabei stellt sie den Menschen ins Zentrum und versteht Technologie nicht als Mittel, uns zu ersetzen, sondern als Chance, unsere Fähigkeiten zu erweitern und unser kreatives Potenzial zu entfalten.“
Dietmar Prammer, Stadtrat für Planung und Liegenschaften der Stadt Linz
„Der Besuch der POSTCITY ist ein Erlebnis – für den Bunker gilt das im Besonderen. Die weitläufigen, dunklen Katakomben bilden den perfekten Rahmen für eine Medienkunstausstellung, die diesmal ganz im Zeichen der Hoffnung steht. Fast 30 Projekte führen vor Augen, warum Kunst unersetzbar für uns ist: Es ist der Blick, den Künstler*innen auf die Dinge werfen, der uns unvermutete Wege aus Sackgassen finden lässt, ihre Bereitschaft, mit anderen zusammenzuarbeiten, der furchtlose Umgang mit dem Ungewissen und die Freude am Neuen. Die Ars Electronica zeigt mit ihren Ausstellungen, dass Kunst immer wieder die Hoffnung in uns wecken kann.“
Doris Lang-Mayerhofer, Kulturstadträtin und Beiratsvorsitzende von Ars Electronica
FLOCK OF / bit.studio (TH)
zu sehen in der Themenausstellung „HOPE: the touch of many“
Photo: bit.studio
Organism + Excitable Chaos / Navid Navab (IR/CA), Garnet Willis (CA)
zu sehen in der Themenausstellung „HOPE: the touch of many“
Photo: Navid Navab
How (not) to get hit by a self-driving car / Tomo Kihara (JP), Daniel Coppen (GB)
Photo: Luke O’Donovan
Dzata: The Institute of Technological Consciousness / Russel Hlongwane (ZA), Francois Knoetze and Amy Louise Wilson – Lo-Def Film Factory (ZA)
Photo: Image Courtesy of Knoetze, Hlongwane and Wilson.